Das zweite Konzert des Tonhalle-Orchesters Zürich bot die erste Begegnung mit der südafrikanischen Sopranistin Golda Schultz, welche in dieser Saison als Fokus-Künstlerin zu hören ist. Sie kann bereits auf große Erfolge in Opern und Konzerten zurückblicken und gehört heute zu den gefragtesten Sängerinnen. (Konzert vom 25. September 2024)
Welcher Liebhaber klassischer Musik und Freund des Liedes kennt nicht die wunderbaren „Vier letzte Lieder“ von Richard Strauss, welche erst im Jahr nach dem Tod des Komponisten in London uraufgeführt wurden und bis heute zu den beliebtesten Liedern von Strauss zählen?Golda Schultz gelingt es mit Ihrer herrlich fließenden Stimme und strahlenden Höhen, die passende Stimmung für jedes der vier Lieder aufs schönste zu vermitteln. Das Tonhalle-Orchester Zürich spielte leider zeitweise etwas zu laut, wodurch die Textverständlichkeit beeinträchtigt wurde.
Vor den Liedern erklang Anton Webern‘s „Langsamer Satz für Orchester“, welchen er im Alter von erst 22 Jahren komponiert hatte und von großer Emotionalität geprägt ist. Interessant ist an diesem Werk, dass es zu seinen Lebzeiten nicht aufgeführt wurde, da es aus seiner Sicht eigentlich nicht zu seinem Musikbegriff passte. Webern galt als einer der Gründerväter der Zweiten Wiener Schule und Verfechter des Zwölftonsystems.
Nach der Pause wurde mit ganz großer Kelle angerührt. Im Gedenken an Anton Bruckner‘s 200. Geburtstag, welcher dieses Jahr gefeiert wird, wurde seine „Sinfonie Nr. 1 c-Moll in der „Linzer Fassung“ aufgeführt. Bruckner war bereits über 40 Jahre alt, als er seine 1. Sinfonie 1868 zur Uraufführung brachte. Stets von Selbstzweifel verfolgt, wurde diese Sinfonie, wie die nachfolgenden ebenfalls, mehrmals überarbeitet und so entstand die „Wiener Fassung“, welche 1891 ihre Uraufführung erlebte.
Die vier Sätze dieser sehr intensiven Sinfonie, welche die Akustik des Saals beinahe an ihre Grenzen führt, verlangt vom Orchester höchste Konzentration, sind doch die rasch wechselnden Stimmungen und das unglaublich rasche Tempo nur zu bewältigen, wenn man ein erstklassiges Orchester mit einem hochbegabten Dirigenten zur Verfügung hat. Mit dem Tonhalle-Orchester Zürich und seinem Music Director Paavo Järvi, waren diese Voraussetzungen bestens gegeben. Man staunte über die hervorragende Präzision der beteiligten Musiker/innen bei dieser Aufführung.
- Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
- Tonhalle Orchester Zürich
- Titelfoto: Tonhalle-Orchester Zürich/Foto: Gaëtan Bally