Oper Bonn: Wiederentdeckung einer Oper von 1952 kommt sehr gut an – „Leonore 40/45“ von Rolf Liebermann

Oper Bonn/Leonore 40/45//Joachim Goltz(Monsieur Emile), Ensemble/ © Thilo Beu

„Alles wendet sich zum Guten in der besten aller Welten“-so endet Rolf Liebermanns Opera semiseria: „Leonore 40/45“ in der Oper Bonn. Michael Struck-Schloen und Stefan Keim zeigten sich im Morgenmagazin des WDR am 11.10.2021 sehr angetan von diesem Stück, das als eine Art Kabarett mit einem Engel als Erzähler in Szenen aus der Zeit von 1939 bis 1947 die Liebe eines deutschen Oboisten zu einer französischen Pianistin dokumentiert. Es gipfelt in einem Plädoyer der Protagonistin Yvette: „Ihr Heuchler und Pharisäer …“ gegen Hass und Intoleranz gegenüber Paaren, die sich über die Grenzen ihrer Nation hinweg verheiraten wollen, das der großen Leonoren-Arie Beethovens nachempfunden ist. (Rezension -Kurzfassung -der Vorstellung am 10.10.2021)

 

In der Regie von Jürgen R. Weber im Bühnenbild von Hank Irwin Kittel ist diese Oper ein starkes Stück, das den Zuschauern eine problematische Phase der deutsch-französischen Geschichte nahebringt. Auch das Premierenpublikum war begeistert und klatschte weiter, als das Licht schon angegangen war.

Als Produktion während der Corona-Pandemie einstudiert mit dem Orchester unter Daniel Johannes Mayr in der Hinterbühne verteilt, auf Abstand, hat Regisseur Jürgen R. Weber das Stück mit einem Ölschinken als Leinwand zur Einspielung historischer Filmausschnitte und historisch korrekten Kostümen bildstark in Szene gesetzt.

Oper Bonn/Leonore 40/45//Barbara Senator (Yvette), Santiago Sanchez (Albert)/ © Thilo Beu

Es wird französisch und deutsch gesungen. Barbara Senator als Yvette besingt im Stil der Beethovenschen Leonore alias Fidelio das Ende von Hass und Krieg zwischen Deutschen und Franzosen, das spätestens mit dem Élysée-Vertrag zwischen Konrad Adenauer und Charles de Gaulle am 22. Januar 1963 als erreicht gelten kann.

Musikalisch ist die Oper eine wilde Mischung von Zwölftonmusik, Hochromantik, Weill und Zitaten anderer Komponisten und reflektiert die Gattung Oper und die damals moderne Zwölftonmusik in einer Art Kabarett mit historischen Szenen. Sehr beeindruckend führt Heldenbariton Joachim Goltz als Erzähler und Engel, der im Stil des „Bajazzo“ von Leoncavallo bereits wie Tonio im Vorspiel auftritt, durch die Handlung mit Happy End.

Oper Bonn / Leonore 40/45// Santiago Sanchez(Albert), Barbara Senator(Yvette), Ensemble/ © Thilo Beu

Das Stück ist opulent und gefällig, wenn auch nicht leicht eingängig. Konservative Opernfreunde fremdeln mit der Tonsprache, die doch recht modern ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass nicht nur die Handlung, die von 1939 bis 1947 spielt, sondern auch die Tonsprache die Zuschauer in den fünfziger Jahren verstört hat.

Leider sind alle Vorstellungen in den Herbstferien. Ein Besuch mit Schülern ist also nicht möglich, und man muss sich schnell entscheiden, wenn man das Stück noch sehen möchte. Es gilt 3G, alle Plätze können besetzt werden.

„Leonore 40/45“ ist Teil des „Projekt 33“ an der Oper Bonn, in dem vergessene Opern des 19. und 20. Jahrhunderts mit „Arabella“ von Richard Strauss kontrastiert werden. Das sehr aufwändige Programmheft enthält sogar das Libretto.

 

  • Artikel von Ursula Hartlapp-Lindemeyer / Red. DAS OPERNMAGAZIN
  • Ausführlichere Rezension des Stückes folgt 
  • Theater Bonn / Stückeseite
  • Titelfoto: Oper Bonn / Leonore 40/45// Santiago Sanchez(Albert), Barbara Senator(Yvette), Ensemble/ © Thilo Beu
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