BRSO: Hoffnungsvolle Klänge – Dudamel dirigiert Schumann

G. Dudamel und BRSO/Foto @ BR/Astrid Ackermann

Programm:

Modesta Bor – Aquí te amo

José Antonio Abreu – Sol que das vida a los trigos

Antonio Estévez – Mata del ánima sola

Robert Schumann – Symphonie Nr. 3 Es-Dur op. 97 »Rheinische« / Gustavo Dudamel Dir., Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks 

Konzert vom 24.10.2020, 20.30

In der Münchener Kulturszene brodelt es. Am Samstag demonstrierten hunderte Kulturschaffende für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und gegen die besorgniserregende Corona-Kulturpolitik, die, nicht nur im Freistaat Bayern, auch bundesweit, praktiziert wird. Während die ersten Förderprogramme im September ausgelaufen sind und sich viele von der Politik im Stich gelassen fühlen, bleibt die aktuelle Situation für viele Künstler*innen existenzbedrohend.

 

Nun hat Ministerpräsident Markus Söder die Fortzahlung der Künstlersoforthilfe angekündigt, aber im selben Atemzug auch eine striktere Beschränkung der Zuschauerzahlen in der Landeshauptstadt beschlossen, sollten die Inzidenzwerte gewisse Marken überschreiten. Darauf antworteten die Intendant*innen von zehn bayerischen Bühnen (z.B. der Bayerischen Staatsoper, des Residenztheaters und dem Staatstheater Nürnberg) mit einem offenen Brief, in dem sie die strikte Beschränkung bei Vorstellungen auf 50 Zuschauer*innen bei 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner*innen in einer Stadt, kritisieren.

„Bisher hat es keine nachweisliche Infektion durch einen Theaterbesuch gegeben“, heißt es in dem Brief. Die Intendant*innen insistieren darauf, den Spielbetrieb mit 200 bzw. 500 Zuschauer*innen aufrecht zu erhalten. Alles andere, so heißt es, würde eine „Existenzbedrohung für alle Bühnen in Bayern“ bedeuten. In den Theatern und Konzertsälen gelten strenge Regeln. Dies konnte man am Wochenende in der Philharmonie am Gasteig wieder beobachten. Leere Reihen, große Abstände zwischen den Zuschauer*innen und Maskenpflicht während des gesamten Konzerts.

Konzert G. Dudamel beim BRSO/BR- Chor/Foto @ BR/Astrid Ackermann

Unter Leitung des venezolanischen Dirigenten Gustavo Dudamel führte das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks einen Schumann-Zyklus auf. Corona-gerecht sind die vier Sinfonien des romantischen Komponisten auf mehrere Abende verteilt. Den Sinfonien vorangestellt sind drei Chorwerke aus der Heimat des südamerikanischen Dirigenten, die der Chor des Bayerischen Rundfunks auf eindrucksvolle Weise interpretierte. Die Vertonung des Pablo Neruda-Gedichts „Aquí te amo“ von Modesta Bor lässt das Konzert mit einer nachdenklichen Note beginnen. Der Chor schließt mit Abreus „Sol que das vida a los trigos“, dessen diffizile Polyrhythmik virtuos gemeistert wurde und selbst dem Chor ein Lächeln auf die Lippen zauberte, so ansteckend war die Musik. Auch die Solo-Partie des Chor-Mitglieds Andrew Lepri Meyer glückte glanzvoll.

Gustavo Dudamel beim BRSO/FOTO @ BR/Astrid Ackermann

Auf die drei venezolanischen Volksweisen folgte Robert Schumanns Symphonie Nr. 3 Es-Dur op. 97. Mit dem ersten Satz, Lebhaft, setzten Dudamel und das schlank besetzte Orchester sofort auf eine heroische, aber frei von Pathos oder romantische Verklärung durchsetzte Interpretation. Die straffen Tempi und das schwungvolle Dirigat bildeten den Ausgangspunkt, auf dem Dudamel seine Deutung der „Rheinischen“ aufbaute, ohne dabei den dramatischen Spannungsbogen aus den Augen zu verlieren. So vermochte er jedem Satz Individualität zu verleihen, ohne die beschwingt, heitere Grundstimmung zu vernachlässigen. Nur der vierte Satz geriet nicht nur Feierlich, sondern gar nachdenklich und düster, sodass das Finale umso temperamentvoller und beglückender wirkte. Mit den nochmals angezogenen Tempi, vom Orchester virtuos umgesetzt, entlud sich kraftvoll die ganze Schönheit Schumanns dritter Sinfonie.

Dieses hoffnungsvoll endende Konzert wird zum Symbol dessen für was die Leiter*innen der Kulturinstitutionen kämpfen. Wie es in den kommenden Tagen und Wochen für die Kulturszene in München und im Freistaat weitergeht, bleibt offen. Der Schumann-Zyklus unter Leitung Dudamels war jedoch eine wichtige Erinnerung, dass Kunst und Kultur durchaus systemrelevant sind und gerade jetzt umso schützenswerter. Es bleibt zu hoffen, dass diese Botschaft nun auch bei der Politik ankommen wird.

 

  • Rezension von Alexandra Richter / Red. DAS OPERNMAGAZIN
  • Titelfoto: Gustavo Dudamel beim BRSO @ BR/Astrid Ackermann
Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert