Mit sieben Opernproduktionen und fünf neuen Ballettprogrammen setzt die Deutsche Oper am Rhein die großen Akzente in der Spielzeit 2017/18. 19 Premieren und über 280 Vorstellungen in Düsseldorf und Duisburg bilden spannungsreiche Kontraste zwischen Schlüsselwerken des 18., 19. und 20. Jahrhunderts, zeitgenössischen Stücken und Uraufführungen.
Oper am Rhein
Nach langer Vorbereitung wird die Neuinszenierung von Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“ jetzt konkret:Dem Auftakt mit „Das Rheingold“ lässt die Deutsche Oper am Rhein in der Regie von Dietrich W. Hilsdorf „Die Walküre“ und „Siegfried“ folgen. Generalmusikdirektor Axel Kober – regelmäßiger Gast bei den Bayreuther Festspielen – erarbeitet den neuen „Ring am Rhein“ mit beiden Orchestern, den Düsseldorfer Symphonikern und den Duisburger Philharmonikern, so dass „Der Ring“ mit unterschiedlichen Sängerbesetzungen bis zum Sommer 2019 sowohl im Opernhaus Düsseldorf als auch im Theater Duisburg zur Aufführung kommt.
Ganz bewusst stellt Generalintendant Christoph Meyer dem Opus summum des 19. Jahrhunderts ein Schlüsselwerk des 20. Jahrhunderts gegenüber: Regiestar Stefan Herheim bringtAlban Bergs „Wozzeck“ in Düsseldorf auf die Bühne. Der Norweger, der inzwischen drei Mal zum Opernregisseur des Jahres gekürt wurde und in Düsseldorf bereits mit seiner Inszenierung von Händels „Xerxes“ begeisterte, setzt das um Verbrechen, Schuld und Strafe kreisende Drama mit erstklassigen Solisten wie Bo Skovhus (Wozzeck), Camilla Nylund (Marie), Matthias Klink (Hauptmann) sowie Corby Welch (Tambourmajor) und Sami Luttinen (Doktor) unter der musikalischen Leitung von Axel Kober in Szene.
Im Zentrum des italienischen Opernrepertoires der kommenden Spielzeit steht die Neuproduktion von Gaetano Donizettis „Maria Stuarda“durch den flämischen Regisseur Guy Joosten, der sich damit nach Verdis „Don Carlo“ erneut dem historischen Stoff eines Schiller-Dramas widmet. Musikalisch geleitet von Lukas Beikircher geben Olesya Golovneva (Maria Stuarda) und Sarah Ferede (Elisabetta I.) ihre Rollendebüts im Machtkampf der englischen Königin und ihrer schottischen Halbschwester. Puccinis „Madama Butterfly“ (Regie: Joan Anton Rechi)) kommt nach ihrer erfolgreichen Premiere in Duisburg auf die Düsseldorfer Bühne, während Donizettis „Don Pasquale“, die Opernstar Rolando Villazón gerade in Düsseldorf in Szene setzt, in der kommenden Spielzeit erstmals in Duisburg zu erleben ist.
Nach der Kult-Inszenierung von Mozarts „Zauberflöte“ präsentieren die Bilderzauberer der britischen Theatergruppe „1927“ihre zweite Opernproduktion: Mit „Petruschka“ von Igor Strawinsky und „L’Enfant et les Sortilèges“ von Maurice Ravel haben sie zwei Werke gewählt, die ihren Ursprung im Paris des frühen 20. Jahrhunderts haben und sich für das einzigartige Zusammenspiel von Animation und live agierenden Darstellern bestens eignen. Marc Piollet übernimmt die musikalische Leitung.
Mit der „Plattform Regie“ bietet die Deutsche Oper am Rhein ihren Spielleitern und Nachwuchsdirigenten ein Experimentierfeld zur Auseinandersetzung mit kaum bekannten Opernraritäten: Kinga Szilágyi und Volker Böhm präsentieren zwei Einakter aus verschiedenen Stilepochen, die auf antiken Stoffen basieren und von Irrwegen der Liebe handeln: „Pygmalion“, das erste Bühnenwerk des späteren Belcanto-Meisters Gaetano Donizetti, trifft auf Bohuslav Martinůs klangmächtigen Einakter „Ariadne“. Ville Enckelmann und Jesse Wongdirigieren die Duisburger Philharmoniker.
Aus dem Opernrepertoire von 30 Werken stechen in dieser Spielzeit zwei Stücke ganz besonders hervor: Stilbildend waren die Inszenierungen und Bühnenbilder von Jean-Pierre Ponnelle, der mit über 300 Produktionen Operngeschichte geschrieben hat. Eine von ihnen, Gioacchino Rossinis Komödie „La Cenerentola“, befindet sich seit 1974 im Repertoire der Deutschen Oper am Rhein. Zwölf Jahre nach der letzten Aufführung kehrt sie – liebevoll und detailgetreu aufbereitet – zum Saisonstart auf die Bühne des Düsseldorfer Opernhauses zurück. Benjamin Brittens Oper „Peter Grimes“,die 2009 die Intendanz von Christoph Meyer eröffnete, ist in der eindrucksvollen und vielbeachteten Inszenierung von Immo Karaman im Frühjahr 2018 erneut in Duisburg und Düsseldorf zu erleben.
Junge Oper am Rhein
Zwei Familienopern auf den großen Bühnen zeigen den hohen Stellenwert der Jungen Oper am Rhein:
Während Oliver Knussens fantastische Familienoper „Wo die wilden Kerle wohnen“ (empfohlen ab 6 Jahren) in Düsseldorf zu sehen ist, kommt Gerald Reschs Oper „Gullivers Reise“ (empfohlen ab 8 Jahren) nach ihrer Uraufführung in Dortmund im Theater Duisburg auf die Bühne. Die Premiere ist der Höhepunkt des „Maus-Türöffner-Tages“ am 3. Oktober: Malte Arkona gibt spannende Theater-Einblicke am bundesweiten Aktionstag der „Sendung mit der Maus“. Der beliebte KiKA-Moderator und Pate der Jungen Oper am Rhein spielt auch die Hauptrolle im neuen „Opernbaukasten“: In Folge 3 lädt er mit Solisten aus dem Ensemble und großem Orchester zu einem witzig-turbulenten Streifzug durch die Welt der Oper ein.
Projekte, in denen sich Kinder und Jugendliche künstlerisch-praktisch mit Oper und Ballett auseinandersetzen, sind ebenso wichtig wie die intensive Vermittlungsarbeit der Jungen Oper am Rhein: Mit Workshops in Schulen, praxisorientierten Werkstätten, Patenprojekten oder Vorstellungsbesuchen mit den „Operntestern“ richtet sich das vielfältige Angebot an Kinder und ihre Familien, Schüler, Lehrer und junge Erwachsene.
Ballett am Rhein
Mit acht Uraufführungen und zehn Neueinstudierungen macht das Ballett am Rhein Düsseldorf Duisburg neugierig auf die kommende Saison. Gleich zwei neue Kreationen präsentiert Martin Schläpfer mit seiner Choreographie „Roses of Shadow“ zur Auftragskomposition von Adriana Hölszky und seiner „Schwanensee“-Interpretation. Erstmals erarbeitet der aus der Freien Tanzszene bekannte Choreograph Ben J. Riepe mit dem Ballett am Rhein ein Stück: „Environment“ ist im Programm b.35 zu erleben – ebenso wie die Uraufführung „Abendlied“ von Remus Şucheană. Meisterwerke von George Balanchine, Jerome Robbins, Hans van Manen, Marco Goecke, Kurt Jooss und Ohad Naharin definieren überdies die Programme b.29 bis b.36.
Mit b.29 eröffnet ein Programm in Düsseldorf die Ballettsaison, das in der vergangenen Spielzeit im Theater Duisburg für große Begeisterung sorgte: „Mozartiana“, das letzte große Werk von George Balanchine zur gleichnamigen Suite von Peter I. Tschaikowsky, ist eine Hommage an die Schönheit des Tanzes. Dem gegenüber stellt Martin Schläpfer sein „Konzert für Orchester“ zur gleichnamigen Komposition von Witold Lutosławski. In rastloser Bewegung, getragen von äußerster Spannung und Kraft, spiegeln sich in seiner Choreographie Zerrbilder einer Welt, die aus den Fugen geraten scheint. Jerome Robbins’ „The Concert“ ist eine hinreißend komische Liebeserklärung an den Tanz. Als groteske wie liebevolle Persiflage auf die Riten beim Besuch eines Konzerts und schonungsloser Blick auf alles, was bei einer Ballettaufführung schief gehen kann, nimmt es Publikum wie Protagonisten gleichermaßen unter die Lupe. Mitakteur und einfühlsamer Pianist ist der israelische Künstler Matan Porat, die musikalische Leitung hat Wen-Pin Chien.
Die Duisburger Ballettsaison beginnt mit einem abendfüllenden Stück, das Martin Schläpfer als letzte Neukreation der laufenden Spielzeit im Opernhaus Düsseldorf vorstellt: „Petite Messe solennelle“ in b.32 zu Gioacchino Rossinis gleichnamiger Messe für vier Solisten, Chor, zwei Klaviere und Harmonium ist ein Alterswerk und eine Sakralmusik, die unverkennbar vom Einfallsreichtum und Stil des Opernkomponisten Rossini geprägt ist. Das Spannungsfeld zwischen den großen Fragen des Menschseins und den Irrsinnigkeiten der Opera buffa bereitet Schläpfers Tanzkunst einen reichen Boden für eine Uraufführung, mit der er auch seine Zusammenarbeit mit Solisten und dem Chor der Deutschen Oper am Rhein fortsetzt. Die musikalische Leitung hat Gerhard Michalski.
Als Fortsetzung der fruchtbaren Zusammenarbeit mit Adriana Hölszky hat die Auftragskomposition und Uraufführung „Roses of Shadow“ im Programm b.33 für Martin Schläpfer ein besonderes Gewicht. Anders als bei „DEEP FIELD“ erarbeiten beide dieses Mal bewusst kein abendfüllendes Stück, sondern ein kammermusikalisch besetztes Format, das eine andere Seite der Komponistin zum Leuchten bringt und für Martin Schläpfer neue Kreationsräume öffnet. Der Duisburger Künstler Marcus Spyros Bertermann gestaltet Bühne und Kostüme, die musikalische Leitung hat erneut Wen-Pin Chien. Gerahmt wird die Uraufführung von zwei Klassikern der Moderne: „Stravinsky Violin Concerto“ von George Balanchine und „Polish Pieces“ von Hans van Manen.
b.34 spannt mit Martin Schläpfers „Appenzellertänze“, Marco Goeckes „Le Spectre de la Rose“ und „Der Grüne Tisch“ von Kurt Jooss einen thematisch und stilistisch weiten Bogen. Die im Jahr 2000 für das ballettmainz kreierten „Appenzellertänze“ zeichnen ein rührendes, aber auch bitterböses Bild über die Menschen und deren Bräuche in der hügeligen Gegend der Ostschweiz, in der Martin Schläpfer aufwuchs. Nach der legendären Vorlage von Mikhail Fokin gestaltete Marco Goecke 2009 seine eigene Version von „Le Spectre de la Rose“ und schuf in der für ihn typischen vibrierenden Tanzsprache eine beeindruckende Neuinterpretation. Zu den bedeutendsten und bühnenwirksamsten Meisterwerken des dramatischen Tanztheaters zählt „Der Grüne Tisch“ von Kurt Jooss – einstudiert vom Ballett am Rhein wurde es in der Spielzeit 2015/16 bereits im Düsseldorfer Opernhaus gefeiert und ist nun im Theater Duisburg zu erleben.
Als Programm mit zwei Uraufführungen und zudem als erste Zusammenarbeit mit einem Künstler, der bisher ausnahmslos in der Freien Tanzszene tätig war, zeigt sich b.35 radikal gegenwärtig. Eröffnet wird es mit „Decadance“, einem Work in Progress, in dem der israelische Choreograph Ohad Naharin – „Mr. Gaga“ – seit vielen Jahren mit Ballettcompagnien auf der ganzen Welt eigene Akzente in seiner berühmten Tanzsprache erarbeitet. „Environment“ nennt Ben J. Riepe seine Uraufführung und betritt mit ihr erstmals den Boden einer klassischen Ballettcompagnie. Der für seine eigensinnige künstlerische Sprache zwischen Tanz, Performance und Bildender Kunst bekannte frühere Folkwang-Student widmet sich in seinem Werk den Grenzen und Möglichkeiten des Körpers und der polarisierenden Haltung zwischen „Körper-Haben“ und „Körper-Sein“. Mit „Abendlied“ stellt Remus Şucheană eine neue Kreation zu einem Trio von Franz Schubert vor. Nach seinem „Concerto grosso Nr. 1“ wählt er die intime Besetzung des Klaviertrios als musikalische Basis für ein Werk über Liebe und Vertrauen in einer durch Gewalt und Zerstörung geprägten Zeit.
Das berühmteste Ballett aller Zeiten kommt im Programm b.36 im Opernhaus Düsseldorf zur Aufführung: „Schwanensee“ zur Musik von Peter I. Tschaikowsky unter der musikalischen Leitung von Axel Kober. Die Geschichte um den Prinzen Siegfried, der sich in die in einem bösen Zauber gefangene Schwanenkönigin Odette verliebt, hat seit ihrer Uraufführung 1877 am Moskauer Bolschoi-Theater zahlreiche Deutungen erfahren, als deren Inbegriff bis heute Marius Petipas und Lew Iwanows legendäre St. Petersburger Choreographie aus dem Jahre 1895 gilt. Mit großer Spannung wird nun Martin Schläpfers eigene Interpretation mit dem Ballett am Rhein erwartet.
In der dritten Ausgabe der Plattform Choreographie „Young Moves“ bekommen Nachwuchskünstler des Balletts am Rhein erneut Gelegenheit, eigene Stücke auf die Bühne zu bringen: Feline van Dijken, Sonia Dvořák, Virginia Segarra Vidal und Eric White präsentieren im Theater Duisburg in einer gemeinsamen Premiere zum Saisonabschluss ihre choreographische Kreativität.
Das Programm mit allen Premieren, Wiederaufnahmen und Sonderveranstaltungen für die Spielzeit 2017/18 ist im neuen Spielzeitheft erschienen, das kostenlos in den beiden Theatern, im Opernshop Düsseldorf (Tel. 0211. 89 25 211) und an der Theaterkasse Duisburg (Tel. 0203.283 63 100) erhältlich ist.
Alle Informationen sind unter www.operamrhein.de auch online abrufbar. Ticketbuchungen sind ab sofort für die gesamte Spielzeit möglich.
*Titelfoto: Opernhaus Düsseldorf / Foto @ Hans Jörg Michel