„War es Liebe?“ Christian Thielemann und Julia Fischer brillieren mit Beethovens Violinkonzert

Konzert Fischer/Thielemann am 1.11.20/Foto @ Matthias Creutziger

Richard Strauss

Fanfare für Blechbläser und Pauken zur Eröffnung der Musikwoche der Stadt Wien TrV 250

Wiener Philharmoniker Fanfare für Blechblasinstrumente und Pauken TrV 248

Ludwig van Beethoven 

Violinkonzert D-Dur op. 61 

 Robert Schumann

Ouvertüre, Scherzo und Finale E-Dur op. 52                                                            

                                                                           

Christian Thielemann, Dirigent / Julia Fischer, Violine /  Staatskapelle Dresden

(Rezension des Sonderkonzerts vom 1. November 2020)

 

Mit zwei kurzen Fanfaren von Richard Strauss eröffneten die Blechbläser der Staatskapelle Dresden mit strahlend hell und prachtvoll voluminösem Klang, stehend auf der Chorempore des Kulturpalasts, dieses Sonderkonzert unter der Leitung ihres geliebten Kapellmeisters Christian Thielemann. In den letzten Monaten verwöhnte dieser während der Corona-Pandemie sein Dresdner Publikum mit mehreren kurzfristig angesetzten sogenannten Sonderkonzerten, unter anderem mit frühen Beethoven-Sinfonien, Klavierkonzerten oder Strauss-Liedern zum Inhalt. Aufgrund der pandemischen Lage wurde dieses Konzert mit Beethovens Violinkonzert im Mittelpunkt spontan auf Sonntagvormittag, dem Wochenende vor dem „Lockdown light“, vorgezogen. Der langjährige Freund und Partner der Staatskapelle Dresden, der Violinist und Dirigent Nikolaj Szeps-Znaider, musste krankheitsbedingt seine Teilnahme zurückziehen.

Staatskapelle Dresden/ Julia Fischer am 1.11.20/Foto @ Matthias Creutziger

Mit Julia Fischer konnte jedoch eine der renommiertesten Geigenvirtuosinnen der Gegenwart für den Solo-Part gewonnen werden. Bei dieser, ihrer ersten Zusammenarbeit mit Christian Thielemann, sprang der musikalische Funke zwischen beiden sofort über und das Publikum wurde Zeuge einer ganz außergewöhnlichen Spontanität musikalischer Interpretation. Denn nach einem entzückenden Kopfsatz wurde deutlich, dieses Violinkonzert war erfüllt von Liebe!

Die gemeinsame Liebe Julia Fischers und Christian Thielemanns zu Beethovens Komposition, die Liebe zur gegenseitigen Musikalität zwischen Solistin und Dirigent, aber auch sicherlich persönliche Sympathien zueinander spielten eine Rolle; In der Kadenz zum Übergang in den Finalsatz, das Rondo, lächelte Fischer ihren Kapellmeister an, Thielemann zwinkerte zurück, „jetzt zeigen wir es allen“, dachten sie sich und strafften das Tempo im großen Orchestertutti intuitiv zusammen.

Konzert Fischer/Thielemann am 1.11.20/Foto @ Matthias Creutziger

Ein schlagartiges Feuerwerk der Expressivität erklang, Fischer und Thielemann, sie waren an diesem Sonntagvormittag „verliebte Freunde – freundliche Gegner“, um es mit den Worten Richard Strauss‘ zu sagen. Denn Thielemann zeigte sich nicht nur als Orchesterbegleiter, sondern ließ die Soli einzelner Orchestergruppen ebenso prägnant und deutlich erklingen, wie zuvor die Läufe auf der Violine seiner Solistin. Mit offenem Mund und staunend in Hochachtung vor Julia Fischers Virtuosität lauschten einige Streicherinstrumentalist*innen der Staatskapelle ihrer letzten, besonders exaltiert ausgespielten Kadenz. Mit einer spontanen Zugabe von Bach dankte sie dem Publikum und Christian Thielemann saß derweil auf der Bühnenseite bei den Kontrabässen, angeregt hörte er zu.

Zum Konzertabschluss folgte Robert Schumanns „Ouvertüre, Scherzo und Finale E-Dur op. 52“. Dieses leicht verständliche, eingängige Werk, ist dem formellen Charakter einer Sinfonie angelehnt und bewies sich bei heiterem Anklang als ein viertelstündiges Juwel der Konzertliteratur. Sichtlich gut bei Laune interpretierte Christian Thielemann die Partitur Schumanns ähnlich schwungvoll und dynamisch wie zuvor das Violinkonzert von Beethoven.

Konzert Staatskapelle Dresden/C.Thielemann am 1.11.20/Foto @ Matthias Creutziger

Die Musikerinnern und Musiker der Staatskapelle Dresden stimmten mit diesem Konzert keinen traurigen Abgesang auf einen vernebelten November im Lockdown an, vielmehr labten sie ihr Publikum noch ein letztes Mal mit herrlicher Virtuosität und Musikalität. Die Kraft einer Musik frei von Melancholie sollte die Zuhörer durch die schwere Zeit führen. Der Freiheitsgedanke Beethovens und das Vertrauen in die Wissenschaft und Medizin werden das Publikum sicherlich wieder zurück in den Konzertsaal führen. Hoffentlich schon im Dezember diesen Jahres, spätestens aber im kommenden Frühjahr zur zyklischen Aufführung von Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“, ebenfalls unter der Leitung Thielemanns, dann endlich wieder im Graben der Semperoper. Und wenn auch dieser Ring-Zyklus der Pandemie zum Opfer fallen sollte, dann bestünde ja immer noch die Möglichkeit für ein weiteres Sonderkonzert, vielleicht wieder mit Julia Fischer an der Violine…

 

  • Rezension von Phillip Richter / Red. DAS OPERNMAGAZIN
  • Staatskapelle Dresden
  • Titelfoto: Konzert Fischer/Thielemann am 1.11.20/Foto @ Matthias Creutziger
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