Thomas Quasthoff & Friends – eine Jazz-Session in der Kölner Philharmonie macht Lust auf mehr

Blick in den Saal der Kölner Philharmonie / Foto © KölnMusik/Guido Erbring

Mit Standing Ovations nach zwei Zugaben endet nach fast drei Stunden die Jazz-Session von Thomas Quasthoff mit Pe Werner und Band in der ausverkauften Kölner Philharmonie. Musikalisch bietet er besten Jazz mit tollen Soloeinlagen und aufgrund der Moderation Quasthoffs ein Credo für Vielfalt und Toleranz im Sinne von John Lennons „Imagine“. (Rezension des Konzertes vom 27.10.2019)

 

Die Bandbreite geht von der Jazz-Version schlichter Folksongs wie „Danny Boy“ über Pop-Klassiker wie „You can reach me by Railway“ bis zu „Summertime“ aus der Oper „Porgy and Bess“ von George Gershwin. Viele sind zu Tränen gerührt.

Thomas Quasthoff wurde mit einer Contergan-Schädigung geboren und ist als Musiker ein Vorkämpfer der Inklusion, der sich gegen große Widerstände durchgesetzt hat. In der Kölner Philharmonie ist Quasthoff zum 29. Mal Gast. Hier fühlt er sich wohl, und die Bühne hat Wohnzimmer-Charakter mit schwarzem Teppichboden, den Instrumenten in der Mitte und einer Couchgruppe, wo die Akteure Platz nehmen, die gerade nicht gefordert sind. Die schwarz verkleideten Wände ermöglichen Lichteffekte. Er begrüßt sein Publikum mit „You´re so beautiful“ und hat damit schon alle für sich eingenommen.

Thomas Quasthoff & Friends – eine Jazz-Session“ – das ist der bescheidene Titel des Konzerts in der Kölner Philharmonie, mit der eine Serie von Auftritten europaweit beginnt.

Mit dem jungen Pianisten Simon Oslender, dem Gitarristen Bruno Müller und mit dem Freiburger Jazz- Kontrabassisten Dieter Ilg und dem Schlagzeuger Wolfgang Haffner aus dem berühmten Quartett des Posaunisten Simon Mangelsdorff und der kongenialen Pe Werner entsteht in der Kölner Philharmonie mit ihren fast 2.000 Plätzen Jazzclub-Atmosphäre. Abwechslung bringen Duette wie „The Lady is a Tramp“ mit Pe Werner und faszinierende Soli-Riffs der Instrumentalpartner.

Die a capella-Improvisation mit seiner unvergleichlich warmen Bassbariton-Stimme zeigt die unfassbar große Musikalität dieses Künstlers, der in diesem Rahmen Spiritual-Elemente aufgreift, Instrumente und Geräusche nachmacht und nebenher auch noch die Entwicklung des angenehmen Zustands nach mehreren Kölsch beschreibt.

Thomas Quasthoff / Foto ©Harald Hoffmann

Die Stimme ist sein Instrument, mit unglaublich großem Stimmumfang vom tiefen Bass bis zum hohen Bariton, mit großer Dynamik von zartesten Piano bis zum donnernden Ausbruch, mit technischer Perfektion geführt, aber auch mit dem Mut, gewisse „schmutzige“ Effekte, die beim Jazz und Soul dazu gehören, zu wagen.

Mir ist Quasthoff vor allem als Lied- und Oratoriensänger ein Begriff. Opernrollen hat er nur sehr wenige eingespielt oder dargestellt. Der Amfortas in der Wiener Staatsoper 2004 war einer seiner wenigen Bühnenauftritte. Als Lied- und Oratoriensänger hat er allerdings mit den besten Pianisten und Dirigenten und den erlesensten Orchestern zusammengearbeitet und unter anderem mit Thielemann eine CD mit Opernarien eingespielt.

»Es soll nach Jazz klingen und nicht nach Kammersänger«. Diesen Leitsatz hatte sich Thomas Quasthoff auf die Fahnen geschrieben, als er 2007 sein erstes Jazz-Album veröffentlichte, das prompt für einen Grammy nominiert wurde. In jenem Jahr sorgte der Jazz-Crooner Quasthoff aber auch auf einer Welttournee für Begeisterungsstürme: in der New Yorker Carnegie Hall, im Wiener Musikverein und nicht zuletzt in der Kölner Philharmonie. Das Mikrofon verstärkt die Stimme und ermöglicht der kleinen Besetzung, auch große Säle zu füllen. Quasthoffs 60. Geburtstag am 9. November 2019 ist der Anlass für die Tournee in weitere Städte, die in Köln beginnt.

Nach seinem Abschied von der Klassik-Szene 2012 widmet sich Quasthoff dem Jazz und seiner Unterrichtstätigkeit als Professor an der Hochschule für Gesang „Hanns Eisler“ in Berlin.

Die Jazz-Session wird es auch am 15.11.2019 im Festspielhaus Baden Baden geben und am 17.11.2019 im Wiener Konzerthaus.

 

  • Rezension des Konzertes von Ursula Hartlapp-Lindemeyer / RED. DAS OPERNMAGAZIN
  • Homepage Thomas Quasthoff
  • Titelfoto: Thomas Quasthoff / Foto ©Harald Hoffmann

 

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