
Solo Momente ist eine Konzertreihe in der Klassik Radio – Moderator Holger Wemhoff besondere, aufstrebende, junge Sängertalente vorstellt. Heute war es der italienische Bariton Ernesto Petti, der, in der intimen Atmosphäre des Kleinen Saals der Laeiszhalle, Arien von Giuseppe Verdi und italienische Canzoni präsentierte, begleitet von Pianist Otello Visconti.(Rezension des Konzertabends vom 18.4.2019)
Im begleitenden Programmheft ist zu lesen, dass der 33- jährige Petti in Salerno geboren wurde, sein Gesangsstudium bei Otello Visconti begann, die Accademia di Alto Perfezionamento Torre del Lago Puccini absolvierte und seine Studien schließlich in Valencia am Centre Perfeccionament Plácido Domingo fortsetzte.
In seinem Heimatland ist er seit seinem viel beachteten Debüt 2015 als Giorgio Germont in Giuseppe Verdis La Traviata , Auftritten als David, der Rabiner, in Mascagnis „L’Amico Fritz“ wie auch als Renato in Giuseppe Verdis „Un Ballo in Maschera“ im Laufe des Jahres 2016 schon längst kein Unbekannter mehr. Und auch hier wird es nicht all zu lange dauern, bis die, für seine Konzerte gebuchten Säle besuchter und größer werden.

In einer kleinen Plauderei mit Holger Wemhoff, vor Beginn des zweiten Teils des Abends, gab der junge Sänger einiges von sich preis. Hatte er bis dahin schon bewiesen, welch ausdrucksstarker Künstler er ist, so zeigte er nun, dass auch absolut sympathisch und authentisch Eigenschaften sind, die ihn gut beschreiben. So erzählte er, dass es früher sein Traum gewesen wäre, der beste Wasserspieler der Welt zu werden und dass sein favorisierter Musikgeschmack sich in seiner Jugend eher an Künstlern wie dem Rapper Eminem und der deutschen Rockgruppe Rammstein orientierte. Bis in seinem siebzehnten Lebensjahr seine Eltern ihm eine Aufnahme mit der Tenorlegende Franco Corelli schenkten, den Petti, trotz der unterschiedliche Stimmlage, als sein Vorbild bezeichnet. Petti gab an, dass er an Corelli, neben der unbestrittenen Schönheit der Stimme unter anderem die Fähigkeit bewundert, sowohl kraftvoll und forte, wie auch sanft und piano zu singen. Beides Eigenschaften, die Petti auch selbst beherrscht, wie er zweifelsfrei im musikalischen Teil des Konzertes bewies.
Sein Programm war gefühlvoll bis tragisch-melancholisch und weitgehend frei, zwar nicht von bekannten Stücken, aber von jenen, die man fast täglich Radio hört und deshalb ad hoc mitsingen kann.
Petti begann mit zwei Weisen seines Landmanns Francesco Paolo Tosti: Malia und Ideale. Stücke die von Liebe, Sehnsucht, aber auch Trauer und Verlust erzählen. Petti machte jede Gefühlsregung spürbar, ließ die Töne mühelos strömen, verlieh den Liedern eine besondere Tiefe. Dies ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass diese Canzoni meist eher im Repertoire von Tenören zu finden sind, sondern dass der junge Künstler frei ist von jeglicher Attitüde. Oft schloss er die Augen, bewegte sich weg von der Bucht des Flügels, von dem aus er, einfühlsam von Otello Visconti begleitet wurde. Alles wirkte echt, zog in den Bann, bot eine Verschmelzung zwischen Darstellung und sicher geführter, perfekt gestützter Stimme. Mit jedem Legato, jedem Crescendo oder decrescendo, mochte es auch nur wenige Takte dauern, malte er Bilder in den Saal. Tongemälde, die jeden erreichten und berührten. Dies gilt auch für alle anderen Stücke, von denen ich hier besonders Luigi Denzas „Occhi di Fata“, aus dem ersten Teil und Rodolfo Falvos „Dicitencello Vuie“ hervorheben möchte.
Den offiziellen Abschluss des Abends bildete, das einzige Lied, das wohl doch,so gut wie jeder erkannte und hätte mitsingen können:„Core ’ngrato“ von Salvatore Cardillo. Holger Wemhoff bezeichnete dieses Lied als eines, dass „Ernesto im Schaf singen könnte.“ Was die hör- und spürbare Verbindung de Sängers zu diesem Stück vielleicht erklärt. Es klang nicht „herunter gesungen“, im Gegenteil, selten habe ich es inniger gehört und gleichzeitig so kraftvoll und mit mühelosen, geradezu tenoralen. Höhen.

Doch zuvor verwöhnte uns Petti im ersten Teil auch mit Klängen des Meisters der tiefen Emotionen und dem damaligen Helden des italienischen Volkes: Giuseppe Verdi. Zwischen Arie/Cabaletta des Nabucco und Rezitativ/Arie des Macbeth, präsentierte er uns Verdis Non t’accostare all’urna, ein Lied dass einem Toten eine Stimme verleiht, welches voller wütender Enttäuschung ist. Auch hier bewies Petti, mit welcher Leichtigkeit er moduliert, mit welcher Stimmschönheit er berühren kann.
Die beiden Opernszenen dann erweckten den Wunsch, ihn unbedingt bald in einer Opernaufführung zu erleben, wo gesangliche Kunst und darstellerisches Können, die Figuren noch mehr zum Leben erwecken, als sie es hier bereits taten. Petti beherrscht sein Instrument, wie auch sein Metier an sich, ohne zu jemals zu forcieren.
Beide Arien wurden mit stürmischen Jubel und „Bravo“-Rufen bedacht, die wie Pettis Gesang, direkt aus Seele und Herz zu kommen schienen.
Auch der Rest des Abends wurde währenddessen und am Schluss bejubelt und dort sogar mit Standing Ovation bedacht. Der junge Künstler und sein Pianist, bedankten sich beim Publikum, einschließlich des völlig unprätentiös und natürlich strahlenden Holger Wemhoff mit zwei Zugaben. Zum einen „Non ti scordar di me“ von Ernesto de Curtis, und dann als besonderes „Schmankerl“ „Guten Abend, gute Nacht“, womit er sein dankbares und mehr als zufriedenes Publikum in einen schönen Hamburger Frühlingsabend entließ.
Hoffend, er kommt bald zurück. Gerne an das Haus an der Dammtorstraße, die Staatsoper Hamburg.
- Eindrücke des Abends von Birgit Kleinfeld / Red. DAS OPERNMAGAZIN
- Ernesto Petti im DAS OPERNMAGAZIN – Interview
- Homepage von Ernesto Petti / Der Künstler auf FACEBOOK