In Hagen hatten Hoffmanns Erzählungen in französischer Sprache am 30. November Premiere. Intendant und Regisseur Francis Hüsers entschied sich für die Choudens-Guiraud-Fassung von 1907 (5. Edition) – Eine Phantastische Oper in 5 Aufzügen von Jacques Offenbach, Libretto von Jules Barbier. Offenbach konnte sein Werk nicht mehr vollenden, weshalb mehrere Endfassungen entstanden sind. Sie wurde posthum am 10. Oktober 1881 in Paris uraufgeführt.(Rezension der Premiere v. 20.11.2019)
Die Geschichte basiert auf 3 Erzählungen von E.T.A. Hoffmann, der in der Oper von Offenbach auch die Hauptrolle hat. Wen wundert es da, dass das Werk durchaus geistig verwirrte und mystische Züge zeigt. In der Hagener Inszenierung entschied sich Francis Hüsers dafür, die Perspektiven zu wechseln. So erfinden hier die Frauen Nicola, Olympia, Antonia und Guilietta den Mann Hoffmann, lassen sich auf ein Spiel ein, in dem sie in aus der Jetzt-Zeit in die Zeit von 1907 einsteigen, jede wird versuchen Hoffmann zu verführen, einzig Nicola wird als Hoffmanns Vertraute an seiner Seite sein und wirkt wie eine Art Moderatorin. Unterstützt werden die Frauen in ihrem Plan von Lindorf, der in die Rollen der jeweiligen Gegenspieler von Hoffmann schlüpft.
Das Lokal, in dem die gesamte Geschichte, die Hoffmann seinen Freunden erzählt wirkt hier wie ein Wartesaal mit einem imposanten Fenster im Hintergrund, welches im Laufe der Handlung als Firmament, als Projektion von Antonias verstorbener Mutter und für die Darstellung der Spiegelbildszene genutzt wird. Der Wechsel zwischen 1907 und dem Heute wird verdeutlicht durch Lichtwechsel und die Kleidung der Darsteller*innen. Die Frauen modern, alles andere im Stil von 1907.
Die Geschichte beginnt damit, dass Hoffmanns Freunde ihn bitten, das Lied von Klein-Zack zu singen, was er auch tut, dabei halluziniert er von drei Frauen, er wird durch seine Zuhörer aus seinen Träumen zurück geholt, singt das Lied von Klein-Zack zu Ende und erzählt die tragische Geschichte seiner Lieben, in denen er sich zunächst in die Puppe Olympia , dann in die Sängerin Antonia, (die von ihrem Vater das singen verboten bekommt, da ihre Mutter, ebenfalls Sängerin, durch seltsame Umstände verstarb) und schlussendlich in die Hure Guilietta, die von ihrem Zuhälter den Befehl erhält, ihm sein Spiegelbild zu stehlen. Zum Ende ziehen sich die Frauen aus dem Spiel zurück, Hoffmann und seine Freunde trinken auf Stella, vielleicht seine nächste Liebe?
Sämtliche Partien der Oper waren ausnahmslos großartig besetzt und die Erwartungen des Publikums wurden voll erfüllt.
Thomas Paul, als Hoffmann, war den gesamten Abend über durchgehend überzeugend in Ausstrahlung und Stimme, nachdem der letzte Ton des von allen erwarteten Lieds von Klein-Zack verklungen war, spürte man, wie das Lampenfieber von ihm abfiel und sein Gesicht ein befreites Lächeln überstrahlte, das Publikum belohnte ihn mit langanhaltendem Zwischenapplaus.
Die drei Sopranistinnen Angela Davis (Antonia), Cristina Piccardi (Olympia) und Netta Or (Guilietta), die Hoffmanns geliebte Damen darstellten, überzeugten auch in den höchsten Lagen und rissen das Publikum in ihren jeweiligen Rollen immer wieder zu Beifall hin.
Dong-Won Seo als Bass ein großartiger Gegenspieler als Fiesling zur Rolle des Hoffmann als Tenor. Hell und dunkel hier auch stimmlich sehr gut abgestimmt in seinen jeweiligen Partien Lindorf, Coppélius, Miracle und Dapertutto.
Maria Markina als eine überzeugende und sehr präsente Muse / Nicklausse (Nicola).
KS Marilyn Bennett als verstorbene Mutter von Antonia erscheint in strahlendem weiss und singt mit ihrer Tochter zusammen, worauf diese stirbt. Die Rolle ist eine der letzten, die sie singen wird, denn sie verabschiedet sich von der Bühne und tritt in den wohlverdienten Ruhestand. DAS OPERNMAGAZIN sagt hier Dank und wünscht alles Gute für die Zukunft.
Alle anderen Rollen waren, wie oben bereits erwähnt, sehr, sehr gut besetzt und auch wenn nicht jede*r einzeln erwähnt wird, so ist das mitnichten eine Schmälerung der Leistung. Insgesamt eine großartige Ensembleleistung des Hagener Opernhauses!
Auch der Hagener Chor und Extrachor, ebenso wie das Philharmonische Orchester, waren wieder einmal einfach nur fantastisch. Natürlich auch Dank des Hagener GMD Joseph Trafton. Als der Musikalische Leiter des Abends berücksichtigte er auch den immer wieder unterbrechenden Zwischenapplaus und ließ entsprechende Pausen zu, die wohl auch in der Inszenierung bereits „eingeplant“ waren. Ein großer Erfolg auch für ihn!
Zusammenfassend kann man sagen, ein gelungener Abend, wer sich aber nicht vorab ein wenig über die Inszenierung informiert hatte, der stand ein wenig ratlos da. Manches bleibt dann unverständlich. Das schmälert aber nicht die absolut grandiose künstlerische Leistung und das Publikum bekundete seine Begeisterung mit langanhaltendem Applaus.
Besetzung der Premiere:
Thomas Paul/ Hoffmann
Maria Markina/ Muse Nicklause/ Nicola
Cristina Piccardi / Olympia
Angela Davis/ Antonia
Netta Or/ Guilietta
Dong-Won Seo/ Lindorf, Coppélius, Miracle, Dapertutto
Richard van Gemert/ Andrès, Cochinelle, Pitichinacchio, Frantz
Ivo Stánchev/ Luther, Crespel
Kenneth Mattice/ Hermann, Schlemihl
Matthew Overmeyer/ Nathanael
Boris Leisenheimer/ Spalanzani
KS Marilyn Bennett/ Stimme der Mutter
Chor und Extrachor des Theaters Hagen unter der Leitung von Wolfgang Müller-Salow
Philharmonisches Orchester Hagen, Musikalische Leitung Joseph Trafton
Inszenierung: Francis Hüsers /Kostüme: Katharina Weissenborn/Bühnenbild: Alfred Peter/Choreographie: Eric Rentmeister
- Rezension von Rene Isaak Laube / Red. DAS OPERNMAGAZIN
- Theater Hagen / Stückeseite
- Titelfoto: Theater Hagen/Hoffmanns Erzählungen/ Thomas Paul (vorne), Steven Scheschareg (zweiter von links), Maria Markina (dritte von links),Kenneth Mattice (fünfter von rechts), Matthew Overmeyer (zweiter von rechts), Chor und Extrachor/Foto @ Klaus Lefebvre