„IL GIUSTINO“ – La Cetra Barockorchester Basel / „Ein Hochgenuss für Barockfreunde“

Foto @ Guido Merki

Dem La Cetra Barockorchester Basel gelingt es immer wieder, mit außerordentlichen Konzerten das Publikum zu begeistern. Ein ganz großer Wurf gelang mit der konzertanten Aufführung der Oper „Il Giustino“ von Antonio Vivaldi in der Martinskirche Basel. Hier zeigte sich einmal mehr, was Andrea Marcon mit seinem unermüdlichen Einsatz für die Musik erreichen kann. An diesem Abend hörte man eine Fassung von Marcon für La Cetra. Antonio Vivaldi hatte diese Oper für die Karnevalssaison 1724 in Rom komponiert. Wie damals üblich, wurden bei der Uraufführung alle Partien von Männern bzw. Kastraten gesungen. So schrieb es das Kirchengesetz vor, welches das Auftreten von Frauen auf der Bühne untersagte. (Rezension der Vorstellung vom 02.02.2023)

 

 

Zusammengefasst dreht sich die Handlung um die Kaiserin Arianna, um deren Vertrauten Anastasio und um den das Reich bedrohenden Vitaliano, der die Kaiserin ebenfalls begehrt und um den Bauern Giustino, welcher sich nach einem ruhmreichen Leben sehnt und durch einen Zufall Anastasio’s Schwester das Leben rettet und so in Kontakt mit dem Kaiserhof kommt. Es ereignen sich in schneller Abfolge zahlreiche Szenen. Ein Schiffbruch, Neid, Eifersucht, Niedertracht und Intrigen. Am Ende wird Giustino der Mitregent und ehelicht Anastasios Schwester. Diese fantasiereich gestaltete Handlung verlangte schon damals eine für die Zeit große Orchesterbesetzung und vom Publikum viel Konzentration. Man kann sich nur schwer Vorstellen, was für einen Bühnenaufwand diese Produktion damals  erforderte.

Ein ganz besonderes Instrument bekam man an diesen Abend zu hören. Das „Saltiero“, eine Art Zither, welche die von Giustino gesungene Arie „Ho nel petto un cor si forte“ wunderschön begleitete und von Franziska Fleischanderl perfekt beherrscht wurde. Das im Konzert verwendete Instrument stammte aus dem Jahr 1725. Wahrlich eine Entdeckung.

Foto @ Guido Merki

Dass dieser Abend ein ganz besonderer Genuss für alle Freunde der Barockmusik wurde, ist dem großartigen Solistenensemble zu verdanken, welches mit drei Countertenören, drei Sopranistinnen und zwei Tenören besetzt war. Dass man an einem Abend gleich drei der gefragtesten Countertenöre zu hören bekam, ist allein schon deswegen ein wahres Ereignis.

Carlo Vistoli sang die Partie des Giustino und zeigte schon bei seinem ersten Auftritt a capella, wie flexibel und facettenreich er diese anspruchsvollen Rolle mit seiner Stimme zu gestalten in der Lage ist.

Valer Sabadus sang den Anastasio mit wunderbar fliessender Stimme und einer Eindringlichkeit, die seine Auftritte zu einem Genuss werden liessen. Auch in den Duetten mit Arianna konnte man über den Zusammenklang dieser Stimmen nur staunen. Kangmin Justin Kim als Amanzio gestaltete seine Partie mit grosser Stimme und zeigte damit seine Erfahrung mit den Werken Vivaldis. Sein unendlich langer Schlusston im Finale seiner letzten Arie „Or che cinto ho il crin d‘alloro“ begeisterte das Publikum und gehörte zweifellos zu den Höhepunkten des Abends.

Mit der Sopranistin Shira Patchornik, welche kurzfristig eingesprungen war, hatte man einen weiteren Glücksgriff getan. Was diese Sängerin in der grossen Partie der Arianna erklingen liess, kann man schlicht eine perfekte Besetzung bezeichnen. Besonders originell die Arie „Augelletti, garruletti“, wo die Sängerin mit den Vögeln zu singen scheint und so den zweiten Akt beschliesst. Marie Lys sang virtuos mit klarster Stimme die Partie der Leocasta und zeigte damit ihre Erfahrung mit der Barockmusik. In der Arie „Senti l‘aura che leggiera“ kam dies besonders schön zum Ausdruck. Mit Martina Licari, welche die kleinere Partie der Fortuna sang, durfte man eine weitere sehr hörenswerte Stimme erleben.

Emiliano Gonzalez Toro als Vitaliano überraschte mit seiner beeindruckenden Tenorstimme. Da kam der Kampfgeist dieser Partie mit allen Facetten zum Ausdruck und man staunte ob der Virtuosität seiner Darbietung. Alessandro Giangrande, welcher die Rollen des Andronico und Polidarte sang, hat die Herausforderung angenommen und den Andronico mit Countertenor-Stimme und die Partie des Poldarte als Tenor bestens gemeistert.

Ein derartiger Hörgenuss ist nur möglich, wenn die Solistinnen und Solisten und das Orchester bestens zusammen harmonieren. Das ist an diesem Abend einmal mehr gelungen und man freute sich über die spürbare Begeisterung aller Orchestermitglieder, welche eine herrlichen Wiedergabe dieser Musik boten. Für einen außergewöhnlichen Abend auf höchstem Niveau sei hier gedankt.

 

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