Staatsoper Hamburg: Wiederaufnahme von „Ariadne auf Naxos“

Staatsoper Hamburg/Ariadne auf Naxos/ Foto: Monika Rittershaus

Eines der schönsten und klügsten Werke des großen Münchner Komponisten Richard Strauss, sagt man…. Kann man das lustige Intermezzo „Zerbinetta und ihre Liebhaber“ und die tragische Oper „Ariadne“ gleichzeitig spielen? Ja, absolut! Und zwar passt dies hier wunderbar zusammen, wie auch das Publikum befindet mit Applaus und Begeisterung! (Besuchte Vorstellung: WA am 14.9.2019

 

In der Ariadne auf Naxos-Vorstellung am 14. September übernimmt Tara Erraught die Partie des Komponisten für Anaïk Morel und Viktor Rud übernimmt die Partie des Harlekin für Alexey Bogdanchikov.

 

Im Haus eines neureichen Wieners soll anlässlich eines großen Festes die Premiere des in Auftrag gegebenen Trauerstückes „Ariadne auf Naxos“ gegeben werden. Der Mäzen aber lässt als Zugabe vom Tanzmeister die Komödie „Zerbinetta und ihre vier Liebhaber“ einstudieren. Als der ungebildete Musikliebhaber vom trostlosen Handlungsort der „Ariadne“ erfährt, beschließt er, die Stücke gemeinsam spielen zu lassen. Die verführerische Zerbinetta hingegen heckt einen Improvisationsplan aus, der die Aufführung der von tiefster Schwermut und Todessehnsucht geprägten Geschichte Ariadnes immer wieder grotesk aufheiternd unterbricht – bis der Gott Bacchus sich in liebender Weise der gezeichneten Ariadne annimmt. (Quelle: Staatsoper Hamburg/Text)

 

Vorspiel
Die Aufführung der Opera seria „Ariadne auf Naxos“ wird vorbereitet. Der Veranstalter lässt bekannt geben, dass im Anschluss daran noch ein heiteres Nachspiel mit Tänzen gegeben werden soll. Der Komponist der Oper fühlt sich dadurch als Künstler verhöhnt; sein Musiklehrer ermahnt ihn, die Launen seines Auftraggebers dennoch hinzunehmen, um sein Honorar für seine Komposition nicht zu verlieren. Kurz vor Beginn der Vorstellung ändert der Veranstalter noch einmal seine Pläne: Nun sollen die Oper und die Komödie gleichzeitig gespielt werden, damit die Aufführung kürzer wird. Während der Komponist sein Werk lieber vernichten würde, rät ihm der Musiklehrer zu Kürzungen, um es zu retten, und der Tanzmeister verweist auf die Improvisationsfähigkeiten der Komödianten. Nur widerwillig lässt sich der Komponist darauf ein; erst eine persönliche Begegnung mit Zerbinetta, der Hauptdarstellerin der Komödie, lässt ihn die Sache mit anderen Augen sehen.

Staatsoper Hamburg/Ariadne auf Naxos/Foto © Monika Rittershaus

Oper
Die drei Nymphen Najade, Dryade und Echo bedauern Ariadne, die von ihrem geliebten Theseus, dem sie das Leben gerettet hat, auf einer wüsten Insel zurückgelassen wurde und nun den Tod herbeisehnt. Vergeblich versuchen Zerbinetta und ihre vier Begleiter Harlekin, Brighella, Scaramuccio und Truffaldin, Ariadne aufzuheitern. Vor allem Zerbinetta, die unbekümmert von einem Liebhaber zum nächsten zu wechseln pflegt, erläutert Ariadne ausführlich ihre eigene Sichtweise zu den Themen Liebe und Treue. Da Ariadne keine Anstalten macht, sich dafür zu begeistern, gibt Zerbinetta auf; stattdessen bemüht sich nun jeder der vier Herren, Zerbinettas Gunst zu erringen und seine Rivalen loszuwerden. Nachdem Zerbinetta ihre Wahl getroffen hat, verkünden die drei Nymphen die Ankunft des Gottes Bacchus. Er ist soeben den Fängen der Circe entkommen und meint beim Anblick Ariadnes, erneut in die Gewalt der Zauberin geraten zu sein. Ariadne ihrerseits hält ihn für den Todesboten Hermes und bittet ihn, sie mit sich zu nehmen. Im gegenseitigen allmählichen Erkennen vollzieht sich in Ariadne und Bacchus eine Verwandlung; er wird sich seiner Göttlichkeit, sie sich ihrer Liebesbereitschaft bewusst – wie der Komponist es vorausgeahnt und Zerbinetta es prophezeit hat.

Die Gleichzeitigkeit von Tragödie und Komödie scheint befremdlich, wirft Fragen auf, aber irgendwie harmoniert es am Ende doch. Vor rund 100 Jahren (1912) entstand diese verbundene Opera buffa mit Opera seria durch Hofmannsthal und Strauss. Dazu zeigen sich Figuren der Commedia dell´arte, dies alles sagt dem neuzeitlichen Publikum, bzw Opernneulingen, nicht wirklich viel. Die (eingeblendeten) Texte der Arien per Bildschirm sind teilweise wirklich vorteilhaft, da manch einer nicht Stimme und Wort unter einen gedanklichen Hut einbinden kann. Texte aus der barocken Komödie und antiken Mythologie erscheinen teilweise ohne rechten Sinn, erst im Gesang und Mimik erklärt sich manche Handlung auf der Bühne. Es ist ein Stück Gedankenarbeit dem zu folgen und zu verstehen, manche Arie wird ausschweifend dargeboten und gebannt folgt man dann eher dem Bild als dem Text.

Staatsoper Hamburg/Innenraum/Foto @ Niklas Marc Heinecke

„Ariadnekenner“ werden natürlich ihr Interesse anders lagern als jemand, der diese Oper zum ersten Male live erlebt, hier wurde dazu eine italienische Volkskomödie gezeigt, die teils an die Jackson 4 (gelbe Kostüme und entsprechende 70er Jahre Perücken) erinnerte und entspannt vom Publikum aufgenommen wurde. Sozusagen eine kleine Aufheiterung zu der düsteren Szenerie rund um die Ariadne auf „Naxos“.

Die wunderbare Zerbinetta (Sofia Fomina) begeisterte mit ihrer beeindruckenden und höhensicheren Stimme und Ausdauer im Ton ebenso wie ihre „Gesellen“ Harlekin (Viktor Rud), Brighella (Dongwon Kang), Truffaldin (Martin Summer) und Scaramuccio (Sungho Kim).  Mit Elan und Schwung zeigten diese eine gelobte Darbietung, der Applaus sprach für sich!

Die eigentlichen Hauptfiguren, der „Komponist“ (Tara Erraught) und der „Musiklehrer“ (Martin Gantner) leiteten alles Geschehen – manchmal schien es ihnen aber auch zu entgleiten… Erst als der Komponist Zugang zu Zerbinetta fand, in zarter Liebe quasi, vereinte sich alles zu einem fast harmonischen Ganzen auf der Bühne. Tara Erraught zeigte eine sehr ordentliche Leistung mit starker Stimme. Obwohl sie nur wenig Zeit hatte, sich in die Rolle als Ersatz einzufinden, füllte sie ihren Part mit Gefühl und Stärke, sehr eindrucksvoll!

Der „Tanzmeister“ (Daniel Kluge) sowie der „Perückenmacher“ (Nicholas Mogg) boten ein lebendiges Bild mit ihren Parts und rundeten das Geschehen angenehm ab in der Geschichte. Der „Haushofmeister“ (Levente Páll) war angenehm präsent an ihrer Seite dabei. Ebenso die Nymphen Najade (Elbenita Kajtazi), Dryade (Ida Aldrian) und Echo (Narea Son) – bezaubernde Stimmen auf der Bühne, denen man gern lauschte!

Als „Tenor / Bacchus“ zeigte Stephen Gould wahre Stimme und Haltung, seine Arie gestaltete sich für einen Tenor recht schwierig, aber er meisterte sie absolut gekonnt! Er bot ein eindrucksvolles Bild obwohl seine Rolle ihn eher als zurückhaltenden, fast ängstlichen Mann festlegte, der mit Circe so gar nichts zu tun haben wollte. Am Ende wurde doch alles gut und er fand in Liebe mit Ariadne zusammen.

Diese „Ariadne“ (Camilla Nylund) war schon eine echte „Primadonna“ von Anfang an! Hofiert, verwöhnt und ja, schon leicht „zickig“ in ihrem Part, es war nicht so einfach (besonders für den Konzertmeister) mit ihr. Im Laufe der Aufführung verstand sie die Zusammenführung zweier so unterschiedlicher Genres dann durchaus, fügte sich dazu trotz immer noch etwas Widerstand und im Solopart ihrer Oper glänzte sie mit absolut betörender Stimme. Volltönend, voller Gefühl und absolut klar erreichte sie jede Nische des Opernhauses und begeisterte alle Zuhörer / Zuschauer. Es war wunderschön, mit geschlossenen Augen ihre Stimme aufzunehmen und zu geniessen! Dafür erhielt sie frenetischen Applaus und  Bravo-Rufe!

Das Haus war bis auf wenige Plätze ausverkauft, entsprechend die Stimmung im Publikum. Schlußapplaus begeistert für die Gesangsvorträge, etwas verhaltener für die Gesamtumsetzung, ein schwerer Stoff… den man sich durchaus auch etwas leichter umgesetzt wünschen würde.

 

Inszenierung: Christian Stückl
Bühnenbild und Kostüme: Stefan Hageneier
Choreografie: Eric Miot
Licht: Michael Bauer

Musikalische Leitung – Kent Nagano

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
 
 
Konzertmeister Konradin Seitzer

Musiklehrer – Martin Gantner

Komponist – Tara Erraught

Tenor / Bacchus – Stephen Gould

Tanzmeister – Daniel Kluge

Perückenmacher – Nicholas Mogg

Haushofmeister – Levente Páll

Zerbinetta – Sofia Fomina

Primadonna / Ariadne – Camilla Nylund

Harlekin – Viktor Rud

Scaramuccio – Sungho Kim

Truffaldin – Martin Summer

Brighella – Dongwon Kang

Najade – Elbenita Kajtazi

Dryade – Ida Aldrian

Echo – Narea Son

 

  • Eindrücke des Abends von Marion Nevoigt / Red. DAS OPERNMAGAZIN
  • Staatsoper Hamburg / Stückeseite
  • Titelfoto: Staatsoper Hamburg/Ariadne auf Naxos/ Foto: Monika Rittershaus
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