„I PURITANI“ in Topbesetzung am LICEU in Barcelona

Innenraum Gran Teatre del Liceu / Foto @ Antoni Bofill / 

Draußen vor dem Opernhaus wartet man auf den vorhergesagten schweren Sturm mit Starkregen. Eine schwarze Wolkenwand liegt über der Stadt. Drinnen im LICEU singen die „Puritani“. Dies ist – zur Spielzeiteröffnung – eine Übernahme von der Welsh National Opera aus Cardiff, eine Inszenierung der irisch-britischen Regisseurin Annilese Miskimmon . Die Hauptrollen singen der mexikanische Tenor Javier Camarena (Arturo) und die südafrikanische Sopranistin Pretty Yende (Elvira). Der polnische Bariton Mariusz Kwiecien singt den Riccardo. Es ist ausverkauft, was sonst! (Rezension der besuchten Vorstellung v. 14.10.2018 im Gran Teatre del Liceu Barcelona)

 

Bevor sich der Vorhang öffnet, wird Text eingeblendet, der etwas zum Nordirland-Konflikt in den 70er-Jahren sagt – mit diesem zeitlichen Kontext beginnt die Inszenierung, und in diesem Zeitfenster wird sie enden. Dazwischen spielt sie im 17. Jahrhundert, wie in der Handlung der Oper vorgesehen, in der Zeit des englischen Bürgerkriegs. Eine gute, nicht aufdringliche Mischung, wie sich bald herausstellen wird. Die Bühne ist leer, der nach oben offene Raum sieht aus wie ein Bühnenbild von Anna Viebrock in einer Marthaler-Inszenierung (inklusive klassischer Marthaler-Gegenstände wie alte Heizkörper, Plastikstühle, Klavier an der Wand). Wo der Link zwischen Anna Viebrock und Leslie Travers, der das Bühnenbild für I PURITANI entworfen hatte, sein könnte, läßt sich auf die Schnelle nicht recherchieren. Das Bühnenbild hat den Vorteil, dass es zu den zwei Zeitebenen der Inszenierung passt. Weite Teile der Aufführung könnte man durchaus als halb konzertant in Kostümen bezeichnen. Und das passt für diese Bellini-Oper – eine allzu deutlich dargestellte Handlung würde die wunderschöne Musik stören; sie steht im Mittelpunkt, ohne Wenn und Aber. Der Chor füllt den Raum, die Sänger stehen davor – so sieht es vielfach aus. Wie gut, dass hier nicht wirklich eine stoffliche Aktualisierung des Werks stattgefunden hat. Am Ende der Arien wird es meist richtig laut: wie immer an südlichen Opernhäusern wird kräftig in die ausklingende Musik hineingeklatscht. Das wird man hier nicht mehr ändern. 

Foto @ J. Fromholzer / Red. DAS OPERNMAGAZIN

Javier Camarena, der schon als Rossini-Sänger große Erfolge feierte und den Arturo auch in Madrid gesungen hatte (davon gibt es eine DVD) und Pretty Yende (die zu den besten Belcanto-Sängerinnen ihrer Generation gehört) werden vom Publikum in Barcelona so stark gefeiert, mit langem Szenenapplaus und Da Capo – Forderungen, dass die Vorstellung ca. eine halbe Stunde später als angekündigt, endet. Leider geht der souveräne Dirigent, Christopher Franklin, nicht auf die Wiederholungswünsche ein; im 3. Akt will das Publikum fast 10 Minuten lang, die Wiederholung des Duetts „Vieni fra queste braccia“ erzwingen, scheitert aber. Schade! Schade! 

Javier Camarena und Pretty Yende sind Idealbesetzungen in diesen Rollen, da beide den für Bellini notwendigen Schwermut in der Stimme haben; Technik alleine ist für dieses dunkle, melodienreiche Abschiedswerk zu wenig. Man könnte noch stundenlang weiter zuhören. Pretty Yende singt eine längere Partie aus den „I Puritani“ auf ihrem ersten Album (bei Sony Music erschienen). Mit den beiden wäre eine Gesamtaufnahme dieser Oper natürlich wünschenswert. Am Ende ganz großer Applaus für alle, ein Trampeln und Johlen auch. Und draußen auf den „Ramblas“ tobt mittlerweile der angekündigte Sturm.

 

  • Rezension von Josef Fromholzer
  • Weitere Infos und Termine unter DIESEM LINK
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