Rossinis Oper „Tancredi“ bei den Bregenzer Festspielen 2024

Bregenzer Festspiele 2024/TANCREDI/ Foto:
© Bregenzer Festspiele / Karl Forster

Als Rossini im Alter von nur zwanzig Jahren im November 1812 seine bereits zehnte Oper „Tancredi“ komponiert hatte, welche im Februar 1813 im Teatro La Fenice uraufgeführt wurde, war dies der Anfang seiner Karriere, welche ihn in der Riege der berühmtesten Opernkomponisten Europas Aufnahme finden ließ. (Rezension der Premiere v. 18. Juli 2024)

 

 

Zur Zeit der Uraufführung waren Werke mit einem tragischen Ende nicht beliebt. Deshalb hatte Rossini für dieses Werk ein glückliches Ende komponiert. Nur wenige Monate nach der Premiere wurde die Oper in Ferrara aufgeführt, allerdings mit einem überarbeiteten Ende. Der Hintergrund dafür war der Geliebte der Hauptdarstellerin, ein Schriftsteller, der lieber einen effektvolleren tragischen Abschluss der Geschichte sehen wollte. Diese zweite Fassung ist nun bei den Bregenzer Festspielen zu erleben.

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© Bregenzer Festspiele / Karl Forster

Jan Philipp Gloger lässt die Handlung im lateinamerikanischen Drogen- und Mafia Milieu spielen. Sein Bühnenbildner Ben Baur hat auf einer Drehbühne verschiedene Räume einer Villa aufgebaut und so die passende Kulisse geschaffen. Mit den Kostümen von Justina Klimczyk und dem Licht von Martin Gebhardt entstehen durchaus stimmige Räume. In der Geschichte müssen sich die rivalisierenden und von der Polizei verfolgten Drogenbosse Orbazzano und Argirio wohl oder übel verbünden. Der Preis ist Amenaide, Argirio‘s Tochter, welche Orbazzano heiraten soll. Doch diese verweigert sich dem Handel, denn sie ist schon seit einer Weile in Tancredi verliebt. Ihr Brief, in welchem sie Tancredi um Hilfe bittet, wird gefunden und als Verrat gedeutet. Als Tancredi im letzten Moment auftaucht und Amenaide rettet, fällt ein Schuss des Polizeikommandanten und Tancredi stirbt.

Gloger zeigt diese Geschichte mit vielen nicht enden wollenden äußerst brutalen Szenen und Gewehrsalven, welche durch wilde Szenen durch die Stunt-Factory noch auf die Spitze getrieben werden. Diese wirken aufgesetzt und schockierend. Die Idee, Tancredi und Amenaide als ein lesbisches Liebespaar mit allen Klischees darzustellen, hilft nicht vom schwachen Libretto und der zähfließenden Handlung abzulenken. Gewiss könnte man einräumen, dass der Beziehungskonflikt aufgezeigt werden sollte, in welchem sich die beiden Frauen zur damaligen in Lateinamerika herrschenden Machowelt befanden. Aber mit derart überzeichneten Brutalitäten auf der Bühne wird die Geschichte nicht gerade gehaltvoller.

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© Bregenzer Festspiele / Karl Forster

Dennoch darf man sagen, dass diese Aufführung besonders wegen der beiden hervorragenden Sängerinnen, Mélissa Petit als Amenaide und Anna Goryachova, unbedingt hörenswert ist. Da haben sich zwei großartige Stimme gefunden, deren Stimmen an Harmonie nicht zu überbieten sind. Auch in ihren einzelnen Arien ein herrlicher Hörgenuss.

Die Rolle des Vaters Argirio ist mit dem Tenor Antonio Siragusa besetzt. Seine Stimme fällt vor allem durch ihre zu Dominanz neigenden Intensivität auf, welche zuweilen auf Kosten der Feinheiten geht. Laura Polverelli als Isaura sang ihre Partie mit einem zu stark hörbaren Vibrato. Kraftvoll Andreas Wolf als Orbazzano. Ilia Skvirskii als Roggiero ergänzte das Ensemble.

Der seit vielen Jahren in Bregenz mitwirkende Prager Philharmonische Chor unter Lukáš Vasilek bot wieder eine sehr überzeugende Leistung. Die Taiwanesische Dirigentin Yi-Chen Lin am Pult der Wiener Symphoniker ließ schon in der Ouvertüre erkennen, das sie wenig von Rossinis Lust am Schwelgerischen aufkommen lässt, sondern vor allem die Tragik heraushob. Die Wiener Symphoniker ließen immer wieder durch eine solide Leistung aufhorchen. Am Hammerklavier waren Enrico Maria Cacciari und am Violoncello, Michael Vogt zu hören.

Man verließ das Festspielhaus etwas ratlos und ermüdet von den zu vielen aufgesetzten Effekten und Tancredis schier endloser Sterbeszene, jedoch bereichert durch die großartigen Leistungen der beiden Sängerinnen.

Im kommenden Jahr wird im Festspielhaus die selten gespielte Oper „Oedipe“ von George Enescu zu erleben sein. Karten sind ab 1. Oktober 2024 erhältlich

 

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