
Dieses Jahr konnte das Bürgenstock Festival sein 10-jähriges Jubiläum feiern. Finden im Winter die Konzerte im kleinen Rahmen in der Villa Honegg statt, sowie auch ein Konzert im Kaufleuten Klub in Zürich, so sind es im Sommer die ganz intimen Konzerte in der idyllisch gelegenen kleinen Kapelle auf dem Bürgenstock, wo vor nur jeweils ca. 70 Personen gespielt wird. Dort erlebt man nebst dem musikalisch exquisiten Genuss auch eine traumhaft schöne Aussicht über den Vierwaldstättersee bis Luzern und darüber hinaus. Es ist sehr beeindruckend zu beobachten, wie sich das Festival im Laufe dieses Zeitraums entwickelt hat und was für bedeutende Künstlerpersönlichkeiten sich für die außergewöhnliche Idee eines Konzerts im quasi familiären Rahmen begeistern ließen. (Rezension des Konzerts vom 03. Juni 2023)
Im Jubiläumsjahr gab es ein weiteres Konzert im Kaufleuten Klub Zürich und wie bereits in den vergangenen Jahren, war auch dieses wieder mit vielen Fans dieser Konzerte bestens besetzt.

Dass sich immer wieder große Namen für die Teilnahme gewinnen ließen, ist vor allem das Verdienst des Klarinettisten und künstlerischen Leiters des Festivals, Andreas Ottensamer und des Pianisten José Gallardo. Sie sind seit Anbeginn mit viel Herzblut dabei und verfügen über gute Beziehungen. Sie sind es auch, die immer wieder spannende Programme gestalten. Wie immer, schaffte es Andreas Ottensamer auch diesmal wieder, das Publikum mit seiner Moderation humorvoll und locker zu unterhalten und die Künstler vorzustellen.
Mit einem kurzen Satz aus der „Pocket-Size Sonata Nr. 2“ für Klavier und Klarinette von Alec Templeton wurde der erste Teil des Programms eröffnet. Andreas Ottensamer und José Gallardo spielten dieses fröhliche Stück.

Was für einen Ruf dieses Festival genießt, zeigte sich an der Teilnahme von Rolando Villazón, der ja gewöhnlich nur in großen Sälen auftritt. Mit den von ihm ausgewählten zwei Songs von Kurt Weill zu den Texten von Walt Whitman aus „“Four Whitman Songs“, „Oh Captain! My Captain“ und „Dirge For Two Veterans“ zeigte er sich von der ernsten Seite und erwähnte in einer kurzen Anmoderation, wie wichtig gerade in den heutigen Zeiten die Sprache der Musik ist, welche alle Menschen verbindet. Mit viel Ausdruck wurden diese beiden Songs von Villazón vorgetragen.

Mit der jungen Cellistin Julia Hagen lernte man eine außerordentlich sympathische Musikerin kennen. Sie erzählte von Ihrem Besuch in der Rachmaninow Villa, wo sie besondere Inspiration gefunden habe. Zusammen mit José Gallardo spielte sie die „Cello Sonata g-Moll, op.19“ für Cello und Klavier. Es erklangen zwei Sätze und diese wurden mit solcher Innigkeit gespielt, dass man sofort verzaubert war vom Spiel und der Virtuosität und auch von der Ausstrahlung der Solistin. Erwähnenswert ist ihr herrliches Instrument von Francesco Ruggieri aus dem Jahre 1684. Mit José Gallardo als Partner, wurde diese Darbietung zu einem Highlight des Programms.
Den zweiten Teil eröffnete Rolando Villazón mit einem populären argentinischen Lied „La rosa y el sauce“, begleitet von Julia Hagen, Andreas Ottensamer und José Gallardo. Hier war Villazón ganz in seinem Element und konnte mit viel Emotion dieses traurige Lied interpretieren.
Es folgte der letzte Satz aus dem „Trio-a-Moll, op. 114“ für Klarinette, Cello und Klavier von Johannes Brahms. Gerade bei einem solchen Werk, wo das harmonische Zusammenspiel die Qualität bestimmt, war die Verbundenheit der drei Musiker besonders deutlich zu verspüren. Im wahrsten Sinne des Wortes spielten da echte Freunde zusammen. Herrlich.

Giuseppe Verdi hat einige Lieder für Klavier und Gesang komponiert und zwei davon wurden von Rolando Villazón dargeboten. Als erstes erklang „Non t‘accostare all‘urna“ gefolgt von „Il poveretto“. Mit diesen beiden Liedern zeigte sich die grosse Interpretationskunst des Sängers. So beim besinnlicheren ersten Lied und besonders im zweiten, welches mit einem leichten Schalk vorgetragen wurde. Als erste Zugabe sang Villazón „Se equivoco la paloma“, ein argentinisches Volkslied von Carlos Guastavino. Mit „Brindisi“, einem weiteren Lied von Giuseppe Verdi, vorgetragen von allen vier Solisten gemeinsam, wurde es fröhlich und als Dank für den großen Applaus wurde mit „La Vicina“ noch eine dritte Zugabe dargeboten, ein mexikanisches Lied, welches die Künstler spontan einstudiert haben.
Da gute Freundschaften ein Leben lang halten, darf man guter Dinge sein, dass man auch zukünftig in den Genuss weiterer Konzerte im außergewöhnlichen Rahmen des Bürgenstock Festivals erleben wird. An dieser Stelle geht ein großer Dank an die Familie Frey, welche mit Ihrer Idee und ihrem maßgeblichen persönlichen Beitrag immer wieder dieses reizvolle Projekt ermöglicht und damit etwas ganz Einmaliges geschaffen haben.
- Rezension von Marco Stücklin /Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
- Bürgenstock-Festival
- Titelfoto: Bürgenstock-Festival 2023/ Foto @ michaelschmid.photo