Staatsoper Hamburg: Gioachino Rossinis „Il Barbiere di Siviglia“ – immer wieder gern!

Staatsoper Hamburg/Il barbiere di Siviglia/ Foto @ Hans Jörg Michel

Heute hob sich an der Staatsoper Hamburg der Vorhang zu der Oper „Il barbiere di Siviglia“ von Gioachino Rossini zum dritten und bis März 2019, letzten Mal in dieser Spielzeit. Das Stück gehört zu denen, die nie lange von einem Spielplan wegzudenken sind, aufgrund der mitreißenden Musik und der leicht ironischen, spöttisch heiteren Handlung. Das Libretto von Cesare Sterbini basiert, wie auch Mozart/Da Pontes „Le nozze di Figaro“ auf einem Stück von Beaumachais: Le Barbiere de Seville und erzählt die Vorgeschichte, erzählt von der Werbung des Grafen Almaviva um Rosina, die künftige Gräfin Almaviva. Mithilfe des gewieften Figaros, unterschiedlichsten Verkleidungen und Spielchen, gelingt es ihm, sie für sich zu gewinnen, sodass ihr Vormund Bartolo, der selbst ein Auge auf sie oder besser ihre Mitgift geworfen hat, leer ausgeht. (Rezension der besuchten Vorstellung v. 11.12.2018

 

Musikalisch zitiert Rossini sich schon mit der Ouvertüre selbst, denn sie fand zuvor bereits in seinen Werken Aureliano in Palmira sowie bei Elisabetta Verwendung. Doch auch im weiteren Verlauf der Oper gibt es Melodienteile aus früheren seiner Opern. Doch wichtiger ist, dass Eingängigkeit von Handlung und Musik eine wahre Symbiose bilden. Ein Feuerwerk der guten Laune, komplettiert durch inzwischen 42 Jahre alte Inszenierung von Regisseur Gilbert Deflo und seinem Ausstatter Ezio Frigeriodie seit der Premiere nur wenige nicht nennenswerte Änderungen erfuhr. Deflo und Frigerio bescheren dem Publikum die helle, südländische Atmosphäre eines Patios mit umlaufender Galerie, der eine Art Straßentheater-Bühne darstellt, samt Bretterboden. Verstellbare Stoffbahnen, die hochgezogen oder herunter gelassen werden, sorgen für die Veränderung des Spielraumes, drei Sessel, einige Holzstühle und ein Schreibpult sind die einzigen Ausstattungsstücke, die oft im Takt der Musik umgestellt werden. Die Kostüme sind klassisch und vorwiegend in pastelligen Farben gehalten und auch die Personenführung ist gekonnt erfrischend und charakterisiert jede einzelne Person auf humorvolle, individuelle Art. Sogar die Herren, die ersten Akt Almavivas „„Ecco ridente in cielo“ begleiten und wie auch später die Soldaten vom Herrenchor der Hamburgischen Staatsoper dargestellt werden, zeigen minimale Ansätze von Persönlichkeit.

Auf der Bühne strotze es nur so von Sangesfreude und Darstellungskunst der bestens aufgelegten Solisten. 

Staatsoper Hamburg/Il barbiere di Siviglia/ Foto @ Hans Jörg Michel

Alin Anca als Basilio ist an diesem Abend der Einzige, der den stürmischen Applaus nicht allein seiner Komik und seiner Stimme zu verdanken hat, sondern zusätzlich von der, wohl nie endenden allgemeinen Begeisterung um seine Arie „La calunnia“ zu verdanken hat.
Jóhann Kristinsson (Fiorello ) und Na’ama Shulman (Berta), beide Mitglieder, des Opernstudios, hingegen, zeigten, dass es auch in kleineren Partien möglich ist, positiv aufzufallen. Dies gilt insbesondere für Na’ama Shulman, die aus ihrer klenenArie ein wahres Kabinettstückchen machte.

Renato Girolami ließ mit keiner Geste, keiner Mimik und vor allem mit keinem tiefen oder auch künstlich erzeugten fast sopran-hohen Ton, wie in Bartolos Arietta im zweiten Akt „Quando mi sei vicina“, daran zweifeln, dass er ein Buffo par exellence ist, perfekt für diesen Part.
Auch
Oleksiy Palchykov überzeugte als Almavia nicht allein durch sein komödiantisches Talent, wenn er als betrunkener Soldat über die Bühne torkelt oder als lispelnder Musiklehrer Bartolo den letzten Nerv raubt, sondern in erster Linie durch einen lyrischen tenor, der für Rossini-Partien wie geschaffen scheint, winzige Unsauberheiten in den unsäglich komplizierten Höhen der Auftrittsarie, waren spätestens beim Duett mit Figaro vergessen.

Sauber, klar und von ungewöhnlich ansprechender Stimmfarbe ist auch der Mezzo von Anke Vondung, die bereits in der Arie „Una voce poco fa“ eine große Palette ihres Könnens zeigte: Mit Leichtigkeit und Raffinesse passte sie stimmlichen wie nonverbalen Ausdruck Musik und Text an. War in einem Takt kokett und wirkte im nächsten bereits leise und schüchtern. Der Spaß, den sie an den Anforderungen dieser Rolle hatte, übertrug sich eins zu eins aufs Publikum.

Staatsoper Hamburg/Il barbiere di Siviglia/ Foto @ Hans Jörg Michel

Dass Alexey Bogdanchikov die Rolle des „Barbieres“ und auch diese Produktion liebt, steht außer Frage, scheint sie doch seine momentane Paraderolle zu sein. Das „von sich selbst überzeugt sein“ dieser Partie mag nicht unbedingt in Bogdanchikovs Persönlichkeit liegen, denn im Allgemeinen macht er in anderen Partien eher durch zurückhaltende Zuverlässigkeit von sich reden. Doch gestern war er in allen Belangen ganz und gar das Factotum, das er in Largo al factotum“ mit sich hörbar weiterentwickelte Bariton besingt.

Das Philharmonischen Staatsorchester Hamburg  wurde vom musikalischen Leiter des Abends, Christoph Gedschold, geleitet.

Wo Oper sonst bewegt, berührt oder entrückt, macht sie in Rossinis Il Barbiere di Seviglia einfach nur unbeschwerte Freude, die mit anhaltenden Applaus und nicht wenigen „Bravi!“ gebührend geäußert wurde.

 

  • Rezension von Birgit Kleinfeld / Red. DAS OPERNMAGAZIN
  • Staatsoper Hamburg Website
  • Titelfoto (und alle weiteren): Staatsoper Hamburg/Il barbiere di Siviglia/ Foto @ Hans Jörg Michel
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