Die Verwendung historischer Instrumente, eines kleinen Instrumentalensembles (14 Streicher, 9 Bläser, Orgel und Pauken) und eines 20-köpfigen Chors ist nicht gleichbedeutend mit einem dünnen oder gedämpften Klang. Die Aufführungen von Wolfgang Amadeus Mozarts Eine kleine Nachtmusik KV 525 und Requiem in d-Moll KV 626 im Großen Saal des Salzburger Mozarteums am 31. Januar 2023 zeigten, wie kraftvoll diese Musik auf historischen Instrumenten sein kann. Der Musikwissenschaftler und Gambist Jordi Savall leitete Le Concert des Nations und La Capella Reial de Catalunya in präzisen, belebenden musikalischen Darbietungen.
Obwohl Jordi Savall auf dem Podium zurückhaltend aussah wurde die Musik leidenschaftlich und überzeugend vorgetragen. Das Programm begann mit Eine kleine Nachtmusik (Serenade Nr. 13 für Streicher in G-Dur) KV 525 in einer orchestralen Fassung. Der Titel stammt von Mozart selbst in seinem Werkverzeichnis: „Eine kleine Nacht Musick, bestehend in einem Allegro, Menuett und Trio. – Romance. Menuett und Trio, und Finale. – 2 Violini, Viola e Bassi.“ Unbekannt sind der Auftraggeber des Werks, für welchen Anlass es geschrieben wurde, der Verbleib des zweiten Satzes „Menuett und Trio” und die Bedeutung der Bassi. Bekannt ist, dass die Serenade am 10. August 1787 in Wien beendet wurde.
Dieses Werk, insbesondere der Anfang des ersten Satzes, ist zu einer der beliebtesten Kompositionen Mozarts geworden und hat in verschiedenen Bearbeitungen Eingang in die Popkultur gefunden. Da dieses Werk so oft gespielt wird, wird sein musikalischer Wert manchmal unterschätzt. Mozarts Fähigkeit, Melodien zu schaffen, die sofort erkennbar und einprägsam sind, ist die Essenz des Genies. Komplexität liegt in der Qualität der Ideen, die unsere Gefühle und Intelligenz ansprechen, und nicht in technisch komplizierten Mitteln.
Savall und sein Ensemble spielten die vier erhaltenen Sätze mit Engagement und ohne Vibrato. Diese Aufführung zeigte, dass fehlendes Vibrato nicht mit einem Mangel an Gefühl gleichzusetzen ist; im Gegenteil, es war eine der bewegendsten Darbietungen, die ich je in einem Konzert gehört habe. Den Interpreten gelang es, dieses bekannte Stück frisch und keineswegs abgedroschen klingen zu lassen. Trotz so vieler ausgezeichneter Leistungen auf Tonträger klang Savalls Interpretation einzigartig (die Aufnahme, die Savalls Ansatz am nächsten kommt, ist die von Andrew Manze aus dem Jahr 2003).
Gleich nach der Eine kleine Nachtmusik folgte das Requiem in d-Moll, ein weiteres berühmtes Werk Mozarts. Savall entschied sich zu Recht für die von Mozarts Schüler Franz Xaver Süßmayr erstellte Aufführungsausgabe. Süßmayrs Fassung ist die einzige, die von jemandem erstellt wurde, der mit Mozart selbst in Verbindung stand. Nachfolgende Generationen von Kritikern, vor allem in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, haben versucht, Süßmayrs Werk zu „verbessern“. Jedes Mal, wenn ich eine Ausgabe aus unserer Zeit höre, deren Aufführungsgeschichte nur wenige Jahrzehnte zurückliegt, frage ich mich, warum Süßmayers Vollendung, wenn sie wirklich so fehlerhaft ist, über so viele Generationen hinweg aufgeführt wurde. Weder Franz Joseph Haydn noch Ludwig van Beethoven oder ein anderer bekannter Komponist, der zur Zeit der Entstehung des Requiems tätig war, haben eine Alternative zu Süßmayrs Ausgabe geschaffen.
Savall, seine Musiker und der Chor lieferten eine straffe, dramatische Aufführung, die glücklicherweise frei von Manierismen oder persönlicher Nachsicht war. Trotz der zügigen Tempi und der schieren Lautstärke des Chores klang dieses Requiem spirituell und persönlich. Der Chor sang den Text auswendig und gab eine galantere Vorstellung als größere Chorgruppen. Savall hielt die Instrumentalisten und Sänger mit Elan und einer emotionalen Intensität zusammen, die während der Aufführung nie nachließ.
Unter den Solisten war die Sopranistin Giulia Bolcato mit ihrer glockenhellen Stimme besonders bewegend. Vor allem ihr Anteil am ersten Satz Introitus: Requiem aeternam klang wie ein Gebet für Ruhe und Freiheit. Die Mezzosopranistin Marianne Beate Kielland verlieh dem Stück mit ihrer dunklen, fast alttönigen Stimme ein gewisses Maß an Ernsthaftigkeit. Der Tenor Charles Sy und der Bass Manuel Walser traten besonders im Recordare und im Benedictus hervor.
Einem Vermerk im Programmheft zufolge wurde diese Aufführung für die Sendung auf ARTE aufgezeichnet. Ich bin dankbar, dass dieses Konzert aufgenommen wurde und freue mich darauf, es noch einmal zu genießen.
- Rezension von Dr. Daniel Floyd / Red. DAS OPERNMAGAZIN
- MOZARTEUM SALZBURG
- Titelfoto: Mozarteum/Konzert v. 31.1.23/J. Savall/Foto @ Wolfgang Lienbacher