Ernesto Petti – LA FORZA DEL BARITONO

Interview mit Ernesto Petti

 

OM (OPERNMAGAZIN): Ernesto, Sie sind seit Oktober 2018 sehr erfolgreich am Theater Basel in der Oper Lucia di Lammermoor aufgetreten und konnten dort zusammen mit Ihren Kollegen große Beachtung finden. Wie haben Sie die Arbeit in Basel empfunden und was war Ihr persönliches Highlight des Basler Engagements?

EP (Ernesto Petti): In Basel singen zu dürfen war eine großartige Erfahrung. Das Arbeitsumfeld war für mich sehr anregend. Ich hatte das Glück, zusammen mit großen Künstlern in einer entspannten Atmosphäre arbeiten zu können, was uns ermöglichte, unser Bestes geben zu können. Dass uns das Publikum häufig mit Standing Ovations belohnte, war eine der schönsten Erfahrungen. So etwas ist in einem Stadt-Theater ja eigentlich nicht unbedingt üblich. Basel ist eine schöne Stadt und ich genoss es, in meiner Freizeit die Stadt zu erkunden.

 

Rosa Feola und Ernesto Petti in LUCIA DI LAMMERMOOR/Theater Basel/ Foto @Sandra Then

OM: Wie sind Sie zum Operngesang gekommen, und wer hat Ihnen am Anfang Mut gemacht, diesen Weg zu gehen?

EP: Anfänglich interessierte mich die Opernmusik überhaupt nicht. Ich hatte mich ganz dem Sport gewidmet. Schon im Alter von 13 Jahren war ich Mitglied eines Wasserpolo-Teams. So um das 17. Lebensjahr herum kam ich dank der CDs meines Vaters in Kontakt mit der Oper, mein ´Vater liebte diese Musik! Ich war tatsächlich sofort begeistert, und dank der Unterstützung meiner ganzen Familie habe ich diesen Weg beschritten.

OM: Welche Sänger-Kollegen bewundern Sie und wer dient Ihnen als persönliches Vorbild?

EP: Sicherlich schätzte ich diejenigen Sänger am meisten, welche meine Begeisterung für die Opernmusik weckten. Einer meiner meist bewunderten Baritone ist Cornell McNeil, während Franco Corelli mein absoluter Favorit ist. Er ist übrigens auch der Favorit meines Vaters. Sollte ich mich entscheiden müssen, dann wäre es wohl Franco Corelli.

OM: Als junger Sänger ist man ja heute besonders gefordert, weil man sich oft mit anspruchsvollen Rollen konfrontiert sieht, die einem Angeboten werden, wofür es allerdings oft noch zu früh ist. Was sind Ihre Erfahrungen mit dieser Tatsache?,

EP: Während meiner inzwischen zehnjährigen Karriere hatte ich das Glück, auch viele kleinere Rollen singen zu dürfen. Ich denke, dass es gerade für jüngere Leute gut ist, Erfahrungen zu sammeln, ohne sich anfangs zu sehr exponieren zu müssen

OM: Noch sehr jung, singen Sie große Partien und sind ein Sänger der mit voller Energie auf der Bühne präsent ist. Zum Beispiel mit nur 29 Jahren in der Rolle des Giorgio Germont, in der Oper La Traviata. Diese Partie wird ja gerne von älteren Sängern gesungen, schon alleine wegen der Vaterfigur, die es darzustellen gilt. Wie gehen Sie an solche Aufgaben heran?

EP: Ich bin die Rolle des Giorgio angegangen, indem ich versuchte, mich so weit wie möglich mit der Partitur zu identifizieren. Der Charakter der Rolle entspricht nicht ganz meiner Person, aber es ist unsere Aufgabe, trotzdem glaubhaft zu sein. Stimmlich finde ich, dass diese Rolle alle Qualitäten eines Baritons ausleuchtet.

OM: Die heutigen Regisseure verlangen oft in den Inszenierungen sehr viel Spiel und Bewegung der Künstler. Gibt es für Sie Grenzen, welche Sie nicht überschreiten würden?

EP: Es stimmt, heutzutage verlangen die Regisseure viel von den Sängern. Früher wurde viel mehr nur auf den Gesang geachtet, während heutzutage vom Sänger auch verlangt wird, dass er Schauspieler ist. Glücklicherweise war ich darauf vorbereitet. Es gab Regisseure, welche die Erscheinung auf der Bühne mit freiem Oberkörper verlangt haben, was für mich so kein Problem ist. Allerdings hätte ich mit einem gänzlich nackten Auftritt auf der Bühne meine Schwierigkeiten.

OM: Sie wurden in Salerno/Italien geboren und Ihre Muttersprache ist Italienisch. Dadurch sind Sie natürlich für Rollen in Verdi, Puccini und Donizetti Opern prädestiniert. Dort sind Sie auch gesanglich „Zuhause“. Wo liegt für Sie der Unterschied zwischen dem italienischen und dem französischen, bzw. deutschen Repertoire?

EP: Ich darf sagen, dass ich mit französischen oder deutschen Rollen nie ein Problem hatte. Diese verlangen lediglich ein vertieftes Studium in der Aussage des Charakters und eine möglichst optimale Aussprache.

OM: Wie haben Sie Ihre Studienjahre im Gesang erlebt. War es für Sie am Anfang schwierig ,vor einem Publikum mit großen Erwartungen aufzutreten?

EP: Mein Studium fand fast immer zusammen mit Pianisten statt. Ich besuchte auch verschiedene hochrangige Kurse, darunter die Puccini Akademie in Torre del Lago und einen Kurs von Placido Domingo in Valencia, Spanien. Ich erinnere mich lebhaft an mein Operndebüt im Jahre 2009, welches live im nationalen Radio übertragen wurde. Dank der Unterstützung meiner Kollegen war dies eine wirklich gute Erfahrung.

OM: Sie treiben intensiv Sport, was auch von Ihrem Erscheinungsbild ersichtlich ist. Ihre kräftige Statur ist sicherlich ein Vorteil für große Rollen. Bedeutet Sport für Sie der ideale Ausgleich zwischen täglichem Leben, Rollenstudium, Stimmtraining und Bühnenarbeit?

EP: Mein Leben begann mit Sport und ich denke, dass dies auch für den Gesang von Bedeutung ist, ohne dass jetzt allerdings wissenschaftlich belegen zu können. Mein Leben wäre ohne Sport tatsächlich nicht mehr denkbar. Schon mit 3 Jahren begann ich mit Schwimmen, gefolgt dann von Wasserpolo. Jetzt mache ich „CrossFit“ und „Apnoe“, eine gute Atemübung.

OM: Ihre nächsten Engagements sind die Rolle des Carlo Gérard in Andrea Chenier, welchen Sie im März in Ravenna singen werden und des Silvio im Pagliacci in Genua. Beide Partien verlangen auch viel Schauspielerei. Wie leicht fällt Ihnen dieses Spielen auf der Bühne?

EP: Ja, ich werde Carlo Gerard in Ravenna und Silvio in Genua interpretieren. Ich empfinde das Spielerische als etwas ganz Natürliches für mich. Zur Verbesserung der schauspielerischen Fähigkeiten habe ich einen Kurs bei Placido Domingo besucht. Dies half mir, noch mehr Sicherheit zu bekommen

Ernesto Petti u. Holger Wemhoff / Foto @ cPAMPLONAcm / Jacob Tillmann

OM: Im April werden Sie zwei Konzerte geben. Dies ist auch die erste Gelegenheit, Sie in Deutschland zu hören. In München am 14. April und in Hamburg am 18. April. Diese Konzerte werden vom bekannten Klassikexperten Holger Wemhoff moderiert werden. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

EP: Die Zusammenarbeit mit Holger kam ganz zufällig zustande. Er entdeckte mich auf YouTube, und von da an entstand unsere Freundschaft. Später in diversen Telefongesprächen über unseren jeweiligen Beruf dachten wir uns: Warum nicht beide Berufe kombinieren, und wir entschlossen uns, diese zwei Konzerte zu organisieren. Wir hören oft Musik zusammen und sprechen auch oft über Musik. Holger sagt mir mittlerweile jeden Tag, dass er mein größter Fan ist (lacht) , und ich darf sagen, dass auch ich sein größter Fan bin. Er ist ein wunderbarer Mensch und Freund und ich bin so glücklich, diese Erfahrungen mit ihm teilen zu können. Sicherlich wird es noch weitere Projekte zusammen mit ihm geben.

OM: Begleitet werden Sie vom Pianist Otello Visconti, welcher Sie seit Ihren Anfängen kennt. Wie kam es zu dieser Begegnung?

EP: Otello ist ein großartiger Pianist, welcher nicht weit weg von meiner Heimatstadt lebte. Er war mein erster Pianist und zu ihm hatte ich stets ein besonderes Vertrauensverhältnis. Er ist bekannt als ein großer Experte und mir wurde empfohlen, bei ihm zu lernen

OM: Diese Konzerte bieten einen Querschnitt durch Ihr Repertoire. Solche Soloabende sind aber auch eine besondere Herausforderung und benötigen intensive Proben. Wie bereiten Sie sich auf diese Konzerte vor und was ist Ihnen dabei besonders wichtig.

EP: Holger und ich haben das Programm gemeinsam erstellt. Die Vorbereitungen werden zusammen mit meinem Pianisten gemacht. Dieser wird auch mein Konzertpianist sein an den Abenden sein. Das wichtigste ist sicherlich, Spass zu haben und diesen auch auf das Publikum zu übertragen.

OM: Welche Rollen sind in nächster Zukunft geplant und was wären die Wunschrollen?

EP: Zunächst arbeite ich an den Rollen des Carlo Gerard in Andrea Chenier, des Silvio in Pagliacci, Foscari von Verdi, des Ezio in Attila und des Marcello in Bohème. Ich darf sagen, dass ich bereits meine Lieblingsrollen singe. Sollte ich noch eine weitere Rolle wünschen, dann wäre es zumindest im Moment die des Michele in Il Tabarro von Puccini.

OM: Herzlichen Dank für dieses Gespräch Ernesto Petti

 

Ernesto Petti und Holger Wemhoff treten mit Ihrem exklusiven Programm SOLO MOMENTE im Sonntag, 14.04.2019 im Herkulessaal in München und am Donnerstag, 18.04.2019 in der Laeiszhalle in Hamburg auf.

 

Ticketvorverkauf für München LINK

Tickethotline für beide Konzerte (rund um die Uhr) unter 01806 700 733

 

  • Das Interview führte Marco Stücklin/Redaktion DAS OPERNMAGAZIN/CH
  • Interview in English version HERE
  • Titelfoto: Ernesto Petti
Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert