Interview mit Masabane Cecilia Rangwanasha

Masabane Cecilia Rangwanasha / Foto ©️Vera Alma Vacek

Das nachfolgende DAS OPERNMAGAZIN – Interview mit der Sopranistin Masabane Cecilia Rangwanasha führte Marco Stücklin (DAS OPERNMAGAZIN-SCHWEIZ) in Bern 

 

 

(DAS OPERNMAGAZIN-OM): Wir treffen uns hier im Stadttheater Bern, wo Sie bis vor kurzem im Ensemble gesungen haben und große Erfolge feiern konnten. Wie kam es zu diesem Engagement und was waren die Eindrücke, welche Sie hier in Bern am meisten prägten? 

(Masabane Cecilia Rangwanasha/MCR): Ich nahm am Internationalen Belvedere Wettbewerb teil und in der Jury saß auch der jetzige Intendant in Bern, Florian Scholz. Nach dem Wettbewerb, wo ich den Audience Preis und den CS Rising Star Preis gewonnen habe, setzte sich Herr Scholz mit mir in Verbindung. Er bot mir an, nach Beendigung meines Studiums im Parker Young Artist Program am Royal Opera House, nach Bern zu kommen, wo er einige größere Rollen für mich habe.

Ich besprach dies mit meinem Lehrer und meinem Coach in London. Man empfahl mir, dieses Angebot anzunehmen, denn es stellte eine außerordentliche Gelegenheit für mich dar. Ich stand damals noch ganz am Anfang meiner Karriere und daher war ein solches Angebot für eine junge Sängerin ein Glücksfall. Das Theater Bern ist ein kleines Haus, wo alles etwas persönlicher zugeht. Dort hatte ich Gelegenheit, wichtige Rollen zu studieren, welche ich auch später an größeren Häusern singen kann. Man hat da auch genügend Zeit für die Probenarbeit. Zu jener Zeit kamen auch Anfragen von anderen Opernhäusern für wichtige Rollen, sodass ich solche Angebote auch zu meinem Erfolg in Bern zählen darf. In Bern habe ich viel gelernt und bin sehr dankbar für diese Erfahrungen.

OM: Sie sind in Südafrika aufgewachsen, wie waren Ihre ersten Begegnungen mit der Musik? 

(MCR): Ich komme aus einer Familie, wo alle gesungen haben, jedoch nicht professionell. Wir sangen in der Kirche und im Kirchenchor und in der Schule. Jedoch keine Opernmusik, sondern religiöse Lieder und Chöre. In der Schule sangen wir in verschiedenen Sprachen, aber die Texte verstanden wir nur teilweise. Wir hatten einen sehr engagierten Chorleiter und sangen alles nur nach dem Gehör und nicht nach Noten. Erst als ich an der Universität studierte, lernte ich das Notenlesen. An der Universität lernte man, die Musik zu begreifen und sich auf die Details zu achten. In unserer Familie war ich die erste, die Musik studierte. Eigentlich wollte ich Rechtsanwältin werden, aber weil meine Mutter meine Begeisterung an der Musik kannte, riet sie mir, mich auf diese zu konzentrieren.

(OM): Wer hatte entdeckt, was für eine außergewöhnliche Stimme Sie haben?

Masabane Cecilia Rangwanasha / Foto ©️Vera Alma Vacek

(MCR): Mir war damals nicht bewusst, dass ich im Vergleich mit anderen Sängern eine außergewöhnliche Stimme habe. In der Kirche sang ich zusammen mit den anderen und alle hatten schöne Stimmen. Meine Mutter und Lehrer ermunterten mich, auch an den Schulwettbewerben teilzunehmen. An den normalen Schulen gab es das Fach Singen nicht. So ergab es sich, dass ich jeweils mit anderen Kameradinnen oft auch nach Schulschluss dort blieben, um stundenlang zu üben, während andere schon lange auf dem Heimweg waren. Es waren also meine Mutter und meine Lehrer, die mich auf diesen Weg führten.

(OM): Wie verlief die Ausbildung in Südafrika? 

(MCR): Ich studierte während sechs Jahren in Südafrika und machte den Bachelor Abschluss an der University of Technology, wo es eine Opernschule gab. Anschließend studierte ich an der Universität in Kapstadt.

(OM): Und dann der große Schritt nach Europa, wie kam dies zustande? 

(MCR): Nachdem ich mein postgraduales Studium abgeschlossen hatte, war ich zwei Jahre lang in einem Programm für junge Künstler in Kapstadt tätig. Man hätte auch länger bleiben können, aber nach zwei Jahren hatte ich Gelegenheit, an einem Programm für junge Künstler in Übersee teilzunehmen. Dies war das Parker Young Artist Program des Royal Opera House in London. Es gab Meisterklassen, Musikvorträge und auch einen Wettbewerb. Damals war mir noch nicht bewusst, was für einen außerordentlichen internationalen Ruf das Royal Opera House hat. Das hat dazu beigetragen, dass ich ruhig an die Musikvorträge gehen konnte. Auch München lud mich ein, an den Live Musikvorträgen teilzunehmen. In London wurden die Bewerber in drei Schritten und mit Interviews ausgewählt. Nach der zweiten Runde musste man auf Nachricht warten, ob man zur letzten Runde eingeladen wird. Da werden jeweils nur je ein Sopran, Tenor, Mezzosopran und Bariton ausgewählt. Ein sehr harter Wettbewerb. Aber zu jener Zeit, welche durch so viele andere Eindrücke geprägten war, habe ich das gar nicht richtig wahrgenommen. Damals wartete ich noch auf eine Antwort von München. Dann kam aber eine Mitteilung aus London, man möchte mich in der Neuproduktion von Verdi‘s „La forza del destino“ als Cover für die Rolle der Curra haben. Ich besprach das mit meinem Lehrer, der davon angetan war.

Ich kam mit etwas Verspätung nach London, weil ich zuvor ein Engagement in Südafrika hatte, um dort Verdi‘s “Requiem” zu singen. Dann ging es aber gleich los mit den Coachings, um mich darauf vorzubereiten, einspringen zu können. Damals lernte ich Roberta Alexander kennen, welche sich liebevoll um mich gekümmert hatte. Eines Tages war ich in ihrer Garderobe, als sich plötzlich die Türe öffnete und Maestro Antonio Pappano, der Musikdirektor des Hauses, eintrat. Er besprach etwas mit Roberta und war dann gleich wieder weg. Danach fragte mich Aleksandra, ob ich ihn kenne, was aber nicht der Fall war. Es war das erste Mal, dass ich in einem so großen Theater war und ich kam aus dem Staunen nicht heraus! Als ich eines Morgens durch das Haus geführt wurde, begegneten mir Jonas Kaufmann und Anna Netrebko, welche mich sehr freundlich begrüßten. Beide traten in “La forza del destino” auf, wo ich als Cover für Curra fungierte.

Meine erste Rolle auf der Bühne war in Brittens „Death in Venice“ als Lace Seller. Eine sehr schöne Produktion mit tollen Kostümen. Dann durfte ich die Hauptrolle in Händels „Susanna“ singen. Dies war ein Projekt des Young Singers Programms. Nie zuvor hatte ich Händel gesungen und dies bedeutete für mich Neuland betreten. Wahrlich ein Segen für mich.

(OM): Während der Pandemie war ja alles ganz anders und man musste sich neu orientieren. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

(MCR): Das war eine wirklich harte Zeit. Ich war für einige schöne Rollen vorgesehen, darunter als Cover für die Micaela in der „Carmen“. Ich hätte aber auch eigene Auftritte bekommen. Auch eine Magd in „Elektra“ war für mich geplant. Andererseits bot das Ausfallen von Vorstellungen viel Zeit für das Rollenstudium. Im Haus waren keine großen Namen anzutreffen. Nur die jungen Sänger/innen waren da. Die kamen aus Neuseeland, Südafrika, Südamerika, Kongo und England. Man machte Meisterklassen und Online Konzerte, welche von vielen Leuten gesehen wurden und wir konnten auf diese Weise weiter arbeiten. Wir alle saßen ja im selben Boot. Da gab es genügend Möglichkeiten, einander noch besser kennenzulernen.

(OM): Ein weiteres großes Erlebnis war sicher der berühmte BBC „Cardiff Singer of the World“ – Wettbewerb.

(MCR): Oh ja! Ich wusste ja, dass dies einer der wichtigsten Wettbewerbe überhaupt ist. Dieser Anlass fand ja ebenfalls während der Pandemie statt und musste ohne Publikum aufgeführte werden. Es gab nur die Online-Version. Das Orchester, das ganze Team, schenkten uns großen Applaus. Man hätte meinen können, es wäre viel Publikum im Saal gewesen. Ein großartiges Erlebnis. Eine schöne Erinnerung ist auch, als ich den Lied-Preise gewonnen habe. Wir machten ein Programm, welches nach meinen Wünschen gestaltet wurde und mir ermöglichte, ganz authentisch bleiben zu können. Da hat man nicht einen Charakter zu spielen, sondern muss jedes Lied individuell gestalten. Mit dem hervorragenden Pianisten Simon Lepper war es eine große Freude zu arbeiten.

(OM): Ganz besonders sind auch die Konzerte in der Royal Albert Hall in London im Rahmen der „Proms-Concerts“, wo Sie schon vier Mal aufgetreten sind.   

Masabane Cecilia Rangwanasha / Foto ©️ PromsLondon2023

(MCR): Der erste Auftritt war mit Händels „Messiah“, dann folgte „Celebration for the Queen‘s Jubilee“  und danach Verdis “Requiem”. Dieses Werk liebe ich sehr.  Ich war begeistert, als man mir angeboten hatte, die Sopranpartie zu singen. Die Stimmung in der Royal Albert Hall ist sehr speziell. Unter dem Publikum gibt es viele Menschen, die nicht regelmäßig Konzerte besuchen und von der einmaligen Atmosphäre fasziniert sind. Da sitzen Zuhörer bis direkt vor dem Podium, sodass man sich als Sängerin mitten im Geschehen fühlt.

Der vierte Auftritt war 2023 mit dem National Youth Orchestra of Great Britain, ebenfalls ein Highlight. Als ich für dieses Konzert engagiert wurde, um die „Vier letzten Lieder“ von Richard Strauss zu singen, wusste ich noch nicht, welches Orchester spielen würde. Was für eine schöne Überraschung mit so wunderbaren jungen Menschen aufzutreten. Bei den Proben begann die Konzertmeisterin beim letzten Lied „Im Abendrot“ zu weinen. Sie war so gerührt von dieser Musik und vom Zusammenspiel. Ich hatte diese Lieder schon zuvor gesungen, doch jedes Mal entdecke ich Neues über den Text und die Komposition.

(OM): Wie sehen Ihre Pläne für das kommende Jahr aus?

(MCR): Ich bin sehr glücklich, bei den Osterfestspielen in Salzburg in Verdis Requiem die Sopranpartie singen zu dürfen. Ich werde im Januar unter Maestro Pappano mit dem London Symphony Orchestra in Mendelssohn‘s „Elijah“ dabei sein. Da spürt man förmlich die Kraft Gottes. Etwas vom schönsten was je komponiert wurde! Es folgt in Rom wieder Verdis “Requiem” und dann geht es nach Paris, nach den Konzerten in Salzburg folgt anschließend Atlanta mit „Requiem“ und Chicago mit „Elijah“ sowie Washington als Liu in „Turandot“. Es folgen Brüssel, Japan und dann München. Ein volles Jahr.

(OM): Dürfen wir uns auf eine baldige Aufnahme mit Ihnen freuen?

(MCR): Ja. Es gibt ein Projekt. Ein Album mit African Songs, Spirituals und Deutschen Liedern. Ein Mix wo jeder sich seine Lieblingsmusik auswählen kann. Die Aufnahme findet in den Abbey Road Studios statt.

(OM): Zum Schluss noch eine etwas private Frage. Wie sieht die Freizeit bei Ihnen aus, was machen Sie am liebsten?

(MCR): Ich habe sehr gute Freunde, auch hier in Bern. Ich liebe das Reisen um neue Orte zu entdecken, nicht nur die Touristenattraktionen. Das mache ich gerne alleine und zu Fuß, denn dann kann ich die Eindrücke ungestört auf mich einwirken lassen. So kann ich mich am besten entspannen. Was ich auch liebe, ist Mode. Es macht mir Spaß, neue Kleider und Accessoires zu finden.

(OM): Herzlichen Dank für dieses sehr angenehme Gespräch. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg und werden mit Freude den weiteren Verlauf Ihrer Karriere mitverfolgen.

 

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