„Vom Herz der Oper“ – Heribert Germeshausen im Gespräch mit dem Opernmagazin

Heribert Germeshausen / Oper Dortmund/ Foto @ Annemone Taake
Heribert Germeshausen / Oper Dortmund/ Foto @ Annemone Taake

An einer Stelle unseres Interviews sagt Heribert Germeshausen, Dortmunds neuer Opernintendant, recht überzeugend „Das Herz der Oper ist die menschliche Stimme„. Und mit diesem Satz sagt er gleichzeitig auch sehr viel über sich, seine tiefe Liebe zur Oper, zum Gesang, zur klassischen Musik im besonderen und zum Theater aus.  Und noch mehr schwingt in diesen acht Worten mit. Die große Achtung und Wertschätzung vor den Leistungen der Sängerinnen und Sänger und auch die Verantwortung, die er als Opernintendant für eben diese Künstler auch immer zu tragen hat. Seit Beginn der Saison 2018/19 ist Germeshausen der neue Chef der Oper Dortmund und bereits jetzt darf behauptet werden, dass er schon deutliche Akzente seiner gerade erst begonnenen Intendanz setzen konnte. DAS OPERNMAGAZIN traf Heribert Germeshausen vor wenigen Tagen in seinem Büro im Theater Dortmund zu diesem Gespräch

 

I. Stationen und Ankunft in Dortmund

Seit bekannt wurde, dass der vormalige Dortmunder Opernintendant seinen Vertrag mit dem Theater Dortmund beendete, war die Frage nach dem oder der neuen Intendant/-in von großem Interesse. Doch die Zeit der Ungewissheit, wer es denn nun werden würde, war nicht sehr lang. Denn schon bald fiel die Wahl auf den Operndirektor des Theater Heidelberg, Heribert Germeshausen. Einem anerkannten und ausgewiesenen Opernfachmann und, was auch von besonderem Interesse ist, einem regelmäßigen und langjährigem Jurymitglied verschiedener internationaler Gesangswettbewerbe. Hier sei seine Mitarbeit als Jurymitglied beim weltbekannten „Belvedere-Gesangswettbewerb“ als ein besonderes Beispiel genannt. Die Würfel waren also gefallen: Heribert Germeshausen verließ nach sieben erfolgreichen Jahren die romantisch-schöne Universitätsstadt am Neckar um sich aufzumachen in die Ruhrgebietsmetropole Dortmund. Und wie es so üblich ist, brachte auch er als neuer Opernintendant einige seiner Sängerinnen und Sänger mit in seine neue Wirkungsstätte. Aber dazu später mehr.

Über Heribert Germeshausen wird der an biografischen Details interessierte Leser im Internet an vielen Stellen fündig. Denn natürlich verfügt ein Opernchef über alle fachlichen Qualifikationen und auch Erfahrungen, die ein Profil für diese anspruchsvolle Tätigkeit immer voraussetzt. So auch bei Germeshausen. Und daher möchte ich auch nicht alle Stationen seines beruflichen Lebens aufzählen, die ohnehin auf jeder veröffentlichten Vita über ihn nachzulesen sind. Doch von Wichtigkeit, auch für ihn, sind natürlich seine Anfänge im Theaterbusiness, damals, 2004, als Dramaturg am Theater Koblenz. Oder auch seine Mitarbeit bei den Salzburger Festspielen unter dem damaligen Intendant Peter Ruzicka. Von dieser Salzburger Zeit erzählt er fast schwärmerisch. War sie doch in vielfältiger Weise für ihn eine sehr prägende Zeit. Später ging es dann weiter auch wieder als Dramaturg am Theater in Bonn um dann ab 2009 als Operndirektor in Dessau verpflichtet zu werden. Dort blieb er 2 Spielzeiten und wechselte  2011 an die Oper Heidelberg, deren Chef er bis zu diesem Somme war. Nun ist er Opernintendant des Theater Dortmund. Einem anerkannten 5-Sparten-Haus im Ruhrgebiet mit einem weit über Dortmund und NRW hinaus bekannten Opernhaus. 

Als Kind wollte ich lange Zeit Dirigent werden„, erzählt mir Germeshausen auf die Frage wie seine Liebe zur Oper angefangen hat. Er berichtet davon aus einer musikaffinen Familie zu kommen und darüber, bereits in jungen Jahren Instrumentalunterricht erhalten zu haben. Zunächst Klavier und später dann das Cello. Der Wunsch, später mal am Theater zu arbeiten, sei bei ihm immer vorherrschend gewesen. Aber dem empfehlenden Rat seines Vaters, einem Mediziner, doch ein Studium jenseits der Musik und der Künste aufzunehmen, verschloss er sich dann nicht. So studierte er zunächst Jura und im Anschluss daran noch BWL, zeitweilig in der Schweiz und in den USA. Die Annahme, dass der derart Studierte dann womöglich eine politische Laufbahn einschlagen würde, wie meine Frage dann auch an ihn diesbezüglich lautete, war allerdings falsch. Denn für Germeshausen stand immer fest, auch als Jurist und Betriebswirtschaftler, dass das Theater, die Oper, sein Ziel sein wird. Die gemachten beruflichen Abschlüsse sollten dabei nicht hinderlich sein – im Gegenteil. „Gerard Mortier war auch studierter Jurist, bevor er Intendant wurde„, warf Germeshausen im Gespräch ein und verwies dabei auf den 2014 verstorbenen belgischen Theatermann von Weltrang, der sicherlich eine Art Vorbild für ihn darstellt.

Theater Dortmund - Gebäude - Oper Dortmund /@ Theater Dortmund
Theater Dortmund – Gebäude – Oper Dortmund /@ Theater Dortmund

Nun also Dortmund. Angekommen in der Stadt und so weit es in der Kürze der bisherigen Zeit geht, eingerichtet in seinem Intendantenbüro im 5. Stock des Verwaltungsgebäudes des Theater Dortmund, und nach jetzt schon kurzer Zeit der Blick auf das, was bereits war. Und das war schon eine Menge! An nur einem Wochenende, so ist es von ihm übermittelt, wollte er sein neues Opernensemble der Öffentlichkeit und den Opernfans der Stadt und der Region vorstellen. Und das tat Heribert Germeshausen dann auch. Und völlig überzeugend! Zunächst war da AIDA am 5. Oktober, dann DER BARBIER VON SEVILLA am 7. Oktober, dazwischen am 6. Oktober tagsüber ein „MUSICIRCUS“ in der Dortmunder Innenstadt und am Abend eine Gala aus Oper, Musical und Operette im Opernhaus. Und seine Künstler, die er den Dortmundern an diesen drei Tagen vorstellte, überzeugten, begeisterten und machten einfach Vorfreude auf Kommendes. Programmatisch möchte Germeshausen die Oper Dortmund zu einem der führenden deutschen Häuser etablieren. Das war sein im Vorfeld bereits erklärter Anspruch. Und nach diesem ersten Wochenende als Opernchef sei ihm attestiert, dass er sich dabei auf bestem, ja geradezu logischem, Wege befindet. Publikum und Presse, wobei es wirklich nur sehr wenige Ausnahmen gab, befanden gemeinsam den Start in die neue Opernsaison als gelungen und glänzend. 

 

II. Der Opernchef und der singende Mensch

Wenn ein Opernintendant davon spricht, und in diesem Fall mit Überzeugung, dass für ihn die menschliche Stimme das Herz der Oper sei, so hat er, sicher nicht nur bei mir, mehr wie eine Tür weit geöffnet. Dieses besondere Zitat, welches am Beginn dieses Artikels über Heribert Germeshausen steht, bekommt dann sogar noch mehr Sinn und Tiefe, wenn man wie ich das Glück und auch Vergnügen hatte, ihn bei zwei Opernpremieren und bei der Dortmunder Cityring-Open-Air-Operngala am 31.8.2018  aus nächster Nähe beobachten zu können. Wie er selbst mitgeht bei den Auftritten seiner Künstler, wie es ihn kaum auf seinem Sitz hält bei den dramatischen Gesangsausbrüchen seiner Amneris, seiner Turandot oder seiner Aida, wie er die Szenen seines Grafen Almaviva und dessen Kumpanen Figaro genießt und wie er sich, und nun seien hier auch alle von ihm engagierten Sängerinnen und Sänger einbezogen, über die individuellen Erfolge jedes und jeder einzelnen mitfreuen kann. Denn wie jeder andere Opernbegeisterte auch, geht er mit der Musik mit, fühlt sie und erlebt sie gleichermaßen. Es wundert daher nicht, dass Germeshausen den Stellenwert der Opernregie durchaus hoch ansetzt, aber dabei auch betont, dass die Regie wie eine Art Haus über allem, auch und vor allem den menschlichen Stimmen, aufgebaut sein sollte.

Seine eigene erste Opernerfahrung, sozusagen die Initialzündung von allem was folgen sollte, war die ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL von Mozart, eingespielt von Karl Böhm. Ganz sicher eine nicht gerade unbedeutende Schallplattenaufnahme dieser Oper. Derart verwöhnt, war dann seine erste live erlebte Oper in einem Theater der FALSTAFF von Verdi. Diese Oper sah Germeshausen im Stadttheater Mainz. Auch Verdis letzte Oper dürfte nicht gerade als typisches Einstiegswerk für künftigen Opernenthusiasmus gelten. Und doch ist gerade seine Begeisterung für diese beiden Opern vielleicht ein Hinweis darauf das sein beruflicher Weg gar kein anderer werden konnte als zielgerichtet ins Theater, ins Opernhaus.

Intendant Heribert Germeshausen / Foto @ Björn Hickmann

Auf meine Frage, ob der Eindruck richtig sei, dass es ihm (Germeshausen), neben der Schönheit und dem Klang auch um das „Gewisse und Besondere“ einer Gesangsstimme der von ihm engagierten Sängerinnen und Sänger ginge, antwortete er mit „Auf jeden Fall!“ Denn auch hier fällt auf, dass er bestens ausgebildete und oftmals auch schon international erfahrene junge Opernsänger nach Dortmund geholt hat,  aber das sie auch über eben das „Gewisse“ in der Stimme verfügen, dass zu beschreiben mitunter kaum möglich ist. 

Für die vielen erwartungsvollen Opernfreunde ist das, was Germeshausen in Dortmund soeben so erfolgreich begonnen hat wie eine spannende und mitreißende Ouvertüre eines Stückes, welches viel verspricht und auf das sich auch gefreut werden darf. Die Pläne für die laufende Spielzeit des charismatischen Opernchefs sind hier in Worten nachzulesen. Da ist vieles darunter, was dann nicht nur das Herz der Oper höher springen lässt, sondern auch das Herz des Opernfreunds gleich mit. Dortmund und Germeshausen hatten einen guten gemeinsamen Start in die kommenden Jahre.

Als jemand, der in Dortmund geboren wurde und dem das Theater, die Oper und auch die Menschen dieser Stadt so wichtig und vertraut sind, wünsche ich Heribert Germeshausen für seine neue Aufgabe eine glückliche Hand, viel Erfolg und wie man hier so sagt:  Glück auf! 

 

  • DAS OPERNMAGAZIN dankt Heribert Germeshausen für das freundliche und informative Gespräch, welches am 27.Oktober 2018 in Dortmund stattfand / Detlef Obens-DAS OPERNMAGAZIN©-11-2018
  • Titelfoto: Heribert Germeshausen / Foto @ Björn Hickmann

 

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