
hinten: ARNHEIDUR EIRÍKSDÓTTIR (DIE MUSE DER DICHTUNG), ALINA WUNDERLIN (MUSE DES THEATERS)/Foto © Matthias Jung
Es ist ein regnerischer Samstagabend, und der Saal 3 des Staatenhauses Köln, Ersatzquartier für die immer noch nicht wieder eröffnete Oper am Offenbachplatz, ist voll mit jungen Familien und zwei Kindergruppen. In der Messehalle im 1. Stock gibt es 199 Plätze, und die sind fast alle besetzt, die Kinder vorne, Erwachsene hinten.
Die Kinderoper „Hoffmanns Erzählungen“ ist der Auftakt des Offenbach-Jahres 2019 in Köln, wo Jacques Offenbach als Jakob Offenbach am 20. Juni 1819 geboren wurde.
(Rezension der Aufführung vom 12.1.2019)
Längst ist es ein Geheimtipp auch für reifere Opernfans: die Kinderopern sind gut (die „richtigen“ Opern werden auf eine gute Stunde gekürzt und in deutscher Sprache mit Übertiteln gesungen) und preiswert (Karten für Erwachsene kosten 12,50 €, Kinder 7,00 €).
Es gibt die Wiederaufnahme von „Hoffmanns Erzählungen für Kinder“ von Jacques Offenbach, für Kinder eingerichtet von Kai Anne Schumacher, Rainer Mühlbach, der auch dirigiert, und Ralf Soiron, die Premiere war am 1.4.2017. Davor hatte die Kinderoper „Die Walküre“ auf dem Programm gestanden, demnächst wird der „Ring“ mit „Siegfried“ fortgesetzt.

Das Orchester ist auf ca. 20 Musiker reduziert, und die neun mitwirkenden jungen Sängerinnen und Sänger des Opernstudios, bzw. Ensembles, übernehmen in Mehrfachbesetzung auch die Funktion des Chors. Die Handlung ist kindgerecht reduziert, die Kostüme sind überaus fantasievoll, und die Monster wie „das Phantom“, Bariton Insik Choi, der alle drei Bösewichter darstellt, werden zum Teil von Statisten unterstützt, damit sie mit mehreren Köpfen agieren können. Das „Phantom“ hat Hoffmanns Phantasie geraubt, und die Muse der Dichtung steht ihm im Traum bei, diese wieder zu finden.
Die Kostüme sind eine reine Augenweide: Fabelwesen mit drei Köpfen, die Puppe Olympia mit ihrem Räderwerk, Hoffmann, der seinen Schatten als Puppe mit sich trägt und später an die Zauberin alias Giulietta abgibt. Kurz danach wacht er auf – es war alles ein Traum, und er hat wieder genug Stoff für seine Erzählungen!
Hoffmann, Tenor Young Woo Kim, und die Muse der Dichtung, Arnheidur Eríksdóttir*, Mezzosopran, erleben einen faszinierenden und gruseligen Traum, der Hoffmann mit drei Frauen zusammen bringt: mit Olympia, der Puppe (Veronica Lee*), Antonia, der Sängerin (Kathrin Zukowski*) und Giulietta, der Zauberin, die Hoffmann seinen Schatten raubt (Ivana Rusko). Er erlebt den Puppenbastler Spalanzani (Yunus Schahinger*), den fliegenden Augenhändler Cochenille (Anton Kuzenok*) und diverse Musen. Die Protagonisten der anderen Episoden werden alle von den selben Sängern dargestellt, sie fungieren dabei auch als Chor. Dabei glänzen die jungen Stimmen vor dem Hintergrund des kammermusikalisch besetzten Orchesters. Für die erlesenen Sänger ist das Opernstudio Köln ein Biotop, in dem sie in zwei Jahren reifen und Bühnenerfahrung sammeln können.

Die Kinder, zum Teil noch im Kindergartenalter, obwohl die Oper offiziell ab 8 Jahren empfohlen ist, waren mucksmäuschenstill und unglaublich fasziniert, hinterher spielten einige spontan Szenen nach. Als Programmheft gibt es einen Comic zur Story, der im Rahmen eines Schülerwettbewerbs entstanden ist.
Selbstverständlich kann man die Kinderoper nicht mit dem ursprünglichen Werk vergleichen, die Fallhöhe geht naturgemäß verloren, und auch die Opulenz der Orchestrierung und des Chors, aber für die Kinder wird eine faszinierende Geschichte erzählt, und erwachsene Opernkenner finden alle bekannten Arien des Stücks wieder.
Einen Trailer von der Premiere am 1. April 2017 finden Sie in unter diesem Link.
Glücksfall für die Kinderoper: Patenschaft mit UNICEF
Am 24. November 2018 wurde der Kinderoper Köln wurde durch das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF der Titel „UNICEF-Pate Köln“ verliehen.
Die UNICEF würdigt damit die Tatsache, dass die 1996 gegründete Kölner Kinderoper neben Moskau die älteste Kinderoper in Europa ist, die älteste Deutschlands, und dass durch diese segensreiche Einrichtung in den vielen Jahren tausende Schulkinder in die Welt der Oper eingeführt wurden. Sie sprach der Kölner Oper und deren Intendantin Dr. Birgit Meyer ein ganz besonderes Lob für die umfangreiche kulturelle und theaterpädagogische Arbeit aus, die auch Kita- und Kindergartenkinder mit einschließt.

Als nächstes Projekt wird es ein Tanzstück für Kinder, „Toybox“ nach Musik von Sven Kacirek geben (ab 9. Februar 2019), danach „Die Zauberflöte“ (Premiere 25. Mai 2019) für Kinder neu eingerichtet.
Die Vorstellungen sind in der Regel um 11.30 Uhr, so dass Schulklassen zusammen mit ihren Lehrerinnen und Lehrern die Kinderoper besuchen können, eine am 22. Januar 2019 um 14.00 Uhr und eine weitere 19. Januar 2019 am um 18.00 Uhr, so dass auch Kinder mit ihren Familien die Kinderoper genießen können.
Die Kinderoper Köln besteht seit 1996, sie wurde mit den Mitgliedern des Internationalen Opernstudios gegründet, das seit 1961 besteht. Das Internationale Opernstudio ermöglicht acht jungen Sängerinnen und Sängern erste Berufserfahrungen, die sie in der Kinderoper und in kleinen Partien des Repertoires machen. Die Kölner Opernfreunde unterstützen das Opernstudio jedes Jahr mit Stipendien in Höhe von insgesamt ca. 80.000 €.
- Rezension von Ursula Hartlapp-Lindemeyer / Besuchte Vorstellung am 12. Januar 2019 um 18.00 Uhr
- Weitere Termine, Infos und Kartenvorverkauf unter DIESEM LINK
- Titelfoto: ARNHEIDUR EIRÍKSDÓTTIR (DIE MUSE DER DICHTUNG), YOUNG WOO KIM (HOFFMANN)/Foto © Matthias Jung