
Vor kurzem erschien im Verlag für moderne Kunst der prächtige Interview- und Bildband „VOICES“. In Gesprächen mit Christine Cerletti und Thomas Voigt entstand ein für jeden Opern-und Musikfreund bereicherndes Werk, in welchem 70 Künstlerinnen und Künstler von ihren prägenden Erlebnissen berichten. Das aufwändige Projekt ist mit 440 Fotografien reich bebildert. Das Vorwort verfasste Elke Heidenreich. Wie dieses Buch zustande kam, konnte Marco Stücklin, mit der Herausgeberin Christine Cerletti in einem Gespräch erfahren.
Marco Stücklin: Frau Cerletti, wie entstand die Idee für ein so umfangreiches Buchprojekt?
Christine Cerletti: VOICES entstand eigentlich aus den Umständen, welche durch die Pandemie ausgelöst wurden und vielen Künstlern die Gelegenheit genommen hatte, vor Publikum aufzutreten. Die Idee dafür kam von Thomas Voigt, welcher bereits für die Entstehung des vor ein paar Jahren erschienenen großen Bildbandes über Jonas Kaufmann zuständig war. Für VOICES war beabsichtigt, etwa 70 Künstler auf jeweils zwei Doppelseiten zu porträtieren und mit vielen Fotos zu illustrieren. Sie hatten genügend Muße, um unsere Fragen nach den Beweggründen zu beantworten, welche sie zum Entschluss führten, sich für diesen Beruf zu entscheiden. In den Interviews ging es darum, zu erfahren, wie die Künstler und Künstlerinnen in ihrer Jugend mit der Musik in Kontakt kamen, welches ihre Vorbilder waren und auch über Schlüsselereignisse, welche sie im Laufe ihrer Karriere geprägt haben. So kam der bunte Reigen interessanter Persönlichkeitsportraits zustande. Das war in der Tat ein großes Projekt, welchem viel Zeit für Recherchearbeit vorausgegangen war.
Marco Stücklin: Das vorliegende Buch entstand in enger Zusammenarbeit mit Thomas Voigt. Wie haben Sie sich kennengelernt?

Christine Cerletti: Thomas Voigt ist ein enger Mitarbeiter von Jonas Kaufmann und macht für ihn die ganze Öffentlichkeitsarbeit. Nachdem ich die Stimme von Jonas Kaufmann für mich entdeckt hatte, entstand in mir bald der Wunsch, über ihn einen Bildband zu machen. Eine Biografie gab es schon, aber es fehlte noch ein großer Bildband. Ich wartete also auf eine Gelegenheit, um mit ihm über diese Idee persönlich sprechen zu können. Diese Gelegenheit ergab sich 2017 in München. Zugegen waren sein Agent und ein enger Freund von mir. Mein Vorschlag war, ihm das Buch zu seinem 50. Geburtstag zu schenken; er selber hatte damals keine Zeit, um sich einem solchen Projekt widmen zu können, war aber diesem gegenüber nicht abgeneigt. Auf diese Weise kam ich später erstmals mit Thomas Voigt in Kontakt. Er war sofort von meiner Idee angetan. An einem Liederabend in Hamburg trafen wir uns zum ersten Mal persönlich. Es dauerte dann allerdings noch ein gutes Jahr, bis er sich meinem Projekt widmen konnte, weil er damals mit einem großen Werk über Birgit Nilsson beschäftigt war. Im Oktober 2019 fand in Wien die Buchtaufe dieses Werke statt. Als dann im Februar 2020 die Pandemie ausbrach, änderten sich die Umstände für die darstellenden Künstler dramatisch. Es gab keine öffentlichen Auftritte mehr. Sowohl sie als auch ihre Agenten wussten nicht, wie es weitergehen sollte. So kam schließlich die Idee für das Projekt VOICES zustande. Es war mir ein großes Vergnügen, das Projekt realisieren zu können. Das ist natürlich größtenteils Thomas Voigt zu verdanken. Er kennt sehr viele Künstler und hat auch die meisten Interviews gemacht.
Marco Stücklin: Wie waren die Reaktionen der angefragten Künstler auf Ihre Idee?
Christine Cerletti: Diese fielen zunächst sehr unterschiedlich aus. In der Zwischenzeit hatte sich die Pandemiesituation zeitweise etwas entspannt. Einige meldeten, sie hätten keine Zeit, weil sie wieder mit Engagements beschäftigt waren und es gab welche, die gar nicht antworteten. Doch der Großteil war positiv. Einige wollten sogar den Text selber schreiben, was natürlich besonders willkommen war. So entstanden schöne Begegnungen und es entwickelte sich eine großartige Zusammenarbeit.
Marco Stücklin: Wie lange dauerte es, bis die nötigen Unterlagen zusammengetragen waren?

Christine Cerletti: Das dauerte etwa zwei Jahre. Vor allem die Bildrechte benötigten viel Zeit und das war eine große Herausforderung für die Projektleiterin und die Juristen. Ein wirklich enormer Aufwand.
Marco Stücklin: Sie haben ja das Buch in Wien und Zürich vorgestellt. Wie war die Resonanz des Publikums?
Christine Cerletti: Wir erfuhren eine erfreulich große Resonanz. An beiden Anlässen waren wichtige Künstler/innen anwesend, welche natürlich Publikum anlockten, besonders in Wien. Dort waren wir im Mahler-Saal der Staatsoper, wo auch die Signierstunde stattfand. Von VOICES gibt es zwei Ausgaben, eine auf Deutsch und eine auf Englisch. Somit kann dieses Buch auch in weiteren Kreisen Anklang finden.
Marco Stücklin: Wie war es möglich, einen derart aufwändigen Band zu einem so erschwinglichen Preis zu produzieren?
Christine Cerletti: Das war natürlich nur durch die Unterstützung meiner Stiftung Colla Parte möglich. Das Werk sollte vor allem einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden und auch jungen Lesern Gelegenheit geben, sich mit der spannenden Musikwelt zu beschäftigen.
Man kann dieses Buch jedem Freund der Oper und der Musik bestens empfehlen.
VOICES
VFMK Verlag für moderne Kunst Gmbh Wien
Konzept: Christine Cerletti/Thomas Voigt Autor: Thomas Voigt
Editor: Stiftung Colla Parte, Basel
ISBN 978-3-903439-44-3 (Deutsch)
ISBN 978-3-903439-45-0 (English)
Preis: EURO 49.-
- Artikel und Interview von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
- Titelbild: Buchcover VOICES DE