Macbeth/ Foto © Opéra Royal de Wallonie-Liège

„Schach dem König!“ – Premiere der Verdi-Oper „Macbeth“ in Lüttich am 12.06.2018

Macbeth/ Foto © Opéra Royal de Wallonie-Liège
Macbeth/ Foto © Opéra Royal de Wallonie-Liège

Der Initiative von Ulrike Wilckens, Mitarbeiterin der Opera Liege, verdankt DAS OPERNMAGAZIN die Einladung zur gestrigen Premiere und eine zukünftig enge Zusammenarbeit mit der Opéra Royal de Wallonie.

Die Königliche Oper der Wallonie ist das Theater der Stadt Lüttich in Belgien und neben La Monnaie in Brüssel und den beiden Gebäuden der Vlaamse Opera (Gent und Antwerpen) eines der vier Opernhäuser im Land.
 

 
Die international renommierte Lütticher Oper wurde 2012 komplett renoviert und erweitert. Das heutzutage seltene klassizistische Interieur von 1820, modernste Bühnentechnik und blendende Akustik zeichnen sie aus. Vor allem italienische Aufführungen begeistern auch das deutsche Publikum, das durch die Verstärkte Zusammenarbeit mit der deutschsprachigen Fachpresse zeitnah über die aktuellen Inszenierungen informiert werden soll.
 
Das Lütticher Opernhaus besticht mit seinen Neuinszenierungen bedeutender italienischer Werke unter anderem auch in Zusammenarbeit mit der La Fenice Oper in Venedig. Auf dem Spielplan 2017-2018 stehen beispielsweise Puccinis Manon Lescaut, Bellinis Norma und Verdis Rigoletto. Der prächtige große Saal der Oper mit seiner einmaligen Aura ist geradezu prädestiniert für klassischen Aufführungen. Die Übertitel werden in 3 Sprachen: Französisch, Flämisch und Deutsch eingespielt.
 
In diese Reihe gehört auch die Oper Macbeth von Verdi.
 
Es mag nur ein kleines, unbedeutendes Detail sein:
Aber wenn Paolo Arrivabeni, der den Abend musikalisch geleitet hat, an das Dirigentenpult tritt, lächelt er erst einmal verschmitzt nach rechts bis zum obersten Rang, dann ebenso nach links, um uns schließlich schelmenhaft zu zu zwinkern, bevor er sich mit Freude an die Arbeit macht.
 
Und das ist der Geist, der uns den ganzen Abend begleitet. Die Freude am Spiel, die Liebe zur Musik, der leidenschaftliche Gesang, die detailverliebtheit der Kostüme und die klassisch reduzierte Inszenierung, die sich zu keinem Zeitpunkt im Geiste eines Regietheaters in den Vordergrund drängt.
 
Paolo Arrivabeni fokussierte sich besonders auf Opern italienischer Komponisten des 19. Jahrhunderts wie Rossini, Donizetti, Verdi und Puccini; sein Interesse gilt aber auch Werken von Wagner, R. Strauss und Mussorgski. Von 2008 bis 2017 war er Musikdirektor der Opéra Royal de Wallonie in Liège. Zudem ist er regelmäßig Gast an zahlreichen führenden Opernhäusern weltweit.
 
Die Regie liegt in den Händen von Stefano Mazzonis di Pralafera.Der Italiener di Pralafera, der erstmals 2007 an die lütticher Oper kam, entwickelte ein einfaches aber funktionierendes Konzept: Er überließ Wagner den Deutschen, die Zeitgenossen und die Mutigen dem Brüsseler La Monnaie und Lüttich zeigt die Italiener: die klassischen Stücke, klassisch vorgetragen, mit den entsprechenden Kostümen und dem vornehmen Dekor.
 
Macbeth/ Foto © Opéra Royal de Wallonie-Liège
Macbeth/ Foto © Opéra Royal de Wallonie-Liège

Und diesem Konzept bleibt er auch in diesem Fall treu:

Schach, das Spiel der Könige. Auf schachbrettartiger Bühne ziehen die lebenden Figuren in das Spiel von Sieg und Macht; Könige fallen, Königinnen übernehmen die entscheidenden Aufgaben, Bauern, Läufer und Mitläufer bevölkern die Szene, auf der sich die bekannte shakespearsche Handlung entwickelt.
 
Hexen prophezeien Macbeth die Königskrone. Sein Freund Banquo werde nicht herrschen, wohl aber Vater von Königen sein, so die Hexen weiter.
Bald darauf wird Machbeth zum Than von Cawdor ernannt.
Lady Macbeth bringt ihren Mann dazu, König Duncan umzubringen. Nach seinem Tod wird Macbeth König.
Um seine Tat zu vertuschen, läßt er auch Banquo ermorden.
Doch die Morde lasten auf seinem Gewissen, zumal sie zur Vertuschung seiner Taten weitere Morde nach sich ziehen.
 
Er sucht die Hexen zum zweiten Mal auf, und sie sagen ihm voraus, daß ihm niemand schaden könne, der von eine Frau geboren wurde. Sein Tod werde kommen, wenn der nahegelegene Wald von Birnam gegen ihn vorrücke.
Lady Macbeth wird über das Morden wahnsinnig und stirbt.
Macbeth Feinde schließen sich zusammen und rücken gegen ihn vor.
Dabei tragen sie zur Deckung Zweige vor sich her, so dass es so aussieht, als habe sich der Wald selbst in Bewegung gesetzt.
Der feindliche Anführer Macduff, der nicht auf natürlichem Wege geboren, sondern per Kaiserschnitt geboren wurde, tötet Macbeth.
Malcolm, Duncans Sohn, wird der neue König.
 
Der berühmte Opernkomponist Rossini hatte von dem jungen Verdi gesagt, er besitze ein ungewöhnliches Talent für düstere, gespenstische Wirkungen. Und diese Fähigkeit konnte er in diesem Werk in den Hexenszenen und in den Wahnsinnsausbrüchen der Lady Macbeth unter Beweis stellen. Mit dieser sich bereits zum Musikdrama entwickelnden Oper gelingt es im, beim Hörer nachhaltiges Gruseln auszulösen.
 
Dies gelingt ihm auch durch die Wahl zweier dunkler Stimmen für die Hauptrollen: Macbeth ist ein tiefer Bariton und Lady Macbeth ist am besten durch einen dunklen Mezzosopran zu besetzen.
 
Macbeth/ Foto © Opéra Royal de Wallonie-Liège
Macbeth/ Foto © Opéra Royal de Wallonie-Liège

Macbeth Leo Nucci. Der italienische Bariton tritt weltweit mit seinem über 45 Rollen umfassenden Repertoire auf.

Lady Macbeth Tatjana Serjan, in St. Petersburg geboren, debütierte 2002 als Lady Macbeth am Teatro Regio in Turin und gastierte in dieser Partie seither weltweit in großen Häusern, sowie bei den Salzburger Festspielen.
 
Als weitere große Rolle ist hier noch Banco, Giacomo Prestia, zu nennen. Der italienische Bass, der bereits auf fast allen großen internationalen Bühnen aufgetreten ist, ist mit der diabolischen Schwärze seines Basses und der Gewalt seiner Stimme ein zentrales Erlebnis des Abends.
 
Die kleineren Rollen ebenfalls erwähnenswert:
Macduff Gabriele Mangione. Der italienische Tenor hatte sein Debut in dieser Rolle bereits in Bologna.
 
Malcolm Papuna Tchuradze
Der belgische Tenor ist festes Mitglied des Ensembles.
 
Dama die Lady Macbeth Alexise Yerna.  Der belgische Mezzo-Sopran ist ebenfalls international zu hören.
 
Ein Diener Benoit Delvaux, Bariton
 
Weitere Rollen:
Dominique Detournay
Ludivine Scheers
Marc Tissons

 

Orchester und Chor: Opéra Royal de Wallonie-Liège

Ballet : Centro di Danza Balletto di Roma
 
 
Es sind aber nicht einfach nur die großartigen Stimmen, die diesen Abend zu einem unvergesslichen Ereignis werden lassen; nicht die Pracht des Opernsaales, nicht die musikalische Finesse des Orchesters, noch die klassisch raffinierte Inszenierung oder die fantasievollen Kostüme:
Es ist diese Freude und die Liebe zum Musiktheater, die diesen Abend als etwas ganz besonderes auf allen zugehörigen Ebenen der beteiligten Verantwortlichen in der Erinnerung der Opernbesucher bleiben wird.
Hier wird Oper geliebt; hier wird Oper gelebt.
 
Die herausragenden Leistungen werden mit reichlich Szenenapplaus gewürdigt.
Standing ovations, großer Jubel und nicht enden wollender Applaus ist der Dank für dieses großartige Erlebnis.
 
Bühne Jean-Guy Lecat Kostüme Fernand Ruiz
Licht Franco Marri Chorleitung Pierre Iodice Choreografie Rachael Mossom
 
„Macbeth ist mir lieber als meine anderen Opern“, schrieb Verdi am 25.03.1847 an seinen Schwiegervater. Und manch einer der Premierengäste wird mit einem ähnlichen Eindruck heute nach Hause gegangen sein.
 
 
Macbeth ist eine Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi. Das Libretto wurde von Francesco Maria Piave und Andrea Maffei nach dem Drama Macbeth von William Shakespeare geschrieben. Die Uraufführung fand am 14. März 1847 im Teatro della Pergola in Florenz statt. Eine revidierte Fassung wurde am 21. April 1865 im Théâtre Lyrique in Paris uraufgeführt.
Zur Aufführung kam die 4-aktige italienische Fassung, mit der für die Pariser Fassung komponierte Balletteinlage.
 
 
 Gast-Rezension der Premiere v. 12.6.2018 von Ingo Hamacher
(Titelfoto: Macbeth/ Foto © Opéra Royal de Wallonie-Liège)
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