Turandot
Dramma lirico in drei Akten von Giacomo Puccini / Libretto von Giuseppe Adami und Renato Simoni nach Carlo Gozzi
Welche Frauenbilder sehen wir in der Oper „Turandot“? Die sich aufopfernde Frau? Die Frau, die den Mann erst wahrnimmt, wenn er sie unter Lebensgefahr „erobert“ hat? Den Helden, der eine Frau unter Lebensgefahr gewinnen muss? Hat man mehr Macht über einen Menschen, wenn man den Namen und die Identität kennt? Und warum erscheinen immer diejenigen mächtiger, die ihren Namen verschweigen?
Prinzessin Turandot ist zuerst eine ziemlich kalte Herrscherin ohne große Skrupel. Sie setzt die Regeln eines lebensgefährlichen Fragespiels: Nur wer die drei Rätsel löst, kann sie zur Frau gewinnen. Wer falsch rät, wird geköpft. Viele Bewerber stellen sich den todbringenden Fragen… Nur der Held aus der Fremde, der namenlose Calaf knackt sowohl die Rätsel als auch den Eispanzer der Prinzessin. Allein hätte er es nicht gekonnt. Das Rätsel löst für ihn Liù, die (für ihn) stirbt.
Drei Fragen an Valentin Schwarz, den Regisseur der Darmstädter TURANDOT-Inszenierung:
Die Vorlage für „Turandot“ war ein exotisches Märchen. Stecken darin Botschaften, die für unsere Gesellschaft auch heute noch Gültigkeit haben?
„Turandot“ gilt als paradigmatische Oper des Exotismus im Fin de siècle, zu einem Zeitpunkt, als im europäischen Künstler- und Bürgertum das Interesse an fernen, fantastischen Welten rasant stieg. Im Zuge der Entzauberung der Welt und der Krise der Moderne sehnte man sich nach schillernden Stoffen fernab des oft allzu pragmatischen Alltags. Mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Orientalistik und der Beschäftigung mit fernöstlicher Kunst kam man mit einem durch Manierismen gefilterten China in Berührung, welches der realen gesellschaftlichen Leere einen idealen Schauplatz zur Weltflucht bot. Gerade Oper, als utopischer Sehnsuchtsort, ist hierfür das prädestinierte Medium. Die Gefahren einer ambivalenten Anziehungskraft des Exotischen liegen in der einhergehenden Abwendung von realen politischen Problemfeldern.
„Turandot“ gilt als paradigmatische Oper des Exotismus im Fin de siècle, zu einem Zeitpunkt, als im europäischen Künstler- und Bürgertum das Interesse an fernen, fantastischen Welten rasant stieg. Im Zuge der Entzauberung der Welt und der Krise der Moderne sehnte man sich nach schillernden Stoffen fernab des oft allzu pragmatischen Alltags. Mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Orientalistik und der Beschäftigung mit fernöstlicher Kunst kam man mit einem durch Manierismen gefilterten China in Berührung, welches der realen gesellschaftlichen Leere einen idealen Schauplatz zur Weltflucht bot. Gerade Oper, als utopischer Sehnsuchtsort, ist hierfür das prädestinierte Medium. Die Gefahren einer ambivalenten Anziehungskraft des Exotischen liegen in der einhergehenden Abwendung von realen politischen Problemfeldern.
In „Turandot“ gelingt es Calaf, die Rätselfragen der Prinzessin zu lösen. Wie sehen Sie die chinesische Prinzessin und den fremden Prinz Calaf als Figuren?
Puccinis märchenhafte Typologisierung gewährt Einblick in ein gestörtes Geschlechterverhältnis: Dem ritualisierten Lieblosigkeitsprinzip und der Grausamkeit von Turandot steht Calaf als enthemmter Übermensch gegenüber. Liebe als ewiges, unlösbares Rätsel führt zur Frage, wie Beziehung, Nähe und Intimität zwischen Hin- und Selbstaufgabe eigentlich entstehen kann.
Puccinis märchenhafte Typologisierung gewährt Einblick in ein gestörtes Geschlechterverhältnis: Dem ritualisierten Lieblosigkeitsprinzip und der Grausamkeit von Turandot steht Calaf als enthemmter Übermensch gegenüber. Liebe als ewiges, unlösbares Rätsel führt zur Frage, wie Beziehung, Nähe und Intimität zwischen Hin- und Selbstaufgabe eigentlich entstehen kann.
Unser Spielzeitmotto lautet „Abschied von den Helden“. Welchen Bezug gibt es für Sie in Ihrer Interpretation?
Die rauschhafte Atmosphäre darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir es in „Turandot“ mit einem Abgesang auf den Heilsbringer-Mythos zu tun haben: Der ‚Held‘ Calaf wirkt wahrlich als Anti-Parsifal, wenn er in bewusster Gedankenlosigkeit für sein persönliches Lustprinzip das Verderben der Gesellschaft in Kauf nimmt. Sein trancehaft-egoistisches „Nessun dorma” bewertet protofaschistisch die Selbstberauschung höher als den Untergang einer Welt, mit nicht absehbaren Folgen.
Die rauschhafte Atmosphäre darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir es in „Turandot“ mit einem Abgesang auf den Heilsbringer-Mythos zu tun haben: Der ‚Held‘ Calaf wirkt wahrlich als Anti-Parsifal, wenn er in bewusster Gedankenlosigkeit für sein persönliches Lustprinzip das Verderben der Gesellschaft in Kauf nimmt. Sein trancehaft-egoistisches „Nessun dorma” bewertet protofaschistisch die Selbstberauschung höher als den Untergang einer Welt, mit nicht absehbaren Folgen.
Die musikalische Leitung hat Giuseppe Finzi. Es spielt das Staatsorchester Darmstadt. Soojin Moon ist als Turandot und Aldo Di Toro als Kalaf zu erleben. Der Staatstheaterchor Darmstadt wird von Sören Eckhoff einstudiert.
Die gesamte Besetzungsliste finden Sie HIER.
DAS OPERNMAGAZIN wird von der Premiere am 31. August im Staatstheater Darmstadt berichten.
* Termine, weitere Infos und Kartenvorverkauf unter DIESEM LINK
* Titelfoto: Staatstheater Darmstadt/ Foto @ Lottermann and Fuentes