Der Regisseur Ruben Michael im Gespräch mit dem OPERNMAGAZIN

Paula Niehoff u. Ruben Michael

Ich schaue mir ein Stück an, sehe die Stärken und Schwächen, die darin enthalten sind und versuche dann, diese jeweils herauszuarbeiten.“, sagt mir Ruben Michael auf meine Frage, wie er Opern inszeniert und wie er zur vieldiskutierten Frage steht, ob das Regietheater mitunter zu modern oder gar zu Publikumsfern ist. Das er die Regie dabei unabhängig vom späteren Bühnenbild und der Kostüme andenkt, macht seine Aussage sehr interessant und relativiert so manche vorschnelle Meinung, dass Oper am Werk vorbei inszeniert worden wäre. Letztlich geht es ihm um die Aussage eines Stückes und dessen Transport zum Publikum. Dies kann der junge Regisseur erneut unter Beweis stellen, wenn am 25.10.20 in Detmold seine nächste Produktion Premiere haben wird. Ruben Michael inszeniert das Melodram MEDEA von Jiří Antonín Benda, welches 1775 in Leipzig uraufgeführt wurde und als eines der besten Werke des tschechischen Komponisten gilt.

 

Opern sind öde und was für Spießer? – Pustekuchen!

Ruben Michael bezeichnet sich selbst als Regie-Autodidakt. Schon als Kind habe ihn die Oper so sehr fasziniert, sagt mir der 19-jährige in Bonn lebende Künstler im Gespräch, dass er bereits im Alter von 11 Jahren das erste Mal selbst auf der Bühne stand. „Es war im Landestheater Detmold. Ich spielte einen kleinen rosa Dackel in Hänsel und Gretel und war damals im Kinderchor.“ Darüber ist er längst hinweg. Bald steht für ihn wieder die Humperdinck-Oper auf dem Terminplan: diesmal als Regieassistent am Bonner Opernhaus. Dort ist er in dieser Position seit Juni 2019 engagiert. Unter anderem hat er dort an den Produktionen des vielbeachteten FIDELIO mitgewirkt, wie auch bei der letzten Inszenierung der Bonner Oper, Kagels „STAATSTHEATER“. Von beiden hat DAS OPERNMAGAZIN berichtet.

Ruben Michael

Seine Eltern, beide als Lehrer tätig, haben ihrem Sohn Ruben die Möglichkeit zur künstlerischen Entfaltung schon früh gegeben, wie er mir im Gespräch erzählte. Dabei war keinesfalls der Fokus auf das Musiktheater gelegt, aber letztlich hat es sich für ihn so ergeben. Hinzu kommt, dass er bereits ab der ersten Schulklasse das Cellospielen erlernte und ihm damit der Zugang zur klassischen Musik früh eröffnet wurde. Aber es ist die Regie, die ihn schon im Kindesalter reizt. Seine ersten Erfahrungen auf diesem Gebiet machte er mit einem selbstgebastelten Theater, in dem er mit Playmobil-Figuren Opern wie OTELLO oder auch DIE ZAUBERFLÖTE nachspielte. Aus dieser Zeit stammt vermutlich auch der zitierte Satz von ihm, dass Opern alles andere als „öde und was für Spießer“ sind.

Mit 15 Jahren folgte dann bereits die erste eigene Opernproduktion des gebürtigen Paderborners, Mozarts BASTIEN UND BASTIENNE, welche er im Detmolder Cafe Gothland aufführte. 2017 – Ein Jahr später, mit 16, folgte dann Bernsteins TROUBLE IN TAHITI, welches auch wieder die Fachpresse auf den jungen Regisseur aufmerksam werden liess. 2018 dann die Premiere von TAGEBUCH DER ANNE FRANK (Monooper von Grigori Frid) das bisher letzte Projekt von Michael und seiner Kammeroper Detmold. Interessant hierbei zu erwähnen ist, dass die von Ruben Michael gegründete Kammeroper Detmold schon seit 2012 besteht. Da war Michael erst 12 Jahre alt. Mittlerweile ist diese Kammeroper ihrer ursprünglichen „Kammer“ entwachsen und nun eine Institution geworden, die nicht nur im Detmolder Raum Bekanntheit geniesst. Die Kammeroper Detmold setzt sich u.a. aus Studenten der Hochschule für Musik Detmold zusammen.

 

MEDEA – Rache, gerechter Zorn, moralische Rache, Todvergeltung

MEDEA (Plakat)

Und in diesem Monat steht die vierte Produktion von Ruben Michaels KAMMEROPER auf dem Programm: MEDEA. Eine Koproduktion mit dem Detmolder Kammerorchester. Diese anstehende Premiere war auch der Anstoss für das Gespräch mit Ruben Michael.

Warum MEDEA, fragte ich ihn, und wo er mit diesem Stück Bezüge in die heutige Zeit sieht. „Das vorherrschende Thema des MEDEA-Stoffes ist Rache. Rache in all ihren Dimensionen, alltägliche Rache für Kränkungen, als Ausgleich für Erlittenes. Rache kann sowohl im Kleinen, im Persönlichen erfolgen aber auch im Großen, wie der Politik. Bei Medea geht es hin bis zur Kindstötung.“ Jiří  Bendas MEDEA ist als Melodram komponiert worden. Also einem Werk das Orchestermusik und gesprochene Texte verwendet um das Geschehen auf der Bühne zu begleiten. Das Stück dauert circa 50 Minuten und wird in der Detmolder Inszenierung mit nur einer Darstellerin besetzt sein. Im Original gibt es noch einige wenige Nebenpartien, die aber auch aufgrund der besonderen Corona-Bestimmungen, denen die Theater unterliegen, in Michaels Regie gestrichen wurden. Die Tänzerin Paula Niehoff wird die Titel- und einzige Rolle des Abends mit einer außergewöhnlichen Mischung aus Tanz, Schauspiel und Oper verkörpern. Wir dürfen gespannt sein.

 

MEDEA im Hangar 21 – Coronakonform

MEDEA (Paula Niehoff)

Die KAMMEROPER DETMOLD ist eine Einrichtung ohne ein festes Haus und damit flexibel für Gastspiele an verschiedenen Orten. Ruben Michaels MEDEA wird daher im Detmolder Hangar 21 aufgeführt, einer ehemaligen Flugzeughalle großen Ausmaßes, welche ideale Voraussetzungen bietet, „Coronakonforme“ Vorstellungen zu ermöglichen. Jeweils bis zu 100 Zuschauer sind für die beiden (bisher) vorgesehen Aufführungen am 25.10. (16.30 + 19.00 Uhr) unter den aktuellen Bestimmungen zugelassen. Das Bühnenbild, eine Form von Laufsteg, wird mittig durch das Publikum verlaufen, und so eine räumliche Teilung des Publikums vornehmen. „Regie unter Coronabestimmungen ist schon eine besondere Form der Herausforderung“, beschreibt mir Michael, als wir über das erforderliche Sicherheitskonzept sprachen, mit denen Theater derzeit konfrontiert sind um überhaupt wieder spielen zu können.

Zunächst sind zwei Vorstellungen der Detmolder MEDEA angesetzt.

Ruben Michael

Ob es mehr werden, wird auch davon abhängen, wie das Stück vom Publikum und der Öffentlichkeit angenommen wird. Der Aufwand, auch der finanzielle, für ein solches musikalisches Projekt ist groß und die Coronabestimmungen legen den Veranstaltern und Künstlern weitere imaginäre Fesseln an. Aber nach dem Gespräch mit dem jungen Opernregisseur bin ich überzeugt, dass es sich unbedingt lohnen wird, diesem selten gespielten Werk Beachtung zu schenken. Die Begeisterung, aber auch das Wissen um den tieferen Sinn des Stücks, die Ruben Michael im Gespräch vermittelt, ist bemerkenswert.

DAS OPERNMAGAZIN freut sich am 25. Oktober in Detmold dabei zu sein und wird berichten.

Ich danke Ruben Michael für das Gespräch und wünsche ihm viel Erfolg mit „seiner“ MEDEA und für seine weitere Karriere als Regisseur alles Gute.

  

 

 

 

 

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