
Das Amsterdam Baroque Orchestra & Choir unter der Leitung von Ton Koopman hat das Bachfest Leipzig am 22. Juni 2025 mit einer meisterhaften Aufführung von Johann Sebastian Bachs h-Moll-Messe, BWV 232, abgeschlossen. Bachs Vertonung des vollständigen lateinischen Textes des Ordinarium missae, die er 1748 und 1749 in die endgültige Gestalt brachte, gliedert sich in vier nummerierte Teile: 1. Missa, 2. Symbolum Nicenum, 3. Sanctus, and 4. Osanna, Benedictus, Agnus Dei, Dona nobis pacem. Das Werk ist für fünf Vokalsoli (zwei Soprane, Alt, Tenor und Bass), Chor und Orchester vorgesehen. Bei dieser Aufführung war nur eine Sopranistin zu hören, wobei der Alt (Countertenor) den Part des anderen Soprans in den Duetten übernahm.
In den Duetten des Kyrie, „Christe eleison“, und des Credo, „Et in unum Dominum“, ergänzten sich die ausdrucksstarken Stimmen der Sopranistin Hana Blažíková und des Countertenors Maarten Engeltjes harmonisch mit klarer Diktion. Blažíková war die Sopranistin II in der Aufführung dieses Werks beim Abschlusskonzert des Bachfestes 2024, das ich für Das Opernmagazin rezensiert habe. Die Sopranarie „Laudamus te“ im Gloria wird von einer Violine begleitet und von Blažíková mit süßer, leidenschaftlicher Stimme vorgetragen. In der Altarie des Gloria, „Qui sedes ad dexteram Patris“, verband sich Engeltjes’ sanftes Timbre mit dem bezaubernden Oboe d’amore-Obligato.
Das Duett im Gloria, „Domine Deus“, mit Blažíková und dem Tenor Tilman Lichdi wurde durch die Flötenbegleitung bereichert. In seiner Arie „Benedictus“ mit entzückender obligater Flöten- und Orgelstimme trug Lichdi den Text mit Zuversicht vor. Der Bass Klaus Mertens beherrschte die tiefe Tessitura in der Arie „Quoniam tu solus sanctus“ aus dem Gloria, begleitet von den obligaten Horn- und Fagottstimmen. In der von Oboe d’amore begleiteten Arie des Credo, „Et in Spiritum sanctum Dominum“, war Mertens’ Ton einfühlsam.

Koopman entlockte dem Amsterdam Baroque Orchestra & Choir einen vitalen, glühenden Klang, der seine frische, durchdachte Interpretation beförderte. Der Chor hat vor allem in der schwungvollen Eröffnung des Gloria, dem freudigen und feierlichen „Cum Sancto Spiritu“, in dem die fugierten Passagen rein und aufregend waren, und dem Freudenausbruch in „Et resurrexit“ aus dem Credo, temperamentvoll gesungen.
Es ist vorzuziehen, Bachs Plan zu folgen, zwei Sopranistinnen einzusetzen, um diesem Register mehr Abwechslung zu verleihen. Besonders das erste Duett, „Christe eleison“, klingt überzeugender mit zwei Sopranstimmen, anstatt einer Sopranistin und einer Altistin. Diese Aufführung hat den gegenwärtigen Normen in Bezug auf flotte Tempi, kleines Orchester mit historischen Instrumenten und Chor entsprochen. Koopman konnte durch seine Platzierung von Akzenten und Tempi, die der Bedeutung der Texte unterstrich, eine persönliche Stimme verleihen: Er wählte gemächliche, aber nicht schleppende Tempi im Eingangschor, „Kyrie eleison“, und im „Crucifixus“.
Durch die hallende Akustik der Thomaskirche gehen einige musikalische Feinheiten verloren, insbesondere in den Chorsätzen, in denen der Instrumentierungen nicht deutlich hörbar waren. Inwieweit die heutige Akustik dem ähnelt, was Bach und seine Zeitgenossen gehört haben, lässt sich wohl kaum feststellen: Durch bauliche Veränderungen hat sich die Kirche optisch und wahrscheinlich auch akustisch verändert. Eine kurze Einführung in die Baugeschichte befindet sich auf der Webseite der Thomaskirche. Ansonsten war es eine äußerst gelungene Aufführung, die mir und den übrigen Zuhörende in der vollbesetzten Thomaskirche gefallen hat, wie der Applaus nach den Schlusstönen des „Dona nobis pacem“ bewies.
- Rezension von Dr. Daniel Floyd / Red. DAS OPERNMAGAZIN
- Bachfest Leipzig 2025
- Titelfoto: Bachfest 2025/Abschlusskonzert/ Amsterdam Baroque Orchestra & Choir, Ton Koopman/Foto: Bach-Archiv Leipzig/Gert Mothes