Sergej Rachmaninow und Alexander Skrjabin – zwei herausragende Komponisten einer Generation zeigen, wie wenig das Geburtsdatum mit dem Kompositionsstil in der spätromantischen Epoche zu tun hat. Nur 15 Monate vor Rachmaninow wurde Skrjabin im Jahr 1872 geboren, beide kannten sich seit Konservatoriumszeiten und waren von ihrer Jugend an auf dem gleichen Feld unterwegs: als Pianisten und Komponisten, die besonders für ihre Klavierkompositionen bekannt wurden.
Trotzdem oder wohl eher deswegen war ihre Beziehung kompliziert. In Bezug auf die Musik waren sie Antipoden; für den Vordenker Skrjabin waren Rachmaninows Werke sentimentaler Salonlöwen-Kitsch. Auch als Pianisten hatten Rachmaninow und Skrjabin unterschiedliche Auffassungen: Skrjabin neigte zu spontanen Temposchwankungen und ekstatischen Momenten. Rachmaninow hingegen spielte mit rhythmischer Präzision und suchte eine Darstellung des Notentextes ohne Verfremdungen. Zwei Strömungen im Musikleben Russlands konzentrieren sich in den Komponisten Rachmaninow und Skrjabin, ihre Werke können ein spannendes und konzentriertes Programm bilden, das die Grenzen der Spätromantik auslotet. Und so lädt das Konzerthaus die ungleichen Weggefährten für fünf Tage auf eine Zeitinsel.
Der Künstler, der diese beiden vereint und bei dem die Fäden des Programms zusammenlaufen, ist Kirill Petrenko. Der designierte musikalische Leiter der Bayerischen Staatsoper präsentiert mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden und dem virtuosen Pianisten Boris Berezovsky Klavierkonzerte und Orchesterwerke von Rachmaninow und Skrjabin.
An zwei weiteren Zeitinsel-Abenden finden auch kleinere musikalische Formen ihren Platz. Valentina Lisitsa verbindet in ihrem Klavierabend Skrjabin, Rachmaninow und Liszt. Unter dem Titel „Rachmaninoff Project“ hat die Ukrainerin und heutige Wahlamerikanerin bereits alle Klavierkonzerte sowie ausgewählte Solowerke Rachmaninows eingespielt, auf YouTube ist sie die Pianistin mit den meisten Klicks – noch vor Lang Lang. Weit vorne in der YouTube-Statistik rangiert ein Video von ihr mit Rachmaninows Preludium in g-moll, das sie auch im Rahmen der Zeitinsel spielen wird: Beste Voraussetzungen also für einen fulminanten Abend der pianistischen Gegensätze.
Rachmaninows Liedschaffen hingegen führt zu Unrecht ein Schattendasein neben seinen sinfonischen und pianistischen Werken.Krassimira Stoyanova, die sich im Konzerthaus in der vergangenen Saison in der Rolle der Desdemona in Verdis „Otello“ bereits als Opernsängerin empfohlen hat, ist auch eine gefragte Liedsängerin, die Rachmaninows Vokal-Śuvre einmal ganz in den Vordergrund stellen wird.
Schließlich beweist der Estnische Philharmonische Kammerchor mit der groß angelegten Vesper op. 37, dass die weiten Dimensionen der Kompositionskunst Rachmaninows in den liturgischen Gesängen der russisch-orthodoxen Kirche wurzeln.
Alles in allem widmen sich rund 150 Musiker den zwei musikalischen Gesichtern Russlands zu Beginn des 20. Jahrhunderts: mal üppig romantisch, mal kühn und ekstatisch, aber immer mit einem faszinierenden Klangfarbenreichtum.
Di 17.04.12 20.00
Klavierabend Valentina Lisitsa
Werke von Skrjabin, Rachmaninow und Liszt
Mi 18.04.12 20.00
Liederabend Krassimira Stoyanova
Krassimira Stoyanova (Sopran), Pavel Kachnov (Klavier)
Lieder von Liszt, Tschaikowsky und Rachmaninow
Do + Fr 19. + 20.04.12 20.00
Sächsische Staatskapelle Dresden
Kirill Petrenko (Dirigent), Boris Berezovsky (Klavier)
Werke von Rachmaninow und Skrjabin
Sa 21.04.12 20.00
Estnischer Philharmonischer Kammerchor
Daniel Reuss (Dirigent)
Sergej Rachmaninow: Vesper op. 37
Infos & Tickets: T 0231 – 22 696 – 200