Hamburger Kammeroper: „CARMEN“ unter Coronabedingungen

Kammeroper Hamburg/CARMEN/Foto @ Dr. Joachim Flügel (Foto v. 23.09.20)

CARMEN – Eine neue Passion

Premiere am 18. September 2020/Allee Theater Hamburg-Kammeroper

Besuchte Vorstellung am 23.9.2020

 

 

„Die Geschichte von Carmen ist universal und faszinierend.

Sevilla im Sommer. Ein Schmelztiegel im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist heiß! Menschen begegnen sich. Spanier und Touristen. Einheimische und Ausländer, die es hierher verschlagen hat. Einige wollen für immer bleiben, eine Heimat finden. Andere suchen rastlos weiter. Carmen, Yussef, Malak.

Obwohl sie noch sehr jung sind, tragen sie ihr Schicksal als schwere Last mit sich herum. Doch sie sind auch auf der Suche nach Glück und Leichtigkeit. Die junge deutsche Elitestudentin Carmen ist bereit, sich ihre Freiheit rücksichtslos zu erkämpfen, um sich nie wieder verletzen zu lassen. Und Yussef, der hier in Sevilla José genannt wird? – Auch er will vergessen, will sein Schicksal selbst bestimmen. Nicht einmal die süße Malak, Micaela auf Spanisch, der Engel, dem Yussef von seiner marokkanischen Familie schon in frühester Jugend anverlobt wurde, bringt ihm seinen Frieden zurück. Das Aufeinandertreffen dieser Menschen in Sevilla löst weitere Schicksalsschläge aus, an denen auch Camillo – Escamillo – ein sportlicher Student an Carmens Universität, beteiligt ist. Er allerdings wird daran nicht zu Grunde gehen, während Carmen und José ihrem Schicksal am Ende nicht entrinnen können. – Wie in Mérimées berühmten Roman, wie in Bizets Oper und wie man es in einer Liebesgeschichte um eine Frau wie Carmen nicht anders erwartet. In allen Zeiten wird Carmens Geschichte so enden…

Carmen wird nicht geopfert, sie erlöst niemanden und wird nicht erlöst. In ihrer Geschichte manifestieren sich mythische Motive, im dunklen Einklang mit Antike und Christentum. Darauf verweist schon ihr Name. Carmen – lateinisch Lied und Zauber. Carmens Passion erinnert an das Sterben der Antigone im Felsengrab oder an den Liebestod der Isolde: an einen Tod, der nicht – per amorem fati – gewünscht oder anerkannt, sondern einfach erreicht wird, wie das Ziel eines Weges. Entstanden als Frucht der französischen Romantik ist Carmen bis heute eine der meist aufgeführten Opern weltweit.“ (Auszug Allee Theater)

Mit nur etwa 40 Besuchern, weniger als die Hälfte der vorhandenen Plätze, war das wunderbare kleine Allee Theater an seinen Grenzen. Trotzdem arrangierte das Theater-Team alles mit Liebe zum Detail und verwöhnte seine Gäste mit Aufmerksamkeit und freundlichen Gesten.

Ein gelungener Abend in kleinem Kreis mit toller Darbietung der wenigen Akteure (einige Nebenpartien wurden gestrichen), die sich den Zwischen- und Schlußapplaus sehr verdient hatten. Ebenso wie die kleine Musikerriege im Orchestergraben, welche eine solide Leistung als Unterstützung für die Bühne zu Gehör brachten. Die deutsche Textfassung für diese Inszenierung stammt von Barbara Hass.

Kammeroper Hamburg/CARMEN/Foto @ Dr. Joachim Flügel (Foto v. 23.9.2020)

Das Spiel auf den Brettern war und ist vom Inhalt bekannt, auch wenn es anders vom Regisseur Alfonso Romero Mora gestaltet wurde, der aktuellen Coronapandemie und auch politischen Geschehen angepasst und von daher manchem etwas befremdlich vorkam vielleicht. (Bühne & Kostüme – Lisa Überbacher). 

Yussef (Jose´) aus Marokko (?) versuchte sich in Spanien zu integrieren und seine Arbeit als Verkäufer zu machen, endet aber am Schluß als Täter mit einem Messer – wobei er sich der Carmen, einer jungen deutschen Studentin in Spanien als „Syrer“ vorstellte…. Die Situation hinterließ einen kleinen Beigeschmack.

Seine -von den Familien ausgesuchte- Verlobte Malak (Micaela), eine Muslimin –  besucht ihn mit einem Brief seiner Mutter und als sie erkennt, er verfällt der Dealerin Carmen, die sich mit „hinterlegten Päckchen“ im Souvenirladen ein Zubrot verdient, versucht sie ihn aus der Situation zu retten, was er aber aus Verliebtheit ablehnt.

Obwohl Carmen ihn nie im Zweifel läßt, ihn selbst nicht zu lieben, steigert er sich in eine Liebes- und Eifersuchtsraserei in dessen Verlauf er sogar fast den ebenfalls in Carmen verliebten Camillo tötet. Nur Carmens rechtzeitiges Erscheinen rettet die beiden Männer aus der gefährlichen Situation.

Als dann Carmen wieder eindeutig seine Liebe ablehnt und ihn immer wieder bittet, zu gehen, tötet Yussef/Jose schliesslich Carmen…..Wobei hier eine Schneiderpuppe mit harten Fahnenstangenstössen ins Gesicht malträtiert wird und Carmen im Hintergrund zusieht, regungslos. Nun tritt Malak, die verschmähte Verlobte auf die Bühne. Während Yussef über die „tote“ Carmenpuppe gebeugt seinen Schmerz und Tränen ausgiesst, erschiesst  Malak nun Carmen doch. Schlußszene… mit einigen noch offenen Fragen und Gefühlen.

Gesanglich und darstellerisch agierten Iva Krušić als Carmen, Ljuban Živanovic als Don Jose/Yussef , Natascha Dwulecki als Malak/Micaela und Titus Witt als Escamillo/Camillo, leidenschaftlich und konnten damit das Publikum überzeugen.

Die musikalische Leitung des Abends hatte Ettore Prandi, der das Allee-Theater Ensemble dirigierte (incl. Bühnenmusik-Aufnahmen).

Musikalisches Ensemble:

Flöte – Angelika Schmidt/Teruyo Takada / Bratsche – Lucas Schwengebecher/Florian Huber / Harfe – Luisa Gabrisch/ Konstanze Kuß

Wenn auch eine recht gewöhnungsbedürftige Interpretation, bzw., Darstellung der populären Bizet-Oper, wird doch die Musik immer Bestand haben in allen Köpfen, manchmal eben mit geschlossenen Augen und dem Original im Gedächtnis. 

 

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