Opernhaus Wuppertal: Mozarts „Die Hochzeit des Figaro“ – frisch, modern, witzig und absolut sehenswert!

Oper Wuppertal /FIGARO / Campione _ Ralinova / Foto @ Laurendce Baradat

Die Hochzeit des Figaro / Le nozze di Figaro

Komische Oper von Wolfgang Amadeus Mozart, Libretto Lorenzo da Ponte, Uraufführung 1. Mai 1786 am Burgtheater Wien

Am 14. April hatte Die Hochzeit des Figaro einen fulminanten Premierenerfolg in der Wuppertaler Oper, in Koproduktion mit der National Opera London, zu feiern. In der Inszenierung von Joe Hill-Gibbins wurde das Opernspektakel um Verwicklungen, Verkleidungen und Verwechslungen zu einem abendfüllenden Spass. Wohl fast jeder Opernfreund kennt die Handlung und die Figuren, von denen sich die meisten bereits im Barbier von Sevilla finden und wo nun im Figaro die Geschichte ihre Fortsetzung findet. (Rezension der besuchten Premiere vom 14.4.19)

 

Graf Almaviva (Simon Stricker,Bariton) ist inzwischen mit Rosina verheiratet, hier Gräfin Almaviva (Anna Princeva, Sopran), stellt jedoch Susanna (Ralitsa Ralinova, Sopran) nach, der Kammerzofe seiner Frau, die ihrerseits mit Figaro (Sebastian Campione, Bass) seinem Kammerdiener, verlobt ist und deren Heirat unmittelbar bevorsteht. Antonio (Marcel van Dieren, Bariton), der Gärtner des Grafen, ist gleichzeitig Susannas Onkel, seine Tochter, Barbarina (Anne Martha Schuitemaker, Sopran), dient ebenfalls im Hause des Grafen und wird von ihm mit Zudringlichkeiten belästigt. Sie wiederum liebt den Pagen Cherubino (Iris Marie Sojer, Mezzosopran), einen jungen, testosterongesteuerten Knaben, der jedem Rock am Hof hinterherläuft und sich damit in die schönsten Schwierigkeiten bringt.Weiter sind auch der Anwalt Bartolo (Nicolai Karnolsky, Bass) und Marcellina (Joslyn Rechter, Mezzosopran) an dem Verwirrspiel beteiligt. Die beiden sind die Eltern von Figaro, wie sich später herausstellen soll, als Marcellina eigentlich durch ein Verfahren die Hochzeit mit Figaro erzwingen will, da dieser ihr die Ehe gegen einen nicht eingelösten Schuldschein versprochen hatte. Dann gibt es in der Geschichte noch Basilio (Mark Bowman-Hester, Tenor), dessen Funktion am Hofe in der hiesigen Inszenierung nicht wirklich klar erkennbar wurde und den Opernchor, der als komplettes Gesinde auftrat.

FIGARO/Princeva/Campione/Ralinova/Foto @Bettina_Stoess

Die Inszenierung kommt gänzlich ohne Mobilar aus und mit nur einem Minimum an Requisten. Das Bühnenbild von Johannes Schütz ist ein weisser Raum mit 4 ebenso weissen Türen. Dieser Raum wird in den 4 Akten jeweils verschoben. Der Rest der Bühne ist schwarz und weitgehend unbeleuchtet. Diese spartanische Ausstattung macht es möglich, sich komplett auf die Art der Darstellung zu konzentrieren. Die ungewöhnliche Ausdrucksform, die in dieser Inszenierung gewählt wurde, ist hervorragend durch Jenny Ogilvie erarbeitet worden. Sie ist als Choreographin und Movement Director in London tätig. Hier gelang es ihr, die Arien und Rezitative ausdrucksstark mit Gestik und immer wieder durch eingefrorene Bilder zu unterstützen. Die Kostüme von Astrid Klein waren auf die einzelnen Charaktere abgestimmt und unterstrichen nochmals den Stand der jeweiligen Personen.

Im ersten Akt ist ausschliesslich der weisse Raum sichtbar. Hier erfährt Figaro von den lüsternen Absichten des Grafen, Susanna betreffend. Hier findet die Auseinandersetzung von Susanna und Marcellina statt, die ihre Rechte an Figaro geltend machen will. Hier bittet Cherubino um Hilfe weil der Graf ihn in flagranti mit Barbarina erwischt hat und er den Hof verlassen soll. Hier fängt das Versteckspiel an, Figaro sinnt auf Rache am Grafen und nachdem der Graf um Milde gebeten wird, soll Cherubino nun als Offizier seinen Dienst antreten.

Im zweiten Akt befindet sich der Raum weiter oben und unten dient die schwarze Ebene als Garten. Man sieht im Hintergrund das Gesinde, was auch die Treppe, die nun zum Einsatz kommt immer zu der Tür schiebt, durch die der nächste Auftritt, bzw. Abgang sein wird. Nun trauert die Gräfin um ihre lieblos gewordene Ehe, Susanna berichtet ihr von dem Ansinnen des Grafen, von seinem vermeintlichen Recht des Feudalherren Gebrauch zu machen, dem Recht der ersten Nacht. Gemeinsam mit Figaro hecken sie einen Plan aus, Cherubino soll als Susanna verkleidet zu einem Stelldichein mit dem Grafen erscheinen und ihn so bloßstellen. Jedoch taucht der Graf auf, Cherubino muss versteckt werden, die Tür ist verschlossen und der eifersüchtige Graf will den vermeintlichen Liebhaber seiner Frau stellen. Gemeinsam holen sie Werkzeug um die Tür aufzubrechen, in der Zeit springt Cherubino aus dem Fenster, auch hier hat die Regie sich eine überraschende Lösung ausgedacht, die für herzliche Lacher sorgte. Als Graf und Gräfin wieder erscheinen, ist in dem Raum nur noch Susanna zu finden. Als wenn das noch nicht genug des Tumults wäre, erscheint nun der Gärtner, der den Sprung gesehen hat. Figaro indessen behauptet, er sei gesprungen. Zum Ende des Akts wird eine Verhandlung gefordert, um über die Schulden bzw das Eheversprechen Figaros zu entscheiden.

FIGARO/Sojer/Chor/Foto @ Bettina Stoess

Dritter Akt: Inzwischen will die Gräfin anstelle von Cherubino in Susannas Kleidung zu dem Stelldichein mit dem Grafen gehen.In der Gerichtsverhandlung stellt sich nun die Elternschaft von Marcellina und Bartolo heraus und eine Doppelhochzeit soll stattfinden. Susanna und die Gräfin schreiben gemeinsam einen Brief für den Grafen um den Treffpunkt für das Zusammenkommen mitzuteilen. Dieser wird mit einer Nadel versiegelt, die der Graf zum Zeichen des Einverständnis zurück schicken wird. Ein Chor von Mädchen, Barbarina und der als Blumenmädchen verkleidete Cherubino überbringen der Gräfin Blumen. Cherubino wird entdeckt, Barbarina kann aber eine Bestrafung verhindern indem sie den Grafen an seine Worte erinnert, mit denen er ihre Zuneigung gefordert hatte.

Im vierten Akt erreicht nun das Durcheinander seinen Höhepunkt, aber am Schluss gibt es vier glückliche Paare. Happy end, wie es bei einer Opera buffo sein soll.

Sebastian Campione als Figaro konnte neben seiner enormen Stimmleistung seine italienische Herkunft herrlich klischeehaft in Szene setzen, Ralitsa Ralinova als Susanna, in Wuppertal immer ein Garant für Temperament auf der Bühne, Simon Stricker als Graf, ihm war die Rolle förmlich auf den Leib geschneidert, Anna Princeva als Gräfin, herrlich dramatisch, Iris Marie Sojer als Cherubino, Anne Martha Schuitemaker als Barbarina, eine noch ganz junge Stimme, von der wir sicher noch einiges erwarten dürfen, Joslyn Rechter, Marcel van Dieren, Mark Bowman-Hester, Nicolai Karnolsky, sie alle waren mit großer Spielfreude und ihren fantastischen Stimmen am Gelingen eines wirklich hochkarätigen Abends beteiligt.

Julia Jones führte das Sinfonieorchester Wuppertal zu Höchstleistungen, vielleicht an manchen Stellen etwas zu sehr, denn besonders im zweiten Akt dominierten die Instrumente teilweise so stark, dass man von der gesanglichen Darbietung doch manches kaum noch hören konnte.

FIGARO/Karnolsky/Campione/Ralinova/Rechter/Foto @Bettina Stoess 

Der Opernchor unter der Leitung von Markus Baisch ist auch am heutigen Abend wieder in gewohnt professioneller Qualität zu erwähnen.

Ein Wermutstropfen war das leider inzwischen so häufig gewordene „zerklatschen“ des Ablaufs. Es ist gut und schön, wenn man als Zuschauer seiner Begeisterung Ausdruck verleihen kann und dem Künstler so Tribut zollt, aber wenn jede Arie mit Zwischenapplaus bedacht wird, dann stört das durch die Unterbrechung nicht nur den musikalischen Fluss, sondern es ist auch für die Sängerinnen und Sänger nicht wirklich angenehm aus der Spannung gerissen zu werden.

Fazit: Ein moderner Mozart, frisch, unkonventionell und witzig. Das ausverkaufte Haus bedankte sich mit viel Applaus und Bravo und Bravissimo bei allen Beteiligten.

 

  • Rezension von Rene Isaak Laube /RED: DAS OPERNMAGAZIN
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  • Titelfoto und weitere: Opernhaus Wuppertal/ FIGARO/Karnolsky/Campione/Ralinova/Rechter/Foto @ Bettina Stöß 
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