Dortmunder Philharmoniker: Erzählende Werke russischer Meister in sprachlos machender Interpretation

Dortmunder Philharmoniker / Foto @ Anneliese Schürer

Nach den letzten Klängen des wuchtigen Finale der Leningrader Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch stand GMD Gabriel Feltz vor seinem Orchester, den Dortmunder Philharmonikern, und applaudierte ihnen für diese großartige künstlerische Leistung, die offenbar nicht nur das Publikum, sondern auch den Dirigenten des Abends, zutiefst berührt hatte. Das wohl populärste Werk des russischen Komponisten hat seit seiner Uraufführung im Jahre 1942 einen Siegeszug um die Welt erlebt und fasziniert mit seinem Klangreichtum, seiner nahezu bildmalerischen Sprache, und vor allem, mit dem Umstand seiner Entstehung, die Menschen damals wie heute immer wieder aufs Neue. So auch am gestrigen Abend im Dortmunder Konzerthaus, wo unter dem Motto „Teurer Triumph“ der zweite Abend des 5. Philharmonischen Konzertes der Saison stattfand. Doch zuvor stand Peter Tschaikowskys bekannte Ouvertüre Solennelle „1812“ auf dem Programm. (Konzerteindrücke vom 16. Januar 2019)

 

Zwei Werke russischer Meister verschiedener Epochen, die an nationale Schicksalstage der russischen Nation erinnerten. Der 22. Juni 1812 war der Tag, an dem französische Truppen in  Russland einmarschierten. Und wieder war es dann ein 22. Juni, diesmal im Jahre 1941, dem Beginn der „Operation Barbarossa„, dem verbrecherischen Einmarsch des NS-Regimes auf russisches Territorium.

Mit beiden historischen Ereignissen sind die jeweiligen Kompositionen verbunden. Wobei Schostakowitschs 7. Sinfonie, die Leningrader, hier einen ganz besonderen Stellenwert hat. Denn sie wurde am 9. August 1942 im seit einem Jahr  fest eingeschlossenen Leningrad uraufgeführt, inmitten kriegerischer Handlungen und Angriffe, was dieses Werk auch kompositorisch eindringlich vermittelt. Insbesondere der erste Satz, „Allegretto„, beschreibt die Lage der Menschen im umlagerten Leningrad und auch deren Erinnerungen an ruhige, glücklichere Zeiten auf höchst nachvollziehbare Weise. Aber nach der Ruhe wird die Musik immer lauter, immer mächtiger und irgendwie auch bedrohlicher und beschreibt so das Inferno, dass plötzlich die Idylle vergangener Tage jäh beendet. Im zweiten Satz, einem Scherzo, „Moderato„,  erklingen Tanzelemente, es schwingt bitterer Humor aus den Tönen heraus und er endet für die Hörer auf  eine nachdenklich stimmende Art.  Schwerfällig und düster beginnt der dritte Satz der Leningrader Sinfonie, „Adagio„, gleich einer Totenmesse, Holzbläser und Harfen dominieren den Beginn, der aber auch unterbrochen wird durch mächtiges Aufblitzen der Bläser, die die Wut der bedrängten Menschen im belagerten Leningrad vermitteln. Im Finalsatz, „Allegro ma non troppo„, soll die Zuversicht zum Tragen kommen, den Invasoren die Stirn zu bieten und über sie zu siegen. Ein großartiger Satz, der in einer Art Jubel endet, in dem das volle Orchester einstimmt, aber dessen Jubel irgendwie im Halse steckenbleibt. Die letzten Töne der 7. Sinfonie reißen mit und lassen einen fraglos überwältigt zurück.

Gabriel Feltz / Foto @ Marcel Urlaub

Doch bevor die Dortmunder Philharmoniker unter ihrem GMD Gabriel Feltz dieses mächtige Werk dem begeisterten und überwältigtem Publikum im Dortmunder Konzerthaus zu Gehör brachten, erklang Tschaikowskys populäre Komposition, die Ouvertüre Solennelle. Dieses bekannte Werk mit seinen eingängigen Melodien und seinem wunderbar „lauten und lärmenden Finale“ (Tschaikowskys eigene Worte) ist immer dann ein Erlebnis, wenn ein Dirigent das sprichwörtliche Feuer dazu entfacht und die Lautstärke zulässt. Bei Gabriel Feltz darf man sich drauf verlassen! Ein starker und effektvoller Einstieg in ein Konzert, das mit der Leningrader seinen Höhepunkt im zweiten Teil des Abends fand. 

Was die Dortmunder Philharmoniker im einzelnen vollbrachten, kann hier gar nicht ausreichend genug gewürdigt werden. Ich möchte mich daher auf ein Kompliment für alle Musikerinnen und Musiker dieses Orchesters zusammenfassend beschränken:

Die Dortmunder Philharmoniker sind eine der besten Visitenkarten welche die Stadt Dortmund vorzuweisen hat. Und das nicht erst seit dem gestrigen fulminanten Abend im Konzerthaus!

 

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