
Liederabend
PRETTY YENDE, Sopran
MICHELE D’ELIA, Klavier
Opernhaus Zürich
17. November 2019
Dass ein Liederabend für jeden Sänger eine besondere Herausforderung bedeutet und man sich dabei dem Publikum wie sonst nirgends offenbart, ist hinlänglich bekannt. Sich ganz ohne Kulisse zu präsentieren, verlangt viel Selbstvertrauen und eine große Vorbereitung. Am vergangenen Sonntag hatte man Gelegenheit, eine besonders erfolgreiche Opernsängerin zu erleben. Pretty Yende ist als junge Sängerin bereits auf allen bedeutenden Bühnen aufgetreten und hat an internationalen Wettbewerben viele Preise gewonnen. Sie besticht vor allem durch ihre virtuosen Koloraturen, einer großen Spielfreude und mit ihrer herzlichen Ausstrahlung. Diese Ausstrahlung zieht einen gleich vom ersten Auftreten an in Bann. Wie erfrischend ist es doch, einer jungen Stimme zuzuhören.
Das anspruchsvolle Programm bestand aus vielen wohlbekannten Liedern und ist gerade deshalb nicht leicht zu bewältigen.

Die erste Gruppe bestehend aus sieben Liedern von Robert Schumann wurde mit viel Gefühl und einer klaren Stimme dargeboten. Zwar hat man diese Lieder schon mit mehr Finessen und Detailgenauigkeit gehört. Trotzdem war es ein Vergnügen, in diesen Melodien zu schwelgen. Besondere Trouvaillen darf man die drei Lieder von Gaetano Donizetti bezeichnen. Außerdem die Arie der Lucie aus der gleichnamigen Oper «Lucie de Lammermoor» welche auf französisch selten zu hören ist. Hier konnte die Sopranistin aus dem vollen schöpfen und ihre ganze Palette von Emotionen und glasklaren Koloraturen präsentieren.

Nach der Pause erklangen drei der herrlichen Lieder von Paolo Tosti und auch hier war man von der Stimme fasziniert. Richard Strauss war der nächste Programmpunkt mit sechs der bekanntesten seiner großartigen Lieder. Es gelang der charmanten Sängerin sehr gut, die einzelnen Stimmungen der teilweise sehr kurzen Lieder zu vermitteln. Besonders die Reinheit Ihrer Stimme machte Eindruck und wurde vom Publikum mit viel Beifall gewürdigt, obwohl der allzu häufige Applaus zwischen den einzelnen Liedern einer Gruppe die Stimmung zuweilen etwas störte.
Mit dem Csárdás aus «Die Fledermaus» von Johann Strauss setzte Pretty Yende einen virtuosen Schlusspunkt unter das offizielle Programm.
Das Publikum wurde für seine Begeisterung und die Standing Ovations mit fünf Zugaben großzügig belohnt. Zwei Lieder sowie Arien von Donizetti, Puccini und das Kabinettstück «I want to be a Prima Donna” ließen nochmals die ganze Kunst dieser so talentierten und bezaubernden Sopranistin aufleuchten.

Zwar hier erst am Schluss erwähnt, ist ein ganz wesentlicher Teil dieses erfolgreichen Abends das Verdienst des hervorragenden und temperamentvollen Pianisten Michele D’elia. Es war von Anfang an spürbar, wie die beiden Künstler Freude am gemeinsamen gestalten des Abends hatten. Sich nie in den Vordergrund spielend, stets konzentriert und mit Humor der Sängerin folgend, ergab sich so ein wunderbares Zusammenspiel.
Wir freuen uns in Zürich auf weitere Auftritte von Pretty Yende.
- Rezension von Marco Stücklin / RED: DAS OPERNMAGAZIN-CH
- Opernhaus Zürich
- Titelfoto: Pretty Yende©Gregor Hohenberg/SonyEntertainment