
Auch beim diesjährigen Festival LIEDBasel ist es den Organisatoren gelungen, zwei führende Persönlichkeiten der Musikwelt für die Meisterkurse mit den fünf Lied-Duos zu gewinnen. Von der österreichischen Mezzosopranistin Angelika Kirchschlager konnten die Stipendiat/innen viele wertvolle Tipps erhalten. Seit über 30 Jahren tritt sie auf Opernbühnen und in Konzertsälen auf und durfte unzählige Erfolge feiern. Sie genießt zudem den Ruf, einer außergewöhnlichen Gesangpädagogin. Mit ihrer reichen Erfahrung stellte sie für die Kursteilnehmer/innen eine unschätzbare Quelle der Inspiration dar. Den schottischen Pianisten Malcolm Martineau muss man Kennern der Klassikszene nicht mehr vorstellen. Er hat im Laufe seiner großen Karriere viele berühmte Sänger/innen begleitet und kann ebenfalls aus einem reichen Schatz an Erfahrungen schöpfen, welche er auf sympathische Weise den jungen Schülern zu vermitteln versteht.
An drei öffentlichen Meisterkursen war auch ein interessiertes Publikum zugelassen, welches mitverfolgen konnten, wie die beiden Meister ihres Fachs jeweils während einer Stunde intensiv mit den fünf Lied-Duos arbeiteten und ihnen wertvolle Tipps vermittelten. Als Zuhörer hatte man Gelegenheit mitzuverfolgen, wie nebst der Gesangstechnik auch die Interpretationsgestaltung des jeweiligen Liedes angegangen werden muss.
Natürlich wurde den Stipendiant/innen auch außerhalb dieser öffentlichen Kurse vieles vermittelt, das zu ihrer künstlerischen Entwicklung beitragen wird. So gab es beispielsweise einen Meisterkurs mit dem Schauspieler Klaus Brömmelmeier, welcher mit den Teilnehmenden an ihrer Bühnenpräsenz arbeitete. Nicht unerwähnt bleiben darf auch die Coaching Beraterin Aimée Paret, welche die Lied-Duos mit ihrem Fachwissen unterstützte.

Mit einem eigenen Liederabend haben sich dann Angelika Kirchschlager und Malcolm Martineau dem zahlreich erschienenen Publikum vorgestellt. Dieser wurde von der Sängerin extra für dieses Festival unter dem Titel „Ich weiss nicht was soll es bedeuten“ zusammengestellt. Dabei konnten das Publikum und die anwesenden Stipendiat/innen ein sehr anspruchsvolles Programm erleben. Angelika Kirchschlager hat dafür Lieder von über einem Dutzend Komponisten mit gesprochenen Texten kombiniert und so Gesang und Rezitation auf bewegende Weise vereint. Dabei konnte man die perfekte Umsetzung der in den Kursen gelernten Gestaltungstechniken für ein Lied miterleben. Mit Malcolm Martineau am Klavier ergab sich ein Hörgenuss, welcher vom Publikum mit viel Applaus belohnt wurde.
Den Höhepunkt der LIEDAcademy-Woche bildet das große Abschlusskonzert am Sonntagmorgen im Kulturzentrum Don Bosco. Hier hatten alle Lied-Duos Gelegenheit, vor großem Publikum ihr eigenes kurzes Programm zu präsentieren.

Den Anfang machten die Sopranistin Anna Graf und die Pianistin Han-Lin Yun. Ihnen gelang es, mit einer humoristischen Einlage ganz zu Beginn des Konzertes, das Publikum in eine heitere Stimmung zu versetzen. Dabei konnte man die lange Zusammenarbeit der beiden deutlich erkennen. Anna Graf verfügt über eine große Stimme und eine starke Ausstrahlungskraft, mit denen sie die ganzen Emotionen der ausgewählten Lieder von Camille Saint-Saëns „Tournoiment“, Henri Duparc „Extase“, Franz Schubert „Gretchen am Spinnrade“, Hugo Wolf „Das Köhlerweib ist trunken“, Alexander von Zemlinsky „Schlummerlied“ und Robert Schuhmann „Der Soldat“ interpretierte. Han-Lin Yun am Klavier überzeugte auf der ganzen Linie mit viel Gefühl.

Die Schweizer Sopranistin Kathrin Hottiger und der Pianist Pierre-Nicolas Colombat konnten mit fünf Liedern in drei Sprachen und mit Ihrer Moderation die Zuschauer in ihren Bann ziehen. Mit selten zu hörenden Liedern von Henry T. Burleigh „Among the Fuchsias“, Rosy Wertheim „Scherzo“ Claude Debussy „La Chevelure“, Alma Mahler „Waldseligkeit“ und Fanny Hensel „Morgenständchen“ zeigten sie ihr Können und ihre gewinnende Ausstrahlung.

Der deutsche Bariton Anton Kirchhoff und die Pianistin Jou-an Chen haben für Ihren Programmteil die zwei Lieder von Franz Schubert „Der Wanderer“ und „Der Leiermann“ ausgewählt. Ferner entschieden sie sich für drei Werke aus den „Hollywood-Elegien“, „I saw many friends“ und „Jeden Morgen, mein Brot zu verdienen“ mit Texten von Bertold Brecht und „The rat men“. Anton Kirchhoff verfügt über eine sehr nuancenreiche Stimme und lotete subtil alle Facetten seiner Texte aus. Mit viel Feingefühl begleitete die Pianistin seinen Vortrag.

Mit zwei lettischen Solisten ging das Programm weiter. Die Sopranistin Katrina Paula Felsberga und der Pianist Artūrs Oskars Mitrevics spannten in Ihrer Darbietung den Bogen von traurig bewegend bis humoristisch. Das erste Lied aus Ihrer Heimat von Jekabs Jančevskis „Apdzisa plavas“ war eine Trouvaille, welche hier wohl nur selten zu hören sein wird. Von Viktor Ullmann erklang „Wo hast Du all die Schönheit hergenommen“. Mit zwei weiteren Lieder von Francis Poulenc, das klagende „C“ und das rasante „Fêtes galantes“ zeigte sie das ganze Spektrum ihrer schönen Stimme. Sehr humorvoll und verspielt wurde der Song „Animal Passion“ von Jake Heggie präsentiert und sie erntete dafür großen Applaus. Am Klavier war ihr sehr kompetenter Partner Artūrs Oskars Mitrevics.

Den Abschluss dieses Reigens herrlicher Musik machten der chinesische Bariton Wencong Xue und die taiwanesische Pianistin Chia-Yun Hsieh. Wencong Xue verfügt über eine ausserordentlich facettenreiche grosse Stimme. Sei es mit Gustav Mahlers „Der Schildwache Nachtlied“ und „Das irdische Leben“, sowie mit Franz Schuberts „Kriegers Ahnung“, stets gelang ihm, die richtige Stimmung zu vermittelt. Beim letzten Lied von Hugo Wolf, „Der Rattenfänger“, konnte man erleben, wie die Arbeit während des Meisterkurses bestens umgesetzt wurde. Chia-Yun Hsieh begleitete Ihren Gesangpartner mit höchster Aufmerksamkeit.
Am Ende dieses Abschlusskonzertes war man beeindruckt vom großen Potenzial, welches in den jungen Künstlern vorhanden ist. Es ist allen Teilnehmern von Herzen zu wünschen, dass sie ihren Weg in der Musikszene finden werden und man sie hoffentlich bald wieder erleben darf. Die Zusammenstellung des Programms hat die Qualität des ganzen Festivals ausgezeichnet und hat das Niveau dieser Veranstaltung bewiesen. Ein besonderes Kompliment geht auch an alle Beteiligten und Helfer dieser bereichernden Tage.
- Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
- LIEDBasel 2023
- Titelfoto und alle weiteren Fotos @ Benno Hunziker