Es ist ein besonderes Erlebnis und findet nicht oft statt, dass man einen Film auf Großleinwand mit Live-Orchesterbegleitung genießen kann. Das Neue Orchester Basel hat für sein Konzert ein Meisterwerk der Filmgeschichte ausgewählt. MODERN TIMES von Charlie Chaplin. Dass ein solches Konzert ein großes Interesse findet, bestätigte der vollbesetzte Musiksaal. Erfreulicherweise setzte sich das Publikum aus allen Altersgruppen zusammen. (Rezension des Konzerts vom 19. November 2023)
Bevor der Film gezeigt wurde, wandte sich der künstlerische Leiter und Dirigent Christian Knüsel an das Publikum und stellte das erste Werk des Abends vor. Es war das im Jahre 2023 komponierte Konzertstück „Paralipomena“ vom Komponist Adrian Brenneisen, welches aus fünf Miniaturen aus Werken nach Chaplin, Gershwin und Stravinsky besteht. Im Programmheft steht der Satz „Jegliches musikalisches Material entspringt entweder der Chaplin‘schen Filmmusik, Gershwins „Summertime“ oder Stravinskys „Le Sacre du Printemps“. Brenneisen‘s Komposition, besteht aus diesen drei ganz verschiedenen musikalischen Perspektiven, aus welchen er auf unser Leben schaut. Der Versuch diese zum Zusammenklang zu führen ist ihm gelungen, vom Orchester wirkungsvoll interpretiert. Mit der kurzen Filmanimation von Lilian Dolder und Silvia Arbogast zu Beginn des Abends, wurde man mit Humor zum Nachdenken angeregt.
Wie aktuell das Thema Hektik in der Arbeitswelt schon damals und heute mehr denn je ist, zeigt der meisterhafte Film „Modern Times“ von Charlie Chaplin. Da werden die Arbeiter zu immer mehr Leistung angetrieben und vom profitgierigen Betriebsleiter wie Maschinen eingesetzt. Charlie Chaplin amüsiert und begeistert auch heute noch Jung und Alt und stimmt dennoch nachdenklich. Erkennen wir darin nicht uns allen bekannte Umstände auch der Gegenwart? Dann aber auch die berührende Liebesgeschichte zwischen dem dauernd in die skurrilsten Situationen geratenden Arbeiter Charlie und dem Straßenmädchen Paulette. Großartig!
Interessant ist das Charlie Chaplin, Regisseur, Drehbuchautor und Produzent sowie für den Schnitt verantwortlich war und die herrliche Musik selbst komponiert hat. Hier kann man wirklich von einem Gesamtkunstwerk sprechen. Die Ausnahme in diesem großartigen Stummfilm bildet die Untermalung mit Maschinen- und Körpergeräuschen und Befehlen des Betriebsleiters und einem unverständlich gesungenen Lied.
Es wird bis heute nur ausgewählten Orchestern und Dirigenten gestattet, diese Musik Live in einem Konzertsaal erklingen zu lassen und somit ist es für das Neue Orchester Basel und seinen Dirigenten Christian Knüsel eine ganz besondere Ehre zu diesen gehören zu dürfen. Mit absolut synchroner Präzision zwischen Bild und Ton wurde während der fast 90-minütigen Dauer ein Hör- und Sehgenuss auf höchstem Niveau geboten und man kann nur hoffen, bald wieder das Vergnügen zu haben, eine solche Aufführung erleben zu können. Gratulation dem Orchester und dem Dirigenten zu dieser Leistung.
Der Applaus und die vielen zufriedenen Gesichtern am Ende des Konzerts bewiesen, dass das Publikum der selben Meinung war.
Das Saisonprogramm findet man unter www.neuesorchesterbasel.ch
- Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
- Titelfoto @ Daniele Caminiti