Ariadne auf Naxos hat eine lange Entwicklungsgeschichte hinter sich. Kurz nach der Uraufführung seiner Oper „Der Rosenkavalier“ im Januar 1911 begann sich Hugo von Hofmannsthal mit dem Ariadne-Stoff auseinanderzusetzen und schlug Richard Strauss vor, daraus eine kleine Kammeroper von ca. 30 Minuten Länge zu komponieren. Es entwickelte sich ein reger Briefwechsel zwischen Hofmannsthal und Strauss bis schließlich im Oktober 1912 die Uraufführung der ersten Fassung in Stuttgart stattfinden konnte. Im Jahre 1913 entwarf Hofmannsthal den Plan für eine Bearbeitung des Werkes und zwar eine Trennung von Oper und Komödie. Erst am 4. Oktober 1916 fand an der Wiener Hofoper die Premiere der Wiener Fassung statt, welche auch am Opernhaus Zürich gespielt wird. (Rezension der Premiere v. 22. September 2024)
Mit seiner vorletzten Inszenierung als Hausherr im Opernhaus Zürich gelang Andreas Homoki eine überzeugende Arbeit. Zusammen mit dem Bühnenbildner Michael Levine, den Kostümen von Hannah Clark und der Lichtgestaltung von Franck Evin entstand eine Aufführung, welche durch vielerlei spezielle Effekte überrascht.
Bereits vor dem Vorspiel sieht man alle Darsteller in schwarz gekleidet auf der Bühne. Sobald die Musik einsetzt, wird eine riesige Kleiderstange mit vielen Kostümen heruntergelassen, wo sich jeder sein Kostüm holt und sich für seine Rolle verkleidet.
Und schon beginnt die große Aufregung, denn der „reichste Mann von Wien“, der in der Handlung nie selbst in Erscheinung tritt, lässt sich durch seinen Haushofmeister vertreten, durch welchen er seine Befehle erteilten lässt. Nach der Oper „Ariadne“ soll eine Posse in italienischer Buffo-Manier aufgeführt werden. Schon dies sorgt für unglaubliche Verwirrung. Als dann aber später noch der Auftrag kommt, aus zeitlichen Gründen beide Stücke gleichzeitig aufführen zu lassen, weil anschließend noch ein Feuerwerk stattfinden wird, ist das Chaos komplett.
Der Komponist der Oper ist verzweifelt, die Diva zickt, der Tenor ist ebenfalls überheblich. Die lebenslustige Zerbinetta aus einer Komödiantentruppe ist vom Komponisten fasziniert und dieser ist von ihr hingerissen. Alle diese Verwirrungen und Launen werden von den Sänger/innen mit viel Emotion und Humor großartig umgesetzt.
Nach der Pause befinden wir uns auf der „wüsten“ Insel, in dieser Inszenierung in einem Schlafzimmer mit einem riesigen Teppich, welcher raffiniert beweglich ist und ein wenig an das Schlafgemach im Rosenkavalier erinnert. Hier sehen wir die leidende von Theseus verlassene Ariadne, welche den Tod als einzigen Ausweg aus ihrer tiefen Trauer sieht. Zerbinetta versucht zusammen mit Ihren Partnern die Verzweifelte aufzuheitern, was ihr jedoch nicht gelingt. Da künden die Nymphen die Ankunft eines Gottes an und Bacchus erscheint. Dieser ist eben gerade Circe entkommen, die ihn verführen wollte. Ariadne meint, in ihm den Todesboten zu sehen. Auch Bachus befürchtet, hier bei einer weiteren Circe angekommen zu sein. Doch er ist von Ariadne fasziniert und auch diese ist nach einigem Misstrauen wieder bereit für die Liebe.
Als Primadonna/Ariadne debütierte Daniela Köhler und bot eine eindrückliche Leistung, konnte jedoch noch nicht ganz überzeugen, da etwas zu viel Vibrato ihre Stimme beherrschte und einige Feinheiten fehlten. Als Bachus ist kurzfristig John Matthew Myers eingesprungen, welcher diese schwierige Partie bestens bewältigte. Er gab mit dieser Aufführung sein Debüt am Haus.
Als Komponist debütierte Lauren Fagan. Sie stand fast den ganzen Abend auf der Bühne und zeigte emotionsreich die Zerrissenheit dieser Partie. Einige schrille Höhen sind wohl der Premierenaufregung zuzuschreiben.
Die Krone des Abends gehört der chinesischen Sopranistin Ziyi Dai, welche mit größter Sicherheit die außerordentlich fordernde Arie „Großmächtige Prinzessin“ zu einem umjubelten Highlight dieser Aufführung machte.
Die drei Nymphen waren mit Yewon Han, Siena Licht Miller und Rebeca Olvera großartig besetzt. Wunderbar klang ihr Terzett „Töne, töne, süsse Stimme“. Mit Yannik Debus als Harlekin, Daniel Norman als Scaramuccio, Hubert Kowalczyk als Truffaldin und Andrew Owens, welcher wegen einer Erkrankung die Rolle nur spielte, aber von Manuel Günther von der Seite gesungen wurde, war eine hervorragende Komödiantentruppe zu erleben, welche stimmlich und schauspielerisch überzeugte.
Ganz besonders erwähnt gehören auch Martin Gantner als Musiklehrer und Kurt Rydl als Haushofmeister, welche im Vorspiel in jeder Hinsicht brillierten. Als Tanzmeister ließ Nathan Haller aufhorchen. Yannik Debus als Perückenmacher und Maximilian Bell als Lakai ergänzten das Ensemble.
Mit Martin Poschner am Pult und der Philharmonia Zürich erklang die so facettenreiche Musik von Richard Strauss in allen Farben und ließ das Publikum in dieser faszinierenden Komposition schwelgen. Ein Genuss!
- Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
- Opernhaus Zürich / Stückeseite
- Titelfoto: Opernhaus Zürich/ARIADNE AUF NAXOS/Foto: Monika Rittershaus