Opernhaus Zürich: „Un ballo in maschera“ – Große Oper!

Opernhaus Zürich/Un ballo in maschera/Foto: Herwig Prammer

Mit der Neuinszenierung von Giuseppe Verdi‘s Oper „Un ballo in maschera“ durch Adele Thomas und in der Ausstattung von Hannah Clark ist dem Opernhaus ein Wurf gelungen. Die Drehbühne ermöglicht es, durch einfachen Wechsel der Szenerie einen fließenden Ablauf der Handlung zu vermitteln, wobei die Lichtgestaltung von Frank Evin wesentlich zum optischen Vergnügen beiträgt. (Rezension der Premiere v. 15. Januar 2025

 

Die Handlung spielt in Amerika, wohin Verdi die Geschichte nach vielen Problemen mit der italienischen Zensur verlegt hat, denn damals war es unmöglich, auf der Bühne Ehebruch und Mord an einem König zu zeigen. Also wurde in Verdi‘s einziger Oper, die in Amerika spielt, der König Gustav III, in dieser Fassung zu Graf Riccardo, Gouverneur von Boston. Bereits während der Ouvertüre werden wir Zeuge, wie im Senatssaal dem ermordeten Riccardo die Kugel aus dem Leib entfernt wird. Dies geschieht bei immer wieder flackerndem Licht, welches daran erinnert, dass damals das elektrische Licht noch in den Kinderschuhen steckte und keineswegs zuverlässig war und betont die Schauerlichkeit der Geschichte. Die Handlung beginnt als Rückblick.

Schon in der ersten Szene erkennt man am zweigeteilten Chor die beiden  Lager in der Regierung. Sein bester Freund Renato, warnt Riccardo vor einer geplanten Verschwörung. Riccardo ignoriert dies. Amelia die Gattin seines besten Freundes erscheint bei der Wahrsagerin Ulrica und wird von dieser an einen Ort außerhalb der Stadt geschickt um ein Heilkraut zu finden, welches ihr helfen soll ihre unmögliche Liebe zu Riccardo zu beenden. Doch Riccardo hört dies mit und stellt sich als Fischer verkleidet der Wahrsagerin vor, welche ihm die baldige Ermordung durch einen Freund und zwar dem ersten der ihm heute die Hand gibt prophezeit. Da erscheint Renato und gibt ihm seine Hand. Riccardo ist nun sicher das   Ulricas Orakel falsch war. Außerhalb von Boston begegnet Amelia Riccardo, welcher ihr gefolgt ist. Er drängt sie zu einem Liebesgeständnis. Als Renato erscheint um ihn vor einem Hinterhalt zu warnen, verschleiert sich Amelia. Riccardo lässt sich zu Flucht drängen und gibt Renato den Auftrag, die verschleierte Frau sicher in die Stadt zu führen. Da kommen bereits die Verschwörer Samuel und Tom mit Gefolge und in der allgemeinen Aufregung wird der Schleier gelüftet. Renato muss erkennen, das sich seine Gattin heimlich mit Riccardo trifft und ist zutiefst enttäuscht über diesen Vertrauensbruch.

Opernhaus Zürich/Un ballo in maschera/Chor, Tänzer*Innen/Foto: Herwig Prammer

Er bittet die beiden Verschwörer am kommenden Tag zu sich. In seiner Wut will Renato Amelia umbringen. Als die Verschwörer Samuel und Tom eintreffen, lässt er von seiner Gattin ab und will sich an Riccardo rächen. Amelia soll aus einer Urne ein Los ziehen, wo auf drei Zetteln die  Namen der Verschwörer und Renato stehen. Eben als sie das Los mit dem Namen ihres Gatten zieht, trifft durch den Pagen Oscar die Einladung zu einem Maskenball ein. Man beschließt, die Tat im Getümmel des Balls zu vollbringen.

Trotz einer anonymen Warnung erscheint Riccardo auf dem Ball. Er hat inzwischen beschlossen, Amelia aufzugeben und sie zusammen mit Renato nach England zu schicken. Dem wütenden Renato gelingt es, durch List von Oscar zu erfahren, welches Kostüm Riccardo trägt. Zum letzten Mal begegnen sich Riccardo und Amelia. Er weiht Amelia in seinen Plan ein, die beiden wegzuschicken. Als sie sich verabschieden, erscheint Renato und schießt auf Riccardo. Im Sterben beteuert Riccardo Amelia‘s Unschuld.

In dieser Inszenierung ist jede Szene minutiös herausgearbeitet und viele Details zeugen von der intensiven Auseinandersetzung der Regisseurin mit dem Handlungsstoff. Die stimmigen Kostüme und die zwischendurch eingeflochtenen Tanzeinlagen lockern die Handlung auf und unterstreichen die Stimmungen.

Auf der musikalischen Seite kann man von einer Idealbesetzung sprechen. Tenor Charles Castronovo überzeugt mit seiner flexiblen Stimme, welche besonders in den Szenen mit Amelia und bei seiner Romanze im dritten Akt beeindruckt.

Opernhaus Zürich/Un ballo in maschera/E. Grimaldi, C. Castronovo/Foto: Herwig Prammer

Die Sopranistin Erika Grimaldi, welche am Ende der vergangenen Saison im Opernhaus Zürich in der konzertanten Aufführung von Andrea Chénier begeisterte, debütierte in der Rolle der Amelia. Man staunt über ihren wunderbaren Sopran, welcher keine Wünsche offen lässt. Man erlebt ein Rollenporträt das berührt. Gerade die großen Arien waren ein Highlight dieses Abends.

Kann ein Sänger die Rolle des Renato schöner singen, als der hervorragende Bariton George Petean? Wohl kaum. Mit viel Gefühl vermittelt er jede Stimmung dieser anspruchsvollen Rolle. Ein Hörgenuss, welcher dem Sänger nach seiner großen Szene und Arie im dritten Akt einen besonderen Zwischenapplaus bescherte. Großartig!

Opernhaus Zürich/Un ballo in maschera/A, Rehlis/Foto: Herwig Prammer

Bestens bekannt im Haus ist auch die Mezzosopranistin Agnieszka Rehlis. Ihre Interpretation der Ulrica lässt einen richtig erschauern und ist ebenfalls eine Idealbesetzung. Katharina Konradi als der Page Oscar kann mit absolut höhensicherem Sopran und quirligem Spiel die Herzen des Publikums erobern.

Mit Brent Michael Smith als Samuel sowie Stanislav Vorobyov als Tom waren die beiden Verschwörer bestens besetzt. In weiteren Rollen ergänzten Steffan Lloyd Owen als Silvano, Martin Zysset als Un giudice und Álvaro Diana Sanchez als Un servo d‘Amelia dieses Ensemble.

In ihrer Choreographie lässt Emma Woods die Tänzer/innen Jessica Falceri, Sara Peña, Sara Pennella, Noa Joanna Ryff, Chiara Viscido, Cristian Alex Assis, Pietro Cono Genova, Davide Pillera, Daniele Romano, Roberto Tallarigo immer wieder mit rassigen Einlagen auftreten. Dadurch gewannen die Szenen zusätzliche Energie. Der von Janko Kastelic einstudiere Chor überzeugt einmal mehr auf sehr hohem Niveau und besticht auch durch große Spielfreude.

Generalmusikdirektor Gianandrea Noseda am Pult der Philharmonia Zürich bietet einen Verdi vom feinsten. Hier wird bis ins kleinste Detail jede Stimmung zu einem Genuss. Sei es in den leisen, wie auch in den großen Szenen, immer bleibt die Spannung erhalten und man kann in dieser herrlichen Musik schwelgen.

Das Publikum zeigte sich begeistert und spendete am Ende dem ganzen Ensemble kräftigen Applaus und viele Bravos. Das war große Oper, wie man sie immer wieder erleben möchte!

 

  • Rezension von Marco Stücklin / Red. DAS OPERNMAGAZIN-CH
  • Opernhaus Zürich / Stückeseite
  • Titelfoto: Opernhaus Zürich/Un ballo in maschera/E. Grimaldi, C. Castronovo/Foto: Herwig Prammer
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