Herrliche Aufführung: Mozarts „Große“ c-Moll Messe bei den Salzburger Pfingstfestspielen

Salzburger Pfingstfestspiele 2024/c-Moll-Messe 2024: Les Musiciens du Prince – Monaco, Il Canto di Orfeo, Bachchor Salzburg/Foto:© SF/Marco Borrelli

Am 19. Mai 2024 in der Salzburger Felsenreitschule leitete Gianluca Capuano ein hervorragendes Solistenquartett sowie Il Canto di Orfeo, den Bachchor Salzburg und Les Musiciens du Prince – Monaco bei der Aufführung von Wolfgang Amadeus Mozarts „Große“ Messe in c-Moll, KV 427. Lebhafte Tempi, leichte Texturen und emotionale Ausdruckskraft kennzeichneten diese Aufführung mit historischen Instrumenten. 

 

 

Mozart hat die Messe in c-Moll nie vollendet, und es ist umstritten, ob die Teile Kyrie, Gloria, Sanctus und Benedictus am 26. Oktober 1783 in St. Peter in Salzburg aufgeführt wurden. Wesentliche Teile des Credos und das gesamte Agnus Dei fehlen. Möglicherweise hat Mozart dieses Werk beiseite gelegt, weil keine Aussicht auf eine Aufführung bestand (Anmerkung: Dies ist eine Spekulation von mir, keine dokumentierte Tatsache).

Die Messe ist für zwei Sopransolisten, Tenor und Bass, Doppelchor und großes Orchester komponiert. In der Kantate »Davide Penitente«, KV 469, die am 13. März 1785 im Wiener Burgtheater uraufgeführt wurde, hat Mozart das Kyrie und Gloria an italienische Übersetzungen der Psalmen und des ersten Buches Samuel von Saverio Mattei angepasst. Für diese Aufführung wurde eine Vervollständigung von Mozarts Messe von Robert D. Levin verwendet, die von Gianluca Capuano modifiziert wurde. Levin basiert seine Vervollständigung auf Skizzen von Mozart, die größtenteils aus dem Jahr 1783 stammen, sowie auf einer Tenorarie aus »Davide penitente«. Capuano folgte dem Muster von Franz Xaver Süssmayr, der Mozarts Requiem KV 626 vervollständigte, indem er die Musik des Kyrie wiederholte und den Text des Agnus Dei darunterlegte.

Salzburger Pfingstfestspiele 2024/c-Moll-Messe 2024: Juliette Mey, Regula Mühlemann, Gianluca Capuano, Jan Petryka, Yasushi Hirano, Les Musiciens du Prince – Monaco, Il Canto di Orfeo, Bachchor Salzburg/Foto:
© SF/Marco Borrelli

Im Kyrie und Agnus Dei glänzt Regula Mühlemann mit einem strahlenden Sopransolo, das die stilistische Ähnlichkeit zwischen Mozarts geistlichem und opernhaftem Schaffen unterstreicht. Mühlemanns Stimme ist von außergewöhnlicher Schönheit, Flexibilität und makelloser Intonation. Im exquisiten Et incarnatus est sind ihre Koloraturen und ihr lyrisches Gespür für Linien sehr beeindruckend. Obwohl Mozart diese Messe für zwei Soprane komponierte, ist es üblich geworden, dass die zweite Sopranstimme von einem Mezzo gesungen wird, wie es hier der Fall ist. Die beiden Stimmtypen sorgen für eine deutliche Differenzierung. Juliette Mey interpretiert das Laudamus te in einer bewegenden Weise, in der ihr reicher, dunkler Ton diesem Teil der Messe zusätzliche Tiefe verleiht.

Hätte Mozart die c-Moll-Messe fertiggestellt, hätte er möglicherweise den Tenor- (Jan Petryka) und Bassstimmen (Yasushi Hirano) mehr Musik zugewiesen. So aber setzt der Tenor erst im Quoniam zusammen mit den Sopranisten ein; der Bass hat seinen ersten Beitrag im Benedictus. In dieser Aufführung gab Petryka die hinzugefügte Tenorarie (Et in Spiritum Sanctum) die Möglichkeit, sich zu profilieren, aber der Bass gewann in dieser Bearbeitung der Partitur nichts. Il Canto di Orfeo und der Bachchor Salzburg sangen mit Klarheit und verhaltener Leidenschaft, die im Angesicht der göttlichen Macht demütig wirkte. Die mehrstimmige Eröffnung des Chors im Kyrie zum Beispiel wird immer majestätischer und drückt gleichzeitig eine reuevolle Hingabe aus.

Les Musiciens du Prince — Monaco spielte mit Präzision, minimalem Vibrato und der Klangfarbe von Instrumenten aus dem achtzehnten Jahrhundert. Capuano fängt den Jubel in der Eröffnung des Gloria ein. Der Kontrapunkt ist klar definiert, und das Gleichgewicht zwischen Chor und Orchester ist perfekt. Capuanos Interpretation zeichnet sich durch Feinheit und sorgfältig gezogene Konturen aus. Die Streicher zu Beginn des Kyrie und des Agnus Dei zum Beispiel sind unauffällig gekommen. Die Linien sind klar und gemächlich in den großen Fugen von Cum Sancto Spiritu und Osanna, und die Lautstärken wie das Jesu Christe oder der Beginn des Credos klingen prächtig.

Insgesamt war dies eine hervorragende Aufführung von Mozarts c-Moll-Messe, die vielen der besten verfügbaren Tonaufnahmen ebenbürtig ist und viele von diese sogar übertrifft. In der Felsenreitschule waren keine Mikrofone zu sehen, was schade ist, denn diese Aufführung würde sicherlich auch bei wiederholtem Hören gefallen.

 

  • Rezension von Dr. Daniel Floyd / Red. DAS OPERNMAGAZIN
  • Salzburger Festspiele 2024
  • Titelfoto: Salzburger Pfingstfestspiele 2024/c-Moll-Messe 2024: Gianluca Capuano (Musikalische Leitung), Les Musiciens du Prince – Monaco, Il Canto di Orfeo, Bachchor Salzburg/Foto:© SF/Marco Borrelli

 

 

 

 

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