»Il viaggio a Reims« im Salzburger Landestheater

Salzburger Landestheater/ Il viaggio a Reims/Ensemble/Foto © SLT / Tobias Witzgall

Uraufgeführt am 19. Juni 1825 am Théâtre-Italien in Paris wurde »Il viaggio a Reims, ossia L’albergo del giglio d’oro«, ein „Dramma giocoso“ in einem Akt und zwei Bildern, von Gioachino Rossini nach einem Libretto von Giuseppe Luigi Balochi als Gelegenheitsstück für die Krönung des französischen Königs Karls X. konzipiert. Nach drei ausverkauften Aufführungen zog Rossini das Werk zurück und verwendete einen großen Teil der Partitur für die zweiaktige komische Oper »Le comte Ory« (1828), sein vorletztes Bühnenwerk. Das Werk, das eigentlich eine handlungslose szenische Kantate ist, galt nach dem Tod des Komponisten als verschollen, bis das Manuskript in den 1970er Jahren im Conservatorio di Santa Cecilia in Rom wiederentdeckt wurde. Erst 1984 wurde die Oper beim Rossini Opera Festival Pesaro unter der Leitung von Claudio Abbado in der Gegenwart aufgeführt. (Rezension der Vorstellung v. 22.11.2024)

 

Die Handlung spielt im Madama Corteses „Hotel zur goldenen Lilie“ in Plombières-les-Bains, wo eine Gruppe Gäste gestrandet ist, weil es an Pferden fehlt, um die Reise zur Krönung von Karl X. in Reims fortzusetzen. Die Ungewissheit und das Warten ermöglichen es den 14 nahezu gleichberechtigten Hauptrollen, bestehend aus drei Sopranen, einem Alt, zwei Tenören und vier Baritonen und Bässen, sich zu begegnen und sich mit originellen, virtuosen Arien zu profilieren.

Die Inszenierung des Regisseurs Andrea Bernard, die ich im Salzburger Landestheater gesehen habe, lässt den Schauplatz in einem von Alberto Beltrame entworfenen Flughafen mit einer gläsernen Abflughalle mit Abfertigungsschaltern und Rolltreppen auf einer Drehbühne sowie einer Fluggesellschaft, der „Goldenen Lilie“, in von Elena Beccaro entworfenen Kostümen entstehen. Das Regiekonzept könnte mit Chaos auf dem Flughafen, fehlendem Gepäck, Liebesgeschichten und einer schweigenden Flugbesatzung, pantomimisch dargestellt vom Bewegungschor, zusammengefasst werden. Da alle Flüge gestrichen sind, kann die Weiterreise zu den Krönungsfeierlichkeiten in Reims nicht stattfinden. Alle Intrigen zwischen den Figuren spielen sich an verschiedenen Orten des Flughafens ab, vom Check-in über die Passkontrolle bis hin zu den Wartebereichen. Im Schlusschor ziehen die Singenden ihre Oberbekleidung aus (zu verdeutlichen, dass es heute keinen französischen Monarchen mehr gibt?).

Salzburger Landestheater/Il viaggio a Reims – Anita Giovanna Rosati, Hyunduk Kim/Foto © SLT / Tobias Witzgall

Madama Corinna, die zunächst vom Bühnenrand aus zu hören war, bevor sie erschien, war eine Außenseiterin unter den rastlos gestrandeten Reisenden. Anita Giovanna Rosati, eine ideale Besetzung, bewältigte die glanzvollen Koloraturen in der von der Solo-Harfe begleiteten Arie „All’ombra amena“ in der letzten Szene, die sie von der linken Orchesterloge aus sang. Die Koloratursopranistin Amber Norelai war eine witzige, liebenswerte Madame Cortese, die ihre Arie „Di vaghi raggi adorno“ am Anfang der Oper mit erstaunlicher Virtuosität und Leidenschaft sang. Die überaus souveräne Sopranistin Nicola Lubinger stellte die modebegeisterte Contessa Folleville so dar, als würde sie an einem fehlenden Gepäckstück fast sterben („Ahimè! sta in gran pericolo“ – „Il mio male capir voi non potete“). Als Marchesa Melibea war die Mezzosopranistin Katie Coventry amüsant und einnehmend.

Salzburger Landestheater/ Il viaggio a Reims/ George Humphreys/Foto © SLT / Tobias Witzgall

Der Bariton Pasquale Greco war ein witziger Barone di Trombonok, ein deutscher Major und Musikfanatiker. Der lyrische Tenor Hyunduk Kim war Belfiore, ein junger französischer Offizier. Der hohe Tenor Theodore Browne war Conte Libenskof, ein russischer General, der in die Marchesa Melibea verliebt ist. Der Bass George Humphreys verkörperte ein empfindsamer Lord Sidney, einen englischen Oberst, der heimlich in Corinna verliebt ist. Daniele Macciantelli, ein Bass, spielte Don Profondo, einen Literaten, und trug seine Arie „Medaglie incomparabili“ über die einzelnen nationalen Typen mit dem nötigen Humor und stimmlicher Nuancierung vor. Der Bariton Yevheniy Kapitula war Don Alvaro, ein in Marchesa Melibea verliebter spanischer Admiral. Die Nebenrollen wurden von Michael Schober (Don Prudenzio), Alexander Hüttner (Don Luigino/Zeffirino), Mona Akinola (Delia / Maddalena), Kay Heles (Modestina) und Željko Zaplatić (Antonio) übernommen.

Unter der Leitung von Carlo Benedetto Cimento hat sich das Mozarteumorchester Salzburg mit frischem Tempo und Rhythmus eingesetzt. Das Publikum im vollbesetzten Landestheater lachte während der Aufführung immer wieder und reagierte mit großem Jubel auf das Finale.

  • Rezension von Dr. Daniel Floyd / Red. DAS OPERMAGAZIN
  • Landestheater Salzburg / Stückeseite
  • Titelfoto: Salzburger Landestheater/ Il viaggio a Reims/ Theodore Browne, Katie Coventry/Foto © SLT / Tobias Witzgall
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