
Am 14. Juni 2025 haben das Constellation Choir and Orchestra unter der Leitung von John Eliot Gardiner vier Kantaten aufgeführt, die Johann Sebastian Bach für den 16. Sonntag nach Trinitatis komponiert hat. Das Konzert fand in der Leipziger Thomaskirche statt, wo Bach von 1723 bis zu seinem Tod im Jahr 1750 Kantor war. Die gesungenen Texte dieser Kantaten sind thematisch miteinander verbunden, indem sie den Tod als das unausweichliche Ende des irdischen Lebens mit dem Trost des Eintritts der Seele in ein besseres Leben nach dem Tod akzeptieren. Dies war das zweite Konzert, das Gardiner während des Bachfestes Leipzig 2025 leitete. Über das erste, das am 13. Juni in der Nikolaikirche erfolgte, habe ich bereits für Das Opernmagazin rezensiert.
Die erste Kantate in diesem Konzert war Liebster Gott, wenn werd ich sterben, BWV 8.1, die am 24. September 1724 in der Nikolaikirche uraufgeführt wurde. Der Text handelt vom Tod, wobei zunächst die Angst vor dem Unbekannten im Mittelpunkt steht, das durch den Gedanken an das ewige Leben überwunden wird. Der Eingangschor enthält ein Duett für Oboi d’amore, das mit hoher Flöte und Horn konkurriert. Die Zeit ist in diesem Satz von ständiger Bedeutung, da Bach den Klang einer Uhr imitiert (gedämpfte obere Streicher, staccato). Der Tenor Thomas Hobbs ziert die erste Arie „Was willst du dich, mein Geist, entsetzen?“ mit markanter Oboe d’amore, die eine klangliche Verbindung zum vorangehenden Chor herstellt. Der Countertenor Alexander Chances kurzes Rezitativ „Zwar fühlt mein schwaches Herz“ wird von einem Heiligenschein aus Streichern begleitet. Die Sopranistin Marie Luise Werneburg sang das Rezitativ „Behalte nur, o Welt, das Meine!“ mit reiner Stimme und sauberer Intonation. Bass-Bariton Florian Störtzs Arie „Doch weichet, ihr tollen, vergeblichen Sorgen!“ hatte stolpernde Flöten, denn der Text bezieht sich auf die bereits erwähnte Erkenntnis des Lebens nach dem Tod. Störtz verfügt über die Autorität, die Zuversicht sowie die Beweglichkeit für die melismatischen Passagen. Im ersten und letzten Chorsatz zeigte sich die Vortrefflichkeit des Chores.

Komm, du süße Todesstunde, BWV 161, wurde wahrscheinlich am 27. September 1716 in der Weimarer Schlosskirche uraufgeführt; eine weitere Aufführung fand vermutlich am 16. September 1725 in Leipzig statt. Chance sang die Eröffnungsarie „Komm, du süße Todessstunde“, begleitet von zwei Blockflöten und Zwischenrufen des Chors. Die zu Herzen gehende Arie „Mein Verlangen“ wurde von Hobbs mit klingendem Ton und Ausdruckskraft gesungen, insbesondere bei der Artikulation des Wortes „Verlangen“. Der vorletzte Satz wurde vom Chor zart vorgetragen, und die Blockflöten stimmten im abschließenden Choral eine Gegenmelodie an.
Die Kantate, Wer weiß, wie nahe mir mein Ende?, BWV 27, die am 6. Oktober 1726 in der Thomaskirche uraufgeführt wurde, beginnt mit einem Choral und Rezitativ für Chor, Sopran, Alt und Tenor, das tröstend über den Tod sinniert. Die fließende, lebhafte Altarie „Willkommen! will ich sagen“ wird durch eine Kornettstimme bereichert. Der abschließende Choral „Welt, ade! Ich bin dein müde“ ist Bachs Bearbeitung eines Chorals von Johann Rosenmüller aus dem Jahr 1649.
Abschließend erklang eine Kantate Christus, der ist mein Leben, BWV 95, die am 12. September 1723 uraufgeführt worden war. Bach hat den eröffnenden Choral und das Rezitativ so gestaltet, dass es kurze Einwürfe des Solotenors gibt. Gardiner sorgte für eine schwungvolle Darbietung und ein optimales Tempo für die Arie „Valet will ich dir geben“, die Werneburg mit einem strahlenden, glockenhellen Sopran sang. Hobbs erfreute mit der betörenden, aber auch lästig wiederholten Arie „Ach, schlage doch bald, selge Stunde“, in der die Bläser hervorragend agierten.
Das Publikum in der voll besetzten Thomaskirche reagierte auf jede Kantate mit Begeisterung und löste am Ende des Konzerts einen gewaltigen Beifallssturm aus. Diese Aufführungen zeigten, warum Gardiner und seine Musizierende so hoch in der Interpretation von Bachs geistlichen Kantaten angesehen sind.
- Rezension von Dr. Daniel Floyd / Red. DAS OPERNMAGAZIN
- Bachfest Leipzig 2025
- Titelfoto: Bachfest 2025/ 14.6.2025/Constellation Choir and Orchestra, John Eliot Gardiner/Foto: Bach-Archiv Leipzig/Gert Mothes