A Star is born! Julio García Vico gewinnt den Deutschen Dirigentenpreis

Julio García Vico am Pult des WDR Sinfonieorchesters im Finalkonzert des Deutschen Dirigentenpreises 2019/Foto @ WDR Thomas Kost

Der junge Dirigent Julio García Vico gewinnt in der Kölner Philharmonie den ersten Preis des Deutschen Dirigentenwettbewerbs, den Publikumspreis und den Preis der Bonner Opernfreunde. Das Konzert wurde vom WDR 3 live übertragen. Dass ausgerechnet ein Düsseldorfer den 1. Preis gewinnen würde, damit hatte niemand gerechnet. Julio García Vico ist Dirigent beim Collegium Musicum RWTH Aachen, Pianist bei den Düsseldorfer Symphonikern und Korrepetitor bei der Robert-Schumann-Musikhochschule Düsseldorf und wohnt in Düsseldorf. 

 

Zur Endrunde des Deutschen Dirigentenpreises am 18.10.2019 in der Kölner Philharmonie waren für den sinfonischen Teil das WDR-Sinfonieorchester angetreten und für den zweiten Teil das Gürzenich-Orchester Köln und Mitglieder des Ensembles und des Opernstudios der Kölner Oper.

Die drei jungen Dirigenten agierten alle auf sehr hohem Niveau.

Chloé van Soeterstède am Pult des WDR SInfonieorchesters im Finalkonzert des Deutschen Dirigentenpreises 2019/Foto @ WDR-Thomas Kost

Den dritten Preis in Höhe von 5.000 € und den Preis des Bärenreiter-Verlags für neue Musik erhielt Chloé van Soeterstède, die bereits bei Francois Xavier Roth und dem Kölner Gürzenich-Orchester eine Assistenz hat. Ihre Interpretation der „Hebriden-Ouvertüre“ hat das Publikum im ersten Teil des Konzerts voll überzeugt. Eine kluge Entscheidung, denn sie konnte über die gesamte Distanz die Spannung halten.

Den zweiten Preis, dotiert mit 10.000 €, erspielte sich Gábor Hontváry mit „Tragischen Ouvertüre“ in d-moll von Johannes Brahms. Das WDR-Sinfonieorchester, in großer Besetzung aufgefahren, nahm jedes Zeichen des Maestro, der mit wehenden Frackschößen auftrat, präzise auf. Er ist bereits Erster Kapellmeister und stellvertretender GMD im Mainfranken-Theater Würzburg.

Das Konzert begann mit der sinfonischen Dichtung „Don Juan“ von Richard Strauss, vom WSO mit großer Dynamik gespielt. Am Ende der ersten Runde war man sich einig: Entweder Julio oder Chloé. Nach der Pause übernahm das Gürzenich-Orchester, das hauptsächlich in der Kölner Oper spielt, aber auch unter seinem Chefdirigenten Francois Xavier Roth viel beachtete Sinfoniekonzerte gibt.

Gábor Hontvári am Pult des WDR SInfonieorchesters im Finalkonzert des Deutschen Dirigentenpreises 2019/Foto @ WDR-Thomas Kost

Gábor Hontváry hatte sich für das Quartett „Bella figlia dell´amore“ aus Verdis Rigoletto entschieden. Der Kölner Tenor Insik Choi als Herzog von Mantua konnte seine großartige Stimme erstrahlen lassen. Eine überzeugende Interpretation!

Chloé van Soeterstède hatte sich für das Quartett „Ach, Belmonte, ach mein Leben“ aus der „Entführung aus dem Serail“ entschieden. Die Publikumslieblinge John Heuzenroeder als Belmonte, Anton Kuzenok als Pedrillo und Kathrin Zukowski als Konstanze gaben eine gute Vorstellung. Leider waren die Namen der Sängerinnen und Sänger im Programm nicht aufgeführt.

Der absolute Höhepunkt des Abends aber war das Sextett „Alla bella Despinetta“ aus „Cosi fan tutte“ mit Wolfgang Stefan Schwaiger, John Heuzenroeder, Kathrin Zukowski, Judith Thielsen und Florian Köfler. Perfekt austarierte Gesangslinien, präzise herausgearbeitete Orchesterstimmen, es stellte sich Opernglück ein. Sichtlich stolz auf ihre Philharmonie, auf die beiden Orchester und auf das Opernstudio bestätigte die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker der Moderatorin Wibke Gerking, dass sie den nächsten Dirigentenwettbewerb in zwei Jahren auch wieder unterstützen will, Köln sei ja schließlich eine Musikstadt.

Der Vorsitzende der Jury, Lothar Zagrosek, gab die Ergebnisse bekannt:

Den Bärenreiter-Preis für die beste Interpretation eines Werks des 20./21. Jahrhunderts und der 3. Preis von 5.000 € wurde Chloé van Soeterstède verliehen, da sie sich besonders im Bereich Neue Musik profiliert habe, der 2. Preis in Höhe von 10.000 € ging an Gábor Hontváry, und dann war es klar: den ersten Preis bekam der 1992 in Cadiz geborene Julio García Vico. Der junge Dirigent hatte überhaupt nicht damit gerechnet, in die Endrunde zu kommen. Er musste eine Probe für seine Kammeroper in Düsseldorf kurzfristig absagen und trug einen offensichtlich geliehenen viel zu weiten Frack und ein weißes Hemd mit viel zu langen Manschetten.

Als Begründung für die Preisvergabe nannte der Vorsitzende die profunde Partiturkenntnis und die expressive Gestik sowie das enorme Potential des jungen Spaniers.

Auch der Publikumspreis in Höhe von 2.500€ – die Stimmkarten wurden am Eingang verteilt und konnten in der zweiten Pause in bereitgestellte Boxen geworfen werden – ging an Julio, und die Opernfreunde, deren Vorstand im Publikum vertreten war, hatten sich unabhängig davon entschieden, ihren Preis, der aus einem Honorarzuschuss von 1.000 € für eine Assistenz bei einer Opernproduktion der Bonner Oper mit dem Beethovenorchester besteht, an Julio zu vergeben.

Sichtlich gerührt bedankte er sich bei der Jury und auch bei seinen Eltern, denn das Konzert wurde live im WDR3 übertragen.

Der Deutsche Dirigentenwettbewerb wurde 2019 zum zweiten Mal vom Deutschen Musikrat ausgeschrieben und ermöglichte 91 internationalen Bewerbern, sich zunächst für die Endausscheidungen, an denen 12 Bewerber teilnehmen durften, und schließlich für die Endrunde mit drei Kandidaten zu qualifizieren. Das Besondere an diesem Wettbewerb ist, dass er als einziger der Tatsache Rechnung trägt, dass die meisten Orchestereinsätze in der Oper stattfinden und daher in der Endrunde die Oper gleichwertig mit dem Sinfonischen Konzert bewertet wird.

Julio García Vico am Pult des WDR SInfonieorchesters im Finalkonzert des Deutschen Dirigentenpreises 2019/Foto @ WDR-Thomas Kost

Als Zugabe dirigierte Julio G. Vico die „Freischütz“-Ouvertüre und bewies damit, dass er auch die romantische Oper beherrscht. Vico ist Dirigent der „Komischen Oper am Rhein“, die mit Kammerbesetzung im „Kantine-Theater“ in Düsseldorf Opern aufführt.

Es war ein rundum gelungener Abend mit sehr positivem Ausgang, denn diese Ouvertüre wurde an diesem Ort vermutlich zum ersten Mal gespielt, und dann so perfekt!

Die Preisträger des ersten Deutschen Dirigentenwettbewerbs 2017 haben sich übrigens schon etabliert. Anna Rakitina (3. Preis) hat eine Assistenz bei Andris Nelsons, Dominik Beikirch (2. Preis) und Hossein Pishkar (1. Preis) werden bereits von Agenturen vertreten und können auf Dirigate mit renommierten Orchestern verweisen.

Hossein Pishkar hat am 20.10.2019 das Beethoven-Orchester Bonn mit Felix Mendelssohn-Bartholdys „Ouvertüre zum Märchen von der schönen Melusine“, Mozarts Flötenkonzert und Schuberts 6. Sinfonie dirigiert. Nicht nur das Publikum war begeistert, sondern auch die Orchestermitglieder, die ihm aufs Herzlichste gratulierten.

 

  • Artikel von Ursula Hartlapp-Lindemeyer und Dr. Benedikt Holtbernd
  • Titelfoto: Julio García Vico am Pult des WDR Sinfonieorchesters im Finalkonzert des Deutschen Dirigentenpreises 2019/Foto @ WDR-Thomas Kost
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