Im Frühjahr bereits berichtete das Opernmagazin anlässlich der „Italienischen Opernwochen“, ausführlich über Giacomo Puccinis Tosca an der Staatsoper Hamburg, in einer Doppelkritik über die Galavorstellung mit Anja Harteros und Jonas Kaufmann.Gestern nun ist die dramatische Geschichte um die Diva, die aus Liebe zu dem revolutionären Maler Mario, den grausamen Polizeichef tötet und doch von ihm hintergangen wird, an die Staatsoper Hamburg zurückgekehrt. In prominenter Herrenbesetzung und einer erst am Vorstellungstag, für die leider erkrankte Kristin Lewis, aus Köln angereisten Einspringerin in der Titelrolle, die alle drei stimmlich, wie darstellerisch alle Register zogen. (Rezension der TOSCA-Vorstellung v. 28.11.2018)
Marcelo Puente, der bereits vor einem Jahr als Pinkerton in Puccinis „Madama Butterfly“ begeisterte, war zum ersten Mal nun als Mario Cavaradossi in Hamburg zu Gast. Seine Auftrittsarie Recondita Armonia, singt er mit viel Schmelz und Zartheit in der Stimme. Man glaubt ihm den, in Kunst – wie auch in Tosca – verliebten Künstler vom ersten Ton an. Denn sein Schauspiel ist ebenso intensiv im Ausdruck und Wandlungsfähigkeit, wie sein Gesang. Puente singt die Partie mit kraftvollen Höhen und einem Timbre, das für den Cavaradossi wie geschaffen ist.
Sein E lucevan le stelle berührt, sein Trotz Scarpia gegenüber, überzeugt stimmlich wie darstellerisch ebenso, wie seine Tändelei mit Tosca im ersten Akt oder das von falscher Hoffnung getragene Abschiedsduett vor seiner Hinrichtung. Die kurze a Capella Szene „Trionfal di nova speme…“ geht, dank der Energie, die Puento und Adina Aaron mühelos hineinlegen durch Mark und Bein.
Adina Aaron ist die ideale Tosca zu Puentes Cavaradossi. Auch sie ist authentisch und leidenschaftlich schon, wenn sie für Mario und Publikum noch unsichtbar, „Mario Mario“ ruft, ist sie präsent und weckt Erwartungen, die sie auch alle hält. Ihre Mittellage und Tiefen sind und bleiben klar und sauber, ihre Höhen haben keinerlei Schärfen und ihr Timbre, hat eine weiche, dunkle und sehr angenehme Klangfärbung.
Spielt Robert Carsens Inszenierung auch auf einer Theaterbühne und scheinen Anthony Wards Kostüme auch eine Hommage an Maria Callas, so ist Adina Aaron doch niemals eine distanzierte Diva, sondern immer die liebende Frau, der von Gott nun einmal die Stimme geschenkt wurde, die alle verzaubert und in den Bann zieht. Denn auch ihr wurde dieses Geschenk gegeben, was sich besonders, aber lange nicht nur allein, in ihrem dahin gehauchten „Vissi d’arte“ zeigt, das schnörkellos schon an ein, aus tiefsten Herzen kommendes Gebet erinnert. Doch sie kann auch Krallen zeigen, kann den Fächer der vermeidlichen Rivalin laut fluchend gegen deren Bild schmettern, um dann ohne Mühe ins Sanfte zurückzufallen.
Auch Andrzej Dobber als Scarpia gelingen die Wechsel vom eleganten Mann von Welt, zum skrupellosen Machtmenschen ohne Anstrengung. Er ist der Dritte im Bunde, der, nur mit Stimmmodulation, Mimik und Gestik, Gefühle hörbar machen kann, auch denen, die weder den Text verstehen, noch ihren Blick vom Geschehen reißen wollen, um den Obertext zu lesen. Dobber ist eine elegante Erscheinung von imposanter Statur und weiß dies charmant oder bedrohlich einzusetzen, unterstützt von einem einschmeichelnd warmen Timbre, von der Art, wie man sie oft besonders bei Sängern slawischer Herkunft findet. Im Tedeum schallt sein „Tosca, mi fai dimenticare Iddio!“ über Chor und Orchester hinweg und verursacht zusammen mit Puccinis leidenschaftlicher und doch auch sakraler Musik, Gänsehaut. Aus dem zweiten Akt macht er zusammen mit seinen beiden Mitspielern, einen Krimi aus Klängen und Spiel.
Doch auch die kleineren Partien: Schließer (Christian Bodenburg), Sciarrone (Ang Du) Spoletta (Peter Galliard), Cesare Angelotti (Alexander Roslavets) waren sehr gut besetzt. Besondere Erwähnung sollen hier jedoch Bass Shin Yeo als Messmer, der die Komik aus dem Spiel und nicht aus der verstellten Stimme holt, finden und die frisch gebackene Gewinnerin der Nuovo Canto Opera Competition, Ruzana Grigorian, als lieblich klingende Stimme eines Hirtenjungens aus dem Bühnenhintergrund.
Pier Giorgio Morandi, am Pult des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg, der Chor der Hamburgischen Staatsoper und die Hamburger Alsterspatzen trugen viel zu diesem Abend bei, über den die Dame hinter mir sagte: „Da hab ich mir doch gerne die Hände wund geklatscht.“
Der Schlussapplaus war jubelnd und langanhaltend, die Gesichter vor und auf der Bühne strahlten. Bravi tutti!
- Rezension der besuchten Aufführung von Birgit Kleinfeld /RED. DAS OPERNMAGAZIN
- Marcelo Puente auf Facebook
- Adina Aaron / Agenturseite
- Homepage der Staatsoper Hamburg
- Titelfoto: Staatsoper Hamburg/Innenraum/Foto @ Niklas Marc Heinecke