Im Opernhaus Zürich kommt man in jeder Saison in den Genuss von Liederabenden mit berühmten Sängerinnen und Sängern, welche mit verschiedensten Programmen immer wieder faszinieren. Diese Tradition ist eine wertvolle Ergänzung zum vielseitigen Spielplan dieses Hauses und hat viele treue Besucher. Wo sonst hat man die Gelegenheit, eine Stimme einen ganzen Abend lang zu genießen und alle Facetten der Gesangskunst zu erleben?
Einen ganz besonderen Liederabend boten nun die Sopranistin Krassimira Stoyanowa und Ihre Begleiterin Anneleen Lenaerts an der Harfe. Durch die Erkrankung des Pianisten, welcher das Programm eigentlich hätte begleiten sollen, kam man nun mit dieser sehr seltenen Kombination von Sopran und Harfe zu einem ganz neuen Hörerlebnis. (Rezension des Liederabends vom 5.12.2019)
Bereits bei den vier ersten Liedern von Sergej Rachmaninow, welche in der Originalsprache gesungen wurden, war zu erkennen, dass hier ein außergewöhnlicher Abend zu erleben ist. Krassimira Stoyanowa, welche heute zu den führenden Sopranistinnen zählt, trug diese gefühlsvollen Lieder mit viel Hingabe vor.
Die «Vier letzten Lieder» von Richard Strauss gehören wohl zum berühmtesten Liedgut überhaupt und sind stets eine große Herausforderung für die Sängerin. Normalerweise mit großem Orchester, wurde diese Version nur mit Harfenbegleitung zu einem ganz besonderen Moment. Mit fließender Stimme und sehr emotional wurden diese Meisterwerke vorgetragen. Auch wenn man zwischendurch den Klangkörper des Orchesters etwas vermisste, so ist es doch der hervorragenden Harfenistin gelungen, unglaublich viele Nuancen hervorzuzaubern.
Nach der Pause wurde das Programm mit einer Fantasie über Themen aus der Oper «Eugen Onegin» von Pjotr I. Tschaikowski für Harfe Solo, in einer Bearbeitung von Ekaterina Walter-Kühne, fortgesetzt. Anneleen Lenaerts, die Soloharfenistin der Wiener Philharmoniker und eine weltweit gefragte Solistin, verzauberte mit virtuosem Spiel.
Die Kombination von Opernarien und Harfe Solo in einem Recital darf wohl wirklich als eine Rarität bezeichnet werden. Bereits in Rusalkas «Lied an den Mond» von Antonin Dvorak, welches als erste Arie erklang, erlebte man diese ganz besondere Faszination. Hinreißend gelang dann auch die große Szene der Desdemona aus «Otello» von Giuseppe Verdi. Hier konnte die Sopranistin Ihre herrliche Stimme mit viel Emotion erklingen lassen und der Klang der Harfe passte wunderbar zu dieser intimen Szene.
Mit der Arie «Io son l’umile ancella» aus «Adriana Lecouvreur» von Francesco Cilea und Giuseppe Verdi’s «Pace, pace» aus “La forza del destino, wurde das offizielle Programm beendet. Krassimira Stoyanowa überzeugte mit feinsten Piani und einer elegant fließenden Stimme. Man kann sich nur wünschen, diese große Sängerin bald wieder am Opernhaus Zürich erleben zu dürfen.
Als Zugabe erklang dann das Wiegenlied der Maria aus der Oper «Mazeppa» von Pjotr I. Tschaikowski und bildete einen wunderbaren Abschluss dieses Konzerts.
Dieser Abend wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht Anneleen Lenaerts in relativ kurzer Zeit all diese Harfenfassungen erschaffen und mit Ihrem großartigen Spiel die Herausforderungen einer ganz neuen Begleitung angenommen hätte. Eine tolle Leistung.
Das Publikum liess sich faszinieren und bedankte sich mit großem Applaus.
- Rezension von Marco Stücklin /Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
- Opernhaus Zürich
- Titelfoto: Krassimira Stoyanowa und Anneleen Lenaerts/Liederabend Opernhaus Zürich 5.12.2019/Foto @ Marco Stücklin-DAS OPERNMAGAZIN