Tolle Schulvorstellung macht neugierig auf Oper – Moritz Eggerts „Iwein Löwenritter“ wieder auf dem Bonner Spielplan

Oper Bonn/IWEIN LÖWENRITTER/Anton Kuzenok (Iwein), Chor/Foto © Thilo Beu

1000 Schulkinder und ihre begleitenden Lehrer und Lehrerinnen aus dem 3. bis 8. Schuljahr sitzen gebannt im komplett ausverkauften Zuschauerraum der Bonner Oper. Sie erleben die Abenteuer des jungen Ritters Iwein Löwenritter nach der mittelalterlichen Dichtung des Hartmann von Aue. Es ist ein bildstarkes Stück für die ganze Familie. Der junge Ritter Iwein macht eine Entwicklung durch und besteht, nachdem er die Liebe seines Lebens, Laudine, gefunden hat, zahlreiche spannende Abenteuer mit beängstigenden Monstern. Im Mantel der mittelalterlichen Ritterromantik werden zeitlose Fragen aufgeworfen. Der Löwe als sprechender Erzähler, von einem Puppenspieler und einem Bass verkörpert, erläutert und kommentiert die gesungenen Szenen. (Rezension der Vorstellung v. 23. Mai 2024

 

Diesmal haben die Bonner Opernfreunde 187 Schülerinnen und Schüler aus den internationalen Integrationsklassen der Gesamtschulen und eine Klasse mit 19 Schülerinnen und Schülern einer Schule für Körperbehinderte mit fünf Rollstuhlfahrenden eingeladen. Die Kinder, die überwiegend noch nie in einer Oper waren, genossen jeden Takt und gingen mit. Der Beifall am Schluss war ohrenbetäubend, vor allem für Pavel Kudinov, der die gefährlichen Monster verkörpert hat.

Dem jungen russischen Tenor Anton Kuzenok ist die anspruchsvolle, für einen Tenor sehr hoch gelegene Partie des Iwein auf den Leib geschrieben. Scheinbar mühelos bewältigt er Taktwechsel, schräge Harmonien und hohe Spitzentöne. Er ist noch so jung, dass man ihm den Jungen, der sich die Rittergeschichte in der Rahmenhandlung ausdenkt, abnimmt. Der sympathische junge Bassbariton Carl Rumstadt ist Gereon bzw. Gawein, Iweins Zwillingsbruder, der Iwein zu seinen Abenteuern verführt. Es gibt ein tolles Freundschaftsduett der beiden, das an „Don Carlos“ erinnert. Die Rolle des Löwen hat der junge Bass Christopher Jähnig zusammen mit dem Puppenspieler Christoph Levermann übernommen. Besonders gefreut habe ich mich über das Wiedersehen mit Lada Bocková als Laudine, Iweins Herzensdame.

Hier der Bericht über die Presse-Preview am 27. Januar 2022.

Die 1000 Schulkinder im Alter von acht bis 13 Jahren folgten der Handlung jedenfalls in atemloser Stille und kommentierten mitunter leise die Handlung. In der Pause nach dem 1. Akt tobten sie durch das Haus und kamen nach einer Viertelstunde pünktlich wieder auf ihre Plätze.

Oper Bonn/IWEIN LÖWENRITTER/Anton Kuzenok (Iwein)/Foto © Thilo Beu

„Iwein Löwenritter“ ist eine hervorragende Leistung des sehr jungen Ensembles, mit dem sich Kinder ab acht Jahren sehr gut identifizieren konnten. Der Anspruch von Libretto, Musik und Inszenierung ist jedoch der einer „normalen“ Oper, die für Erwachsene auf beliebigem Niveau faszinierend ist. Dafür sorgt schon das von Daniel Johannes Mayr dirigierte groß besetzte Beethoven Orchester und der von Marco Medved einstudierte Bonner Opernchor. Anklänge an Engelbert Humperdinck und Richard Wagner sind kein Zufall, aber Eggerts Musik ist viel kühner und schreckt auch vor einem Rap nicht zurück.

Es ist die siebte Familienoper, die die Oper Bonn in Kooperation mit den Opern Dortmund und Düsseldorf/Duisburg unter dem Titel „Junge Opern Rhein Ruhr“ auflegt. Wie „Die Schneekönigin“, „Geisterritter“, „Ronja Räubertochter und „Vom Mädchen, das nicht schlafen wollte“ und „Die Kinder des Sultans“ ist es eine Oper mit richtig großem Orchester, Chor, Sänger*innen der Oper und einem opulenten Bühnenbild. Die Regie führte Aaron Stiehl, der am 3. Oktober 2024 die Spielzeit 2024/25 an der Bonner Oper mit Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“ eröffnen wird. Es wird etwa zwei Stunden Minuten mit einer Pause von 20 Minuten gespielt, und es gibt deutsche und englische Übertitel.

Am 17. Mai 2025 wird die Oper Bonn eine weitere Welt-Uraufführung geben: „Die blaue Sau“ in einer Auftragskomposition von Anno Schreier in der Regie von Jürgen R. Weber unter der musikalischen Leitung von Hermes Helfricht. Mittlerweile hat sich auch das Theater und Philharmonie Essen dem Projekt „Junge Opern Rhein Ruhr“ angeschlossen, das vom Land NRW gefördert wird.

Die letzte Schulvorstellung am 25.6.2024 um 11.00 Uhr ist schon ausverkauft, aber es gibt noch eine am 7. Juni 2024 um 11.00 Uhr, für die auch Erwachsene Karten zum Preis von 12,00 € kaufen können.

Die Schulvorstellungen der Familienoper sind ideale Anlässe, um Kindern und Jugendlichen mit altersgerechten Themen und aktueller neuer Musik die Oper zu erschließen. Mit Vorbereitung durch die Theaterpädagoginnen in der Klasse, Opernbesuch vor Ort und Nachbesprechung sind sie ein wunderbares pädagogisches Projekt. Es gibt ganz hervorragend aufbereitetes Unterrichtsmaterial, das es ermöglicht, fächerübergreifend nicht nur die Kunstgattung Oper zu erarbeiten, sondern auch die mittelhochdeutsche Sprache, die in einigen Szenen verwendet wird, oder den Ehrbegriff der Ritter im Mittelalter: IWEIN LÖWENRITTER (padlet.org). Die Padlets ermöglichen den Schülerinnen und Schülern, mit ihren Tablets oder auch mit ihren Smartphones weiter zu forschen, denn sie sind frei im Netz verfügbar. Wer eine solche Oper gesehen hat, kommt wieder und empfiehlt sie weiter.

Die Premiere war am 30. Januar 2022.

 

  • Rezension von Ursula Hartlapp-Lindemeyer / Red. DAS OPERNMAGAZIN
  • Theater Bonn / Stückeseite
  • Titelfoto: Oper Bonn/Iwein Löwenritter/Jakob Kunath (Gawein); Sarah-Léna Winterberg (Laudines Herz); Anton Kuzenok (Iwein)/Foto: © Thilo Beu

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