Happy Birthday, Ludwig! – Beethovens Geburtstagskonzerte als Livestreams

Beethoven-Statue auf dem Bonner Münsterplatz/Foto @ Ursula Hartlapp-Lindemeyer

Er wurde vermutlich am 16. Dezember 1770 in der Bonngasse in Bonn geboren und mit Sicherheit am 17. Dezember 1770 in der Bonner Remigiuskirche getauft und ist wohl der populärste und meistgespielte klassische Komponist aller Zeiten.  Die Rede ist von Ludwig van Beethoven.

Leider sind die Live-Konzerte im Beethovenjahr 2020 fast alle abgesagt worden. Einige werden aber gestreamt, unter anderem das Konzert mit Daniel Barenboim am 17.12.2020 in der Bonner Oper mit der Festrede des Bundespräsidenten und die lange Beethovennacht mit dem Beethoven-Orchester unter Dirk Kaftan.

Die „Missa Solemnis“ mit dem Concerto Köln im Kölner Dom unter Kent Nagano wird am 28. Mai 2021 gestreamt.

 

Man kann sagen, dass Beethoven schon zu seiner Zeit ein Star war, der nach seinem Tod zum Heroen verklärt wurde. Wegen seiner Taubheit, die sich schon im Alter von 32 Jahren abzeichnete, musste er seine Karriere als Klaviervirtuose und Dirigent aufgeben und wendete sich dem Komponieren von Werken zu, die nicht mehr auf einen konkreten Anlass bezogen waren, sondern die ihm wichtigen Anliegen transportierten. Sein Schaffen hat immer wieder Grenzen gesprengt. Seine Musik wird weltweit verstanden und hat nicht nur die klassische Musik, sondern auch die Pop-Musik maßgeblich beeinflusst.

Beethovens Geburtshaus in der Bonner Bonngasse ist pünktlich zum 250. Geburtstag am 19.12.2019 mit einer neuen Präsentation wertvoller Autographen, Musikinstrumente und Bilder wieder eröffnet worden. Es gibt auf der Website des Beethovenhauses einen virtuellen Rundgang.

Beethoven-Büste im Kammermusiksaal/Foto @ U. Hartlapp-Lindemeyer

Die Musikbibliothek des Beethovenhauses hält überwiegend Beethovens Werke zum Studium bereit. Der am 24. Juni 1989 anlässlich des 100-jährigen Bestehens des „Verein Beethovenhaus“ eröffnete Kammermusiksaal des Beethovenhauses ist als Spielstätte aus dem Konzertleben der Stadt Bonn nicht weg zu denken und trägt der Tatsache Rechnung, dass Beethoven sehr viel Kammermusik, vor allem für Streichquartett und Klavier, geschrieben hat.

Der Shop des Beethovenhauses, der im Gegensatz zum Museum seit dem 1. Dezember 2020 wieder geöffnet ist, bietet nicht nur Andenken, sondern auch musikwissenschaftliche Fachliteratur, CDs und Noten an. (LINK)

Beethovens wichtigstes sakrales Werk, die „Missa Solemnis“, sollte am 21. August 2020 unter der Leitung von Kent Nagano im Kölner Dom mit dem Concerto Köln aufgeführt werden – abgesagt und auf Freitag, den 28. Mai 2021 verschoben, sofern die Pandemie es zulässt. Diese Messe für vier Solostimmen, Chor, Orchester und Orgel in D-Dur op. 123 (Missa Solemnis), die immer im Schatten seiner 9. Sinfonie stand, und die Beethoven selbst als sein gelungenstes Werk bezeichnete, soll ohne Publikum im Kölner Dom vom WDR aufgezeichnet und gratis live gestreamt werden. Kontrastiert wird die „Missa“ mit Karl Heinz Stockhausens „Gesang der Jünglinge im Feuer“, Elektronische Musik aus dem Jahr 1955/56.

„Missa solemnis“ bedeutet ein feierliches Hochamt in der katholischen Theologie in Lateinischer Sprache nach einem vorgegebenen Nummernraster. Eine „Missa“ gibt dem Komponisten die Gelegenheit, in gewaltigen Chorsätzen das Lob Gottes zu singen. Beethovens „Missa Solemnis“ kann als Höhepunkt dieser Gattung gesehen werden. Bezeichnend ist, dass die Erstaufführung nicht in einer Kirche, sondern in einem Konzertsaal in Sankt Petersburg stattfand.

Oper Bonn/FIDELIO/ Chor/Foto © Thilo Beu

Zum Glück war Dr. Bernd Helmich, Intendant der Bonner Oper, so klug, Beethovens einzige Oper „Fidelio“ schon am 1. Januar 2020 aufzulegen. (LINK zum Artikel)

Allein wir, DAS OPERNMAGAZIN,  haben in der letzten Zeit über 12 mal über mehr oder weniger gelungene Inszenierungen von Beethovens einziger Oper berichtet.

„Fidelio“ ist eine Befreiungsoper, das heißt, sie endet mit der Utopie, dass, wenn sich nur ein Mensch (hier verkörpert durch Leonore) gegen Willkür und Tyrannei auflehnt, die Befreiung eines politischen Gefangenen aus dem Kerker möglich ist. So endet die ursprüngliche Fassung vom 20.11.1805.

Die endgültige Fassung, Premiere am 23.5.1814 im Theater an der Wien, endet nicht nur mit der Befreiung Florestans, sondern mit einem oratorienartigen  Schlusschor „Heil sei dem Tag,“ in dem in einem erhabenen Marschrhythmus der Geist der französischen Revolution beschworen wird und bei dem alle zu Unrecht Eingekerkerten frei gelassen werden. Beethoven hat viele Anregungen aus der französischen Revolutionsmusik aufgegriffen. Dies zeigte ein Gesprächskonzert, das am 22.8.2020 aus dem Woelfl-Haus in Bonn gestreamt wurde. (LINK zum Artikel

Oper Bonn/ Christus am Ölberge: Kai Kluge (Jesus), Tänzerinnen und Tänzer des Folkwang Tanzstudio/© Thilo Beu

Zu Beginn seiner Wiener Zeit führte Beethoven im Theater an der Wien am 5. April 1803 sein Oratorium „Christus am Ölberge“ im Anschluss an sein drittes Klavierkonzert und seine 1. und seine 2. Sinfonie auf. Die Bonner Oper war mit ihrer Produktion dieses Oratoriums am 29. Februar 2020 in Wien eingeladen. (LINK zum Artikel)

Das Oratorium folgte diesmal der Uraufführung der reflexiven Szene „Ein Brief“, Auftragskomposition der Oper Bonn von Manfred Trojahn. Beethoven hat in diesem Oratorium die Grenzen der Konventionen seiner Zeit gesprengt, indem er Christus als Mensch in einer existenziellen Krise zeigt.

Viel häufiger gespielt werden Beethovens neun Sinfonien, seine fünf Klavierkonzerte und sein Violinkonzert. Bei Konzertveranstaltungen wird häufig ein Werk Beethovens mit einem Werk eines anderen Komponisten kontrastiert. Auch das Bonner Beethovenfest, das in der Zeit vom 20.8. bis 10. September 2021 wieder stattfindet, arbeitet nach diesem Prinzip.

Das Bonner Beethoven-Orchester, das in der Bonner Oper spielt, aber auch in der Bonner Beethovenhalle sinfonische Musik aufführt, hat schon am 21. Dezember 2019 alle neun Sinfonien, zum Teil in kleiner Besetzung und in Bearbeitungen, an einem Tag aufgeführt. (LINK zum Artikel)

Beethoven sollte nach dem Wunsch seines Vaters ähnlich wie Mozart als Wunderkind am Klavier auftreten, daher wurde er schon als Kleinkind als Pianist gedrillt. In „Klavierduellen“ mit anderen Pianisten konnte er als junger Mann in Wien, wo er 1802 eintraf, die Musikbegeisterten beeindrucken. Variationen über ein vorgegebenes Thema waren seine Königsdisziplin. Niemand konnte ihm das Wasser reichen, er wurde ein Popstar seiner Zeit. Seine Themen sind kurz und knackig („ta-tat-ta-taa“) und bekommen den besonderen Biss durch ihren Rhythmus.

Cristian Măcelaru (Foto @ WDR/ Thomas Brill)

Chefdirigent Cristian Măcelaru hat am 18. und 19. September 2020 in der Kölner Philharmonie mit dem WDR-Sinfonieorchester eindrucksvoll dokumentiert, wie Beethoven gearbeitet hat.(LINK). Von den Skizzen zu seiner 3. Sinfonie, die Beethoven selbst dokumentierte, hat Robert D. Levin einige im Stil Beethovens instrumentiert und so im Auftrag des WDR rekonstruiert. Die rekonstruierten Teile wurden mit der endgültigen Fassung kontrastiert. Beethoven hat lange an dieser Sinfonie gefeilt. Erst ganz zum Schluss kamen die beiden Paukenschläge dazu, die den ersten Satz einleiten – absolut neu in dieser Zeit!

Beethoven war der erste bedeutende Komponist, der nicht als Angestellter eines Fürstenhauses arbeitete, sondern der es schaffte, von den Erstaufführungsrechten und Tantiemen seiner Kompositionen zu leben. Er gilt zwar als „Wiener Klassiker“, aber seine kühnen Kompositionen weisen weit in die Romantik und seine Vorläufer in die französische Revolutionsmusik.

An der Virtuosität und Tiefe seiner Klaviermusik verzweifelten Generationen von Pianisten, und seine Kammermusik setzte in diesem Genre Maßstäbe.

Richard Wagners Werke sind ohne den Einfluss Beethovens nicht denkbar. Die 9. Sinfonie ist das einzige Werk, das neben Wagners Opern in Bayreuth aufgeführt werden darf. Wagner war wohl der erste Dirigent seiner Zeit, der Beethovens 9. Sinfonie durchdringen konnte und sie erfolgreich aufführte. Der für die Zeit vom 24. bis 26. September 2020 geplante Internationale Richard-Wagner-Kongress, zu dem Delegierte aus der ganzen Welt erwartet wurden, musste übrigens auch abgesagt werden.

Den Höhepunkt der 9. Sinfonie, die Ode an die Freude, wurde nicht umsonst zur europäischen Hymne. „Alle Menschen werden Brüder wo dein sanfter Flügel weilt,“ ist nicht weniger als die Utopie eines Weltfriedens.

Partitur in Beethovens Handschrift © Michael Sondermann

Dass die Corona-Pandemie bei dem doppelten Beethovenfest 2020 vom 10. März 2020 an fast alle geplanten Veranstaltungen verhindert hat ist bedauerlich. Die Stadt Bonn hätte ihr Profil als Beethovenstadt geschärft und viele Musikbegeisterte aus aller Welt angelockt.

Aber Beethovens Musik ist unsterblich, und das Museum in seinem Geburtshaus sowie der Rundgang mit den 14 Stelen an Orten in Bonn, wo Beethoven sich aufgehalten hat, an denen seine Musik erklingt, bleiben. Den virtuellen Rundgang durch Beethovens Bonn finden Sie HIER.

Man wird sicher zu seinem 200. Todestag am 26. März 2027 eine Neuauflage der Feierlichkeiten starten, denn vieles konnte 2020 nicht realisiert werden.

Wenn Sie Beethoven zum 250. Geburtstag auf der Website von BTHVN2020 gratulieren wollen, klicken Sie HIER

Dirk Kaftan dirigiert das Beethoven Orchester Bonn. © Beethoven Jubiläums GmbH

Dirk Kaftan, Chefdirigent des Beethovenorchesters, Daniel Hope als Leiter des Vereins Beethovenhaus mit dem Kammermusiksaal und Steven Walter als Nachfolger Nike Wagners beim Beethovenfest sowie die Stadt Bonn, das Land NRW und die Bundesrepublik Deutschland werden diese Chance nicht verpassen, den berühmtesten europäischen Komponisten zu würdigen, zu dessen Beisetzung in Wien etwa 20.000 Teilnehmer erschienen, um ihrem Idol die letzte Ehre zu erweisen. Es wurde der Trauermarsch aus seiner 3. Sinfonie gespielt, ein Stück, dass die erhabenen Gefühle beim Tod eines Helden, der für die Republik gefallen ist, musikalisch umsetzt.

Den virtuellen Rundgang durch das neu gestaltete Beethovenhaus finden Sie unter DIESEM LINK

Das Konzert mit Daniel Barenboim als Pianist und Dirigent des 3. Klavierkonzerts und der 5. Sinfonie mit dem West-Eastern-Divan-Orchestra und dem Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier als Festredner an seinem Tauftag, dem 17. Dezember 2020, das in der Oper Bonn wegen der Corona-Pandemie ohne Publikum stattfinden muss, streamt 3sat ab 20.15 Uhr, es kann aber auch bei WDR 3 Fernsehen um 22.15 Uhr verfolgt werden. Hier der Link 

Die „BTHVNNacht powered by Telekom“ am 16. Dezember, seinem mutmaßlichen Geburtstag, wird unter anderem von WDR3 ab 20.04 Uhr live gesendet, kann aber auch auf den Plattformen von MagentaTV und unter bthvn2020.de kostenlos gestreamt werden. Dirk Kaftan dirigiert das Beethoven-Orchester.

 

  • Artikel von Ursula Hartlapp-Lindemeyer / Red. DAS OPERNMAGAZIN
  • Titelfoto: Beethoven-Statue Münsterplatz/Foto © Michael Sondermann (BTHVN2020)
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