Seit Beginn dieser Spielzeit ist die junge kirgisische Sopranistin Katharina Konradi festes Ensemblemitglied der Staatsoper Hamburg. Davor war sie am Staatstheater Wiesbaden engagiert, wo sie unter anderem mit Rollen betraut wurde wie Gretel (Hänsel und Gretel), Adele (Fledermaus), Susanna (Die Hochzeit de Figaros), Zdenka (Arabella) und Pamina (Die Zauberflöte). Sie war bei der Fernsehsendung „Stars von morgen“, die Startenor Rolando Villazon einmal jährlich für ARTE concert präsentiert. In Hamburg machte sie zuerst in kleineren Partien auf sich aufmerksam, um dann Innerhalb von zwei Wochen in zwei Rollendebüts (Oscar, Un ballo en Maschera so wie Marzelline in Fidelio ) vollkommen von sich zu überzeugen und für sich einzunehmen.
Einen Tag nach ihrem Debüt als Marzelline in Ludwig van Beethoven Oper Fidelio treffen wir sie in der Central Tagesbar an der Dammtorstraße zu einem Gespräch für Das Opernmagazin.
OM (DAS OPERNMAGAZIN): Frau Konradi, auch Gestern, wie schon in der Rolle des Oscar in Verdis „Un ballo in maschera“, beeindruckten Sie auch gestern durch ihre natürliche Ausstrahlung und die scheinbare Mühelosigkeit, mit der Sie in jeder Tonlage ihre Stimme führen. Wie sehen Sie es selbst?
KK (Katharina Konradi): Es war für mich sehr aufregend mich von Oscar auf Marzelline umzustellen, denn mein Oscar-Debüt ist ja auch erst zwei Wochen her. Es sind ja stimmlich wie auch von den Personen her, zwei unterschiedliche Rollen. Und mich zwischen den Vorstellungen als Oscar auf die Proben als Marzelline umzustellen war schon ein Stück Arbeit. Aber am Ende war ich richtig glücklich. Natürlich wird die zweite Vorstellung noch besser werden, denn die Rolle geht ja immer mehr in den Körper. Mein Verlobter, der Dirigent ist, machte mich zwar auf einige Unsicherheiten aufmerksam, doch ist das die Art von Kritik, die mich weiterbringt.
Um noch ein Mal auf den Unterschied zwischen den bedien Partien zurückzukommen und auch auf den kurzen Zeitraum der zwischen den beiden Debüts. Ich bin da pragmatisch herangegangen. Emotional ist es ein Vorteil, dass beide junge Menschen sind, wenn auch mit verschiedenen Themen und unterschiedlichem Geschlecht.
Ich hatte zwei Aufgaben zu bewältigen. Als erstes den Oscar und dann die Marzelline, die stimmlich tiefer geschrieben ist und kräftiger zu singen als Oscar. Diese Partie lebt ja eher von der Höhe und den Koloraturen. Darum habe ich die Marzelline zuerst zuhause nur stumm geübt, mir die Szenen, die Töne, Phrasen und den Text angesehen, aber nie ausgesungen um den Oscar “Nicht aus der Form zu bringen“. Mit der Marzelline habe ich mich stimmlich erst wirklich intensiv beschäftigt, als der Oscar schon auf der Bühne erprobt war.
OM: Delnons Fidelio ist ja eine recht umstrittene Inszenierung. Ich denke da an den Vergewaltigungsversuch durch Jaquino, von dem dann suggeriert wird, dass Don Pizzaro ihn, wenn auch für die Zuschauer unsichtbar, vollendet.
KK: Jaquino versucht ja immer wieder, sich an mich heranzumachen. Doch gegen ihn kann ich mich wehren, denn unsere Kräfte sind ungefähr gleich stark. Ich kann also sagen: „Bis hier her und nicht weiter. Lass mich in Ruhe!“ Don Pizzaro ist aufgrund seiner Machtstellung und wegen des große Altersunterschiedes so stark und ehrfurchtgebietend, dass ich keine Chance habe. Ich finde diese Szene, die ja letztlich doch offenbleibt, sehr passend für diese Inszenierung. Denn für mich symbolisiert sie einen Albtraum. Ich finde die Ästhetik von Kaspar Zwimpfers Bühnenbild und die Kostüme von Lydia Kirchleitner sehr schön, sehr durchdacht und passend. Es sind die Aktionen, durch die sich alles so alptraumhaft anfühlt. Marzelline verkleidet sich als Braut für Fidelio, träumt von ihm, macht sich Hoffnungen und muss am Ende feststellen, dass Fidelio eigentlich Leonore heißt. Für mich alleine schon ein Trauma für ein junges Mädchen, Träume auf diese Weise zerstört zu sehen. Doch eigentlich bekommt niemand das, was er sich wünscht in diesem Stück, außer vielleicht Leonore, die dafür jedoch durch die Hölle ging.
OM: Wo sehen Sie sängerisch Ihre Zukunft? Dabei meine ich nicht die Theater, sondern eher das stimmliche Fach. Denn da gibt es ja für Ihre Stimmlage sehr viel. So wie zum Beispiel Mozart, Puccini, Verdi und Co. oder sogar die Werke, die fast nur von Koloraturen leben wie etwa bei Rossini. Denn wie gesagt, Ihre Koloraturen machen einen wirklich mühelosen Eindruck.
KK: Also, ich muss ganz ehrlich sein und sagen, dass Koloraturen nicht so meine Sache sind und ich wirklich im Vorfeld hart arbeiten muss um diese Leichtigkeit auf der Bühne zu haben. Darum möchte ich mich doch eher auf den lyrischen Bereich konzentrieren. Auch merke ich, dass sich die Stimme mit dem Hauswechsel verändert. Die Stimme als schwingendes Instrument, das mit dem Raum, in dem sie erklingt, wächst. Ich war ja vor Hamburg am Staatstheater Wiesbaden, wo alles etwas kleiner ist, als hier. Und ich merke bereits, wie sich die Stimme verändert. Aber natürlich wächst die Stimme auch mit den Aufgaben. In der nächsten Spielzeit kommen an großen Partie hier unter anderem die Pamina dazu, die ich schon in Wiesbaden sang und auf die ich mich sehr freue, denn Mozart singen macht immer große Freude. Auf die Despina in Mozarts Cosi Fan tutte freue ich mich besonders, weil diese Produktion uns Sängern viel komödiantischen Spielraum bietet. Dann werde ich noch die Musetta in La Boheme singen und die Clorinda in La Cenerentola. Eine Traumrolle, für die ich mir aber noch Zeit lassen kann und möchte, ist die Violetta in Verdis La Traviata. Und ein Traum, dessen Erfüllung zu einem noch späteren Zeitpunkt kommen sollte, ist die Tatjana aus Eugen Onegin. Meine Muttersprache ist ja russisch, ja- die Tatjana ist eine Rolle für die Seele.
OM: Viele Ihrer Kolleginnen haben ein extrem großes Repertoire, selbst schon in recht jungen Jahren, einige wenige beschränken sich auf einige Partien. Was möchten Sie? Und wie ehrgeizig sind Sie? In Hinblick auf die große Konkurrenz die es in Ihrem Fach gibt, wie viel Ellbogenstärke besitzen Sie?
KK: Ich möchte so singen, dass meine Stimme gesund bleibt und die Menschen daran Freude haben mich zu hören.
Ich gönne anderen ihren Erfolg. Ich bin nicht bereit, mich zu verbiegen, Dinge zu machen nur um überall präsent zu sein. Nein, ich möchte nur machen, was mir und meiner Stimme gut tut und mir erlaubt, mir selbst treu zu bleiben.
OM: Ich persönlich empfinde diese Einstellung als eine bewunderungswürdige Stärke, die ja auch dazu angetan ist, Sie dem Publikum noch lange zu erhalten. Doch wie sieht es aus mit Vergleichen, positiven oder eher kritischen, denn dazu lassen sich ja ,gerade Menschen meiner Generation, oft hinreißen.
KK: Oft wurde ich schon von verschiedenen Seiten mit der wunderbaren Reri Grist verglichen. Da ich sie anfangs noch nicht kannte, hörte ich mir Aufnahmen von ihr an und empfand den Vergleich als eine große Ehre. Natürlich ist es ein wahres Kompliment, mit solchen Künstlerinnen verglichen zu werden. Doch ich sehe auch die Gefahr, dass man vielleicht versucht diese nachzumachen, die eigene Stimme zu verstellen um den ähnlichen Klang zu erreichen und sich so selbst verleugnet.
OM: Zum Abschluss frage ich immer gerne dies: Das Glas des Lebens, ist es für Sie eher halbvoll oder halbleer?
KK: Das hab ich mich nie gefragt! Ich bin optimistisch und selbst wenn es mit dem Beruf doch nicht so klappen sollte, wie ich es mir erträume, gibt es doch tausend Dinge, die man machen kann und bei denen man auch glücklich ist.
OM: Eine sehr weise Antwort, vielen Dank. Gibt es noch etwas, das Sie sagen möchten? Vielleicht über mittelfristige Pläne?
KK: Meine künftigen Rollen hier an der Staatsoper Hamburg habe ich ja schon erwähnt. Im nächsten Monat singe ich bei den Maifestspielen in Wiesbaden die Zerlina in Mozarts Don Giovanni. Im Sommer bin ich in bei den Festspielen in Bayreuth, als Junger Hirte in Tannhäuser und als Blumenmädchen in Parsifal. Außerdem auch immer wieder Lied-Projekte für BBC3 und die dortige Reihe „New Generation Artists“ und auf vielen anderen Lied- und Konzertbühnen. Ansonsten gibt es Pläne, über die ich noch nicht sprechen darf.
OM: Hoffentlich haben die auch viel mit der Staatsoper Hamburg zu tun! Nun danke ich Ihnen für dieses Gespräch und wünsche weiterhin viel Erfolg!
KK: Gern geschehen und Danke sehr!
- Das Gespräch mit der Künstlerin führte Birgit Kleinfeld / Red. DAS OPERNMAGZIN
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- Titelfoto: Katharina Konradi/ Foto ©LottaPietru
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