Zum 200. Geburtstag von Jacques Offenbach warteten die Salzburger Festspiele erstmals mit einer Operette dieses Komponisten auf und haben zusammen mit BARRIE KOSKY, dem Bühnenbildner RUFUS DIDWISZUS und dem international gefragten Dirigenten ENRIQUE MAZZOLA eine rauschende Aufführung produziert. (Rezension der Vorstellung vom 26.8.2019)
Wobei man mit dem Begriff Operette vorsichtig sein muss. Zu Offenbach’s Zeiten standen die Exzesse des Pariser Lebens und die Provokationen auf einem Höhepunkt. In der Operette erleben wir die schöne Welt. In der Opéra-bouffon befinden wir uns in einer ganz anderen, magischen Umgebung mit vielen Überraschungen und mit einer temporeichen Musik. Somit handelt es sich hier nicht um eine Operette im herkömmlichen Sinne.
BARRIE KOSKY und RUFUS DIDWISZUS sowie die Kostüme von VICTORIA BEHR zauberten eine Revue mit allen Mitteln des Theaters auf die Bühne. Funkelnde Kleider und Kostüme lassen das Auge nicht zu Ruhe kommen. Man staunte über die Ideenvielfalt dieses Teams.
Schon der Bühnenrahmen lässt erahnen, was für eine aufwändige Produktion dies werden wird. Man fühlt sich in ein altes Theater versetzt und wird nicht enttäuscht. Die riesigen Figuren, sekundenschnellen Umbauten, Spielwitz und humorvolle Ideen, machen diesen Abend zu einem Feuerwerk der Phantasie.
In den üppigen Bühnenräumen wird die Handlung mit genialer Perfektion und unerhörter Spielfreude erzählt und man kann nicht genug die großartige Idee erwähnen und als eine sensationelle Leistung loben, welche MAX HOPP als John Styx leistet. Dieser virtuose Schauspieler hat die schier unglaubliche Aufgabe, alle Sprechpartien der Sänger synchron für diese zu sprechen und zusätzlich voll engagiert zu spielen. Wenn er dann in dem berühmten Couplet „ Als ich einst Prinz war von Arkadien“ seiner Vergangenheit nachtrauert, kann man nur über diesen Künstler staunen.
KATHRYN LEWEK als Eurydice wird der Rolle als hysterische und unzufriedene Frau voller geheimer Wünsche mit enormem körperlichen Einsatz, sowie einer sehr flexiblen Stimme mehr als gerecht.
JOEL PRIETO als langweiliger Ehemann und ewig fiedelnder Musikant passt ebenfalls sehr gut in diese Interpretation der Rolle. Stets bemüht, als Musiker zu erscheinen, sieht er nicht, wie er täglich daran arbeitet, dass ihn Eurydice nicht mehr liebt und keinen Ton seiner Geige mehr erträgt.
Für die öffentliche Meinung konnte ANNE SOFIE VON OTTER gewonnen werden. Ob als strenge, schwarz gekleidete Hüterin des Anstandes, oder als Diva in der Barcarolle, stets konnte sie überzeugen mit Ihrer großen Bühnenerfahrung.
Als Aristée/Pluton war ein temperamentvoller MARCEL BEEKMAN zu erleben. Seine Stimme kann in allen Registern, selbst dem Falsett, überzeugen. MARTIN WINKLER als Jupiter erwies sich ebenfalls als Sänger und Darsteller mit großem Talent.
NADINE WEISSMANN als Cupidon, LEA DESANDRE als Vénus, FRANCES PAPPAS als Junon, RAFAL PAWNUK als Mars, VASILISA BERZHANSKAYA als Diane und PETER RENZ als Mercure, bildeten ein Ensemble, welches alle Ideen der Regie mit viel Energie umzusetzen wusste und damit dieser Produktion den ganze Schwung verlieh.
Einen ganz großen Anteil an diesem Erfolg haben auch die unerhört virtuosen Tänzerinnen und Tänzer. Was für wilde Tänze, Can-Can und herrliche Bilder wurden da geschaffen. OTTO PICHLER hat mit seiner Choreographie einen Volltreffer gelandet. Besonders die Szene vor der Pause, wo Chor, Ensemble und Ballett in einem phantastischen Auftritt eine rasante Show bieten, sowie am Schluss der Aufführung wo man ein hinreißendes Bacchanal erlebte.
Das VOCALCONSORT BERLIN unter der Leitung von DAVID CAVELIUS hatte hör- und sichtbar ebenfalls Freude an dieser Revue und singt und tanzt mit perfekter Präzision.
Dem temperamentvollen Maestro ENRIQUE MAZZOLA am Dirigentenpult ist es gelungen, mit den WIENER PHILHARMONIKER alle Facetten dieser Partitur auszuleuchten und seine Energie zusammen mit dem Orchester in herrliche Musik zu verwandeln. Sei es in den einzelnen instrumentalen Soli oder den rasanten Tänzen.
Ein ungemein frischer und mitreißender Abend, welcher einen wieder einmal aufzeigte, was mit einem tollen Ensemble alles möglich ist. Das Publikum hat dies mit viel Applaus und Bravorufen belohnt.
- Rezension von Marco Stücklin – RED. DAS OPERNMAGAZIN
- Salzburger Festspiele / Stückeseite
- Titelfoto: Orphée aux enfers 2019: Tänzerinnen und Tänzer/© SF/Monika Rittershaus
Ich war auch in der Aufführung. Martin Winkler als Pluto und Fliege ist eine Sendung. Dir Wiener Philharmoniker fehlte ein wenig der Schwung
Es war Jupiter und eine Sensation !