Ballett Zürich: Uraufführung „NACHTTRÄUME“ – Stück von Marcos Morau

Ballett Zürich/Nachtträume/ Foto @ Gregory Batardon

Mit Marcos Morau hat das Ballett Zürich einen der gefragtesten Choreographen unserer Zeit für sich gewonnen. Morau ist selbst kein Tänzer, verfügt jedoch über hervorragende künstlerische und ästhetische Qualitäten mit denen er mit seiner Compagnie „La Veronal“  großes Aufsehen erregt. Sein Ideenreichtum scheint schier endlos. Für seine Produktionen auf namhaften internationalen Bühnen und Festivals wurde er schon vielfach ausgezeichnet . Wer noch keines seiner Werke gesehen und nun diesen außergewöhnlichen Abend im Opernhaus Zürich erleben durfte, kann diesen Ehrungen nur zustimmen. (Rezension der Uraufführung v. 30.09.2022)

 

An erster Stelle muss die Leistung der ganzen Ballettcompagnie erwähnt werden. Diese ist schlicht atemberaubend und verdient höchste Anerkennung. Bei dieser Choreographie gibt es keine Solisten. Es war eine Ensembleleistung auf höchstem Niveau, welche von jedem einzelnen Tänzer eine extremste Leistung abverlangte. Faszinierend die Präzision und Synchronität der einzelnen Elemente des Tanzes.

Inspiriert durch das Ballett „Der grüne Tisch“, einem aus dem Jahre 1932 stammenden Referenzwerk der Geschichte des Tanztheaters von Kurt Joss, ist Moraus neue Choreographie „Nachtträume“ entstanden. Es ist nicht ein Ballett im herkömmlichen Sinne, keine Ballettmässig umgesetzte musikalische Handlungsgeschichte, wie man sich landläufig eine Ballettaufführung vorstellt. Seine Choreographie sprengt diesen Rahmen und begeistert durch unzählige neue Eindrücke.

Das Stück spielt in der Magie der Nacht, wo es keine Grenzen, nur irreale Konstrukte unseres Geistes gibt und wo alles möglich ist. Es geht um traumartige Visionen, um die Machtlosigkeit gegenüber unsichtbaren Kräften und um Unterdrückung und was für eine Rolle diese, bewusst oder unbewusst, in unserem Leben spielen.

Ballett Zürich/Nachtträume/ Ruben Drolle/ Foto @ Gregory Batardon

Durch die gesamte Handlung vom Anfang bis zum Ende führt eine Königin, in einer glitzernden Robe und mit einer funkelnden Krone auf dem Haupt. Dämonisch und furchteinflößend und didaktisch perfekt spricht sie Texte über unbeschreibliche Mächte und Vergänglichkeit und immer wieder befielt sie „Liebe mich!“. Eine Meisterleistung des Baritons Ruben Drolle, welcher mit Spiel, Gesang und magischer Bühnenpräsenz begeisterte und bei jedem Auftritt im Mittelpunkt der Szene stand.

Marcos Morau arbeitet mit nur wenigen Requisiten und teilweise grotesken Gestalten. Passend dazu das in schwarz/weiss gestaltete Bühnenbild von Max Glaenzel, welches an Stummfilm und Kabarett erinnert und von einem riesigen Leuchter dominiert wird. Die ebenfalls passenden schwarz/weissen Kostüme hat Silvia Delagneau entworfen. Videoprojektionen von Tieni Burkhalter ergänzen die Wirkung eindrücklich. Die Dramaturgie lag in den Händen von Israel Solà und Michael Küster, welche die eindrücklichen Texte ausgewählt haben. Martin Gebhardt hat die ausgewogene Lichtgestaltung geschaffen. Immer wieder wird man durch überraschende Effekte in den Bann gezogen.

Ballett Zürich/Nachtträume/ Foto @ Gregory Batardon

Clara Aguilar war für die Musik verantwortlich. Zu abstrakt wirkenden rhythmischen Paukenschlägen und Einzeltönen gesellen sich unerwartet bekannte Melodien aus Werken von Franz Schubert, Sergej Rachmaninow und Kurt Weill, sowie Piano- und Trompeteneinlagen gespielt von Luigi Largo und Heinz Della Torre . Zum Schubert Lied „Nacht und Träume“ tanzten niedliche Schäfchen. Auch regelmäßige Besucher von Ballettaufführungen bestätigen, dass man so etwas wie  „Nachtträume“ noch nie erlebt hat.

Im Anschluss an die umjubelte und mit Standing Ovation gefeierte Uraufführung, wurde dem Ballett Zürich, die Auszeichnung „Glanzlicht des Jahres“ der Zeitschrift „tanz“ verliehen, welche auf Grund von Kritikerumfragen vergeben wird und gerade nach diesem Abend, mehr als verdient ist.

Man kann der Compagnie nur das höchste Lob aussprechen und jedem Freund des Tanzes den Besuch dieser Aufführungen empfehlen.

 

  • Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN – CH
  • Ballett Zürich / Stückeseite
  • Titelfoto: Ballett Zürich/Nachtträume/ Foto @ Gregory Batardon
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