Das Drama um die Geisha Cio-Cio-San von Giacomo Puccini bewegt auch 115 Jahre nach der Uraufführung noch immer die Opernbesucher. Die sich im Irrglauben an die Vermählung mit Marineleutnant Pinkerton nach ihrem Mann sehnende und seit drei Jahren geduldig wartende Butterfly, sieht sich am Ende mit einer fatalen Täuschung konfrontiert, welche ihr nur einen Ausweg lässt…
Unzählige Male wurde diese Tragödie um Liebe, Sehnsucht und Betrug auf allen Bühnen der Welt inszeniert und es ist eine Herausforderung an jeden Regisseur, diese vom Publikum erwarteten und vorgefassten Bilder mit neuen Ideen zu verknüpfen. (Rezension der besuchten Premiere am 30. März 2019)
Am Theater Basel wurde nun der Versuch unternommen, die Handlung nach Thailand zu verlegen, wo Pinkerton ein Haus inklusive Personal, die Geisha Cio-Cio-San (Butterfly) und ihre Dienerin Suzuki, vom zwielichtigen Makler und Heiratsvermittler Goro erwirbt. Im Hintergrund erkennt man Pinkerton als Tourist in den Strassen Patayas. Er ist stets mit seinem Handy-Selfiestick beschäftigt und alles, was er tut, wird aufgenommen. Der unbekümmerte Pinkerton lässt sich auch nicht vom Konsul Sharpless warnen, diese arrangierte Hochzeit nicht nur als Spiel zu sehen.
Butterfly erscheint und die Hochzeitsfeier kann beginnen. Pinkerton nimmt die traditionellen Sitten locker und amüsiert sich darüber. Butterfly jedoch hat am Tag vor der Heirat bereits Ihrem Glauben abgeschworen und die «amerikanische Religion» angenommen. Als der wütende Onkel Bonzo erscheint, findet die Feier ein jähes Ende. Er verflucht Butterfly und die Verwandten verstoßen sie aus der Familie. Pinkerton beruhigt Butterfly und gewinnt ihr Vertrauen. Eine Liebesnacht beschließt den ersten Akt.
In zweiten Akt wartet Butterfly geduldig auf die Rückkehr von Pinkerton, welcher wieder nach Amerika zurückgekehrt war. Sie hat von ihm einen Sohn bekommen. Nach wie vor ist sie überzeugt, dass er wieder zu ihr kommen wird. Suzuki, die Dienerin, glaubt dies jedoch nicht. Da erscheint Sharpless mit einem Brief von Pinkerton, um Butterfly zu informieren, dass Pinkerton zurückkommen werde, jedoch nicht ihretwegen. Butterfly will den Ernst der Lage nicht erkennen und Sharpless erhält keine Gelegenheit, seine Botschaft mitteilen zu können. In Kenntnis der Umstände um Pinkerton erscheint erneut Goro und versucht, Butterfly den Prinzen Yamadori zu vermitteln, doch Butterfly besteht auf ihre vermeintliche «Ehe» mit Pinkerton und weist diesen ab. Nun präsentiert sie Sharpless Ihren Sohn, den sie als sicheres Zeichen für die Rückkehr von Pinkerton hält. Als vom Hafen ein Kanonenschuss ertönt und Butterfly Pinkerton’s Schiff erkennt, glaubt sie, dass die Zeit der Trennung nun endlich vorüber sei. Sie ist überglücklich und schmückt das Haus mit Blumen.
Müde schläft Butterfly ein. Da erscheint Sharpless mit Pinkerton und die erstaunte Suzuki muss erkennen, dass Pinkerton in Amerika wieder geheiratet hat. Auch die neue Frau ist mitgekommen, um das Kind mitzunehmen. Doch Pinkerton flieht vor der Begegnung.
Butterfly betritt den Raum und als sie Sharpless mit der fremden Frau sieht, erfährt sie die bittere Wahrheit und macht zur Bedingung, nur Pinkerton selbst das Kind übergeben zu wollen. Sie verabschiedet sich von ihrem Kind und bringt sich um.
In der Inszenierung von VASILY BARKHATOV befinden wir uns in einem modernen Haus. Das Einheitsbühnenbild von ZINOVY MARGOLIN ist mit raffinierten technischen Tricks versehen und kann mittels Lichteffekten und Videoprojektionen (ALEXANDER SIVAEV) verwandelt werden. Wenn sich im zweiten Akt dann das ganze Haus hebt und in Videos die Erinnerungen von Butterfly an die gemeinsame Zeit mit Pinkerton sichtbar werden, hat dies eine sehr eindrückliche Wirkung.
BARKHATOV stellt Pinkerton als sehr legeren, stets mit sich selbst beschäftigten Mann dar. Alles was er macht wirkt jungenhaft und verspielt. Ausser in der Liebesnacht, ist er im ersten Akt, immer von seinem Selfiestick begleitet. Butterfly, die ein Mädchen sein sollte, wirkt an seiner Seite jedoch nicht kindlich sondern eher mütterlich. Dies trägt nicht gerade zur Glaubwürdigkeit der Geschichte bei. Butterfly ist hier nicht die zerbrechliche Liebende. Auch die Dienerin Suzuki, empfindet man hier als etwas zu zurückhaltend und abgeklärt. Die sonst bei dieser Oper sich aufbauende Dramatik und Ergriffenheit, wollte sich trotz des intensiven Spiels der Sänger nicht richtig einstellen. Die Verlagerung der Handlung von Japan nach Thailand ist keine geglückte Idee, zumal das thailändische Kolorit trotz den farbenprächtigen Kostümen von OLGA SHAISHMELASHVILI nicht konsequent durchgezogen werden kann. Das Libretto würde dies auch gar nicht erlauben.
Auf der musikalischen Seite kann man von einigen sehr guten Leistungen berichten. TALISE TREVIGNE überzeugt mit Ihrer sehr facettenreichen Stimme als Butterfly. OTAR JORJIKIA, besitzt eine starke Tenorstimme, welche sich gerade auch in den Szenen als jungenhafter Liebhaber mit voller Kraft entfalten konnte. KRISTINA STANEK konnte mit Ihrer jungen, bestens geführten Stimme als Suzuki für sich einnehmen. DOMEN KRIZAJ, ein Mitglied des Opernstudios OperAvenirPlus, hat die Partie des Sharpless sehr ansprechend gesungen und man darf auf seine weiteren Aufgaben gespannt sein.
In weiteren Rollen, waren KARL-HEINZ BRANDT als Goro, VAHAN MARKARYAN als Yamadori, ANDREW MURPHY als Onkel Bonzo und Ena Pongrac zu hören.
Der CHOR DES THEATER BASEL unter der Leitung von MICHAEL CLARK, überzeugte ebenfalls.
Das SINFONIEORCHESTER BASEL unter der Leitung von ANTONELLO ALLEMANDI begleitete diesen Abend zuverlässig und entfaltete den Puccini-Klang sehr ansprechend.
Der Applaus für die Sänger war von Bravos begleitet, der Zuspruch für den Regisseur war eher zurückhaltend.
- Rezension der Premiere von Marco Stücklin/RED. DAS OPERNMAGAZIN-Schweiz
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- Titelfoto: Theater Basel „Madama Butterfly“, TALISE TREVIGNE/©Priska Ketterer