Bachfest Leipzig 2025: Kantaten zum Sonntag Jubilate in der Nikolaikirche

Bachfest 2025/ Constellation Choir and Orchestra/Foto: Bach-Archiv Leipzig/Gert Mothes

Die drei Kantaten auf dem Programm des Bachfest Leipzig Konzerts des Constellation Choir and Orchestra unter der Leitung von John Eliot Gardiner am 13. Juni 2025 in der Nikolaikirche wurden von Johann Sebastian Bach für Sonntage Jubilate komponiert. In allen drei Kantaten kontrastiert Bach in unterschiedlichem Maße düstere, trübsinnige Texte mit Musik, die zuweilen Hoffnung und sogar vorsichtige Lebensfreude andeutet.

 

Das Konzert begann mit der Kantate Ihr werdet weinen und heulen, BWV 103, (1725), die mit einem freudig klingenden Fugalchor beginnt, der im Widerspruch zu den Stimmungen des Textes steht, so dass Freude und Trauer kontrastiert werden. Gardiner führte seine Musizierende zu einer eindrucksvollen Interpretation dieses einfallsreichen Satzes, insbesondere im Hinblick auf die Besetzung, in der eine Sopranblockflöte im Vordergrund steht. Die Tenorarie „Erholet euch, betrübte Sinnen“ versinnbildlicht die Erlangung des Glücks.

Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen, BWV 12, ist eine Weimarer Kantate aus dem Jahr 1714, die mit einer herzzerreißenden, meditativen Sinfonie beginnt, die von einer Oboe geleitet wird und in den Choral „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ übergeht, den Bach später in das Crucifixus der h-Moll-Messe, BWV 232, umwandelte. Dieser Chor wurde mit großem Empfinden und exemplarischer Kontrolle ausgeführt. Das Tempo beschleunigte sich im kontrapunktischen Mittelteil. Der Countertenor Alexander Chance war bei seinem Rezitativ und seiner Arie in Topform. Der Bass-Bariton Florian Störtz hat die kurze Arie „Ich folge Christo nach“ temperamentvoll vorgetragen. Der Tenor Thomas Hobbs war in der musikalisch und gefühlsmäßig belastenden Arie „Sei getreu, alle Pein“, die von einem sanften Trompetenchoral verziert wird, prächtig gestimmt. Abgerundet durch einen emotional ergreifenden Choral war dies eine hervorragende Aufführung dieser tiefgründigen Kantate.

Bachfest 2025/ Sir John Eliot Gardiner, Constellation Choir and Orchestra/Foto: Bach-Archiv Leipzig/Gert Mothes

Das fast 40-minütige Wir müssen durch viel Trübsal, BWV 146, (1726?) übernimmt die ersten beiden Sätze des d-Moll-Cembalokonzerts, BWV 1052, das für die Orgel angepasst wurde, als die ersten beiden Sätze dieser Kantate. Nach der Sinfonia verwandelt ein vierstimmiger Chor den langsamen Satz des Konzerts in eine anhaltende, intensive Meditation. Die folgende Altarie wurde von Chance zur Begleitung eines strahlenden Violinobligat gesungen. Die Sopranistin Marie Luise Werneburg war mit dem dramatischen Rezitativ „Ach! wer doch schon im Himmel wär!“ und der gefühlvollen Arie „Ich säe meine Zähren“ vertreten. Diese Aufführung wurde mit dem munteren Tenor- und Bassduett „Wie will ich mich freuen, wie will ich mich laben“ fortgesetzt, gesungen von Hobbs und Störtz. Der Schlusschor, der mit makelloser Ausdrucksweise vorgetragen wurde, bildete den Abschluss eines gelungenen Konzertes.

In interpretatorischer Hinsicht haben sich Gardiners Lesarten seit seiner „Bach Pilgrimage“ im Jahr 2000, die alle überlieferten Kantaten, die Bach zugeschrieben werden können, umfasste, kaum oder nicht verändert. Bei seinen Aufführungen von Bach-Kantaten hat Gardiner stets historische Instrumente mit kleinen Chören und Solisten von Erwachsenen anstelle von Knabenchören kombiniert. Diese Praxis geht auf das Paradoxon der Aufführung historischer Musik für ein heutiges Publikum ein: Die Instrumente aus Bachs Zeit lassen die Textur erahnen, die im frühen 18. Jahrhundert zu hören gewesen sein könnte, während die Gesangsbesetzungen die Realität widerspiegeln, dass die Art und Weise, wie wir diese Musik heute hören, wenig oder nichts mit dem übereinstimmt, was das ursprüngliche Publikum empfand. Das Format dieses Konzerts (drei Kantaten, die nacheinander innerhalb von 90 Minuten ohne Predigt aufgeführt werden) unterscheidet sich von dem, wie Bach sie präsentierte: eine pro Woche, normalerweise sonntags im Rahmen des Gottesdienstes.

 

  • Rezension von Dr. Daniel Floyd / Red. DAS OPERNMAGAZIN
  • Bachfest Leipzig 2025
  • Titelfoto: Bachfest 2025/ Sir John Eliot Gardiner, Constellation Choir and Orchestra/Foto: Bach-Archiv Leipzig/Gert Mothes
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