CARMEN
Oper von Georges Bizet, Libretto von Henri Meilhac und Ludovic Halévy, nach der Novelle von Prosper Mérimée
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Carmens „Rolle“ in der Gesellschaft
Die andalusische, in einer Zigarrenfabrik arbeitende Zigeunerin Carmen, die zornig den Flamenco-Rhythmus in den Boden stampft und die Seguidilla tanzt, verkörpert eine vorrationale, magische Erotik. Als schöne Zigeunerin ist sie prädestiniert, für jemanden gehalten zu werden, der über besondere Kräfte verfügt, mehr als andere von der Liebe versteht und in der Leidenschaft zügellos ist. So sieht es zumindest die Gesellschaft, in der Carmen lebt. Und Carmen spielt diese Rolle, die ihr die Gesellschaft zugewiesen hat, besser: in die sie gezwungen wurde auf Grund ihrer Herkunft und ihres Milieus, in dem sie sich bewegen muss. Wie es scheint, gehorcht Carmen ihrer Rolle: sie präsentiert sich als das Lustobjekt, das die Männer in ihr zu sehen wünschen, singt und tanzt, um die Männerwelt zu unterhalten, dient Lillas Pastia, dem Kneipenwirt, als Lockvogel und Animierdame und setzt für die Schmuggler ihre Reize bei Zöllnern und Wachen ein. Es gibt jedoch auch Anzeichen dafür, dass sie sich gegen ihre Rolle wehrt. Sie versucht, aus dem Käfig, in den die Rolle sie einsperrt, auszubrechen. (Egon Voss)
Wege, Umwege, Irrwege oder: Wie viel Freiheit birgt ein Käfig?
Die tödlich ausgehende Liebesgeschichte zwischen der treulosen Carmen und dem braven, naiven, jedoch jähzornigen, ihren Reizen verfallenen Soldaten Don José, der um ihretwillen seine bürgerliche Karriere und ein beschauliches Glück mit seiner Heimatfreundin Micaëla aufgibt, ist eine Geschichte von Wegen, Umwegen und Irrwegen, die unausweichlich ins Dunkle führen. Der Kern der Tragödie ist, dass Carmen sich in José massiv getäuscht hat. Auch er ist nicht der Mann, der sie wahrhaft als Subjekt akzeptiert, als lebendiges Gegenüber mit eigenen Vorstellungen vom Leben. Carmen ist für ihn gewiss nicht das Lustobjekt, das sie für die anderen ist, aber dafür stellt er einen totalen und rigorosen Besitzanspruch an sie: Wiederkehr des allgemeinen Herrschaftsanspruchs der Männer in der Männergesellschaft. (Egon Voss)
José möchte Carmen genauso besitzen, wie die Blume, die sie ihm zuwarf. Carmen wendet sich von ihm ab und Escamillo zu. Doch ihr Zusammensein mit dem virilen, eigentlich nur in sich selbst verliebten, gefeierten Stierkämpfer lässt in Carmen schlussendlich die Gewissheit reifen, dass ihre Vorstellung einer freien, selbstbestimmten Lebens- und Liebesweise in dem sie umgebenden Gesellschaftskäfig nicht möglich ist. Der Stierkampf, eine raffinierte Verbindung von Archaik mit moderner Zivilisation, ist das Anschauungsmodell einer Männergesellschaft, in der nur Furchtlosigkeit, Stärke, Disziplin und vor allem die Kraft zum Töten als Tugenden gelten, Männlichkeit allemal dadurch definiert ist, dass sie keine Schwäche kennt. (Egon Voss)
Carmen sieht für sich und ihr Leben keinen wirklichen Ausweg aus dieser Männergesellschaft. Die notwendige Alternative, die von ihr so sehnlichst gewünschte Freiheit, ist nur mehr noch im Tod zu finden: Carmen gerät weder zufällig noch gegen ihren Willen in die anscheinend ausweglose Lage, in der nur der eigene Tod oder der Verrat am eigenen Selbst als Alternativen übrigbleiben. Vielmehr ist sie es selbst, die die Begegnung mit José im vierten Akt sucht. Sie ist es, die – als sei sie von einer fixen Idee ergriffen – in der Schlussszene immer aufs Neue vom Tod spricht. Sie ist es, die José auffordert, sie zu töten, die ihn geradezu in die Enge treibt, so dass ihm gar nichts anderes übrig bleibt, als sie zu töten. Sie provoziert ihren Tod … (Egon Voss)
Die Vergeblichkeit der jeweils investierten Gefühle macht das tragische Grundmuster der Geschichte aus: Micaëla bleibt als jungfräuliche Witwe zurück, Escamillo berauscht sich an neuen Leidenschaften, und José tötet Carmen aus seiner prinzipiellen Unfähigkeit heraus, mit ihrer Lebens- und Liebesansicht zurechtzukommen. Umgeben, nahezu ständig belauert, sind die Protagonisten von einer Ansammlung aufrechter Bürger/Innen, die jede Abweichung von der Norm als störend empfinden. Und Carmen war störend.
CARMEN – vermutlich die meistgespielte Oper der Welt
Bizets am 3. März 1875 in der Pariser Opéra-Comique uraufgeführte CARMEN hat den ungeteilten Beifall aller Seiten und gehört mittlerweile zum Inventar der abendländischen Musik. Nach wie vor zeitlos aktuell, besticht ihre Musik durch sinnlichen Reiz sowie realistische Kontur und Schärfe.
Georg Köhl erregte mit Interpretationen von Stoffen wie z. B. DON GIOVANNI, DER ROSENKAVALIER, TOD IN VENEDIG, ARABELLA, KATJA KABANOWA oder LOHENGRIN bei Publikum und Presse eine nachhaltige Aufmerksamkeit. In über 50 Inszenierungen belegte er seine Vielseitigkeit. Stationen seines Wirkens sind Münster, Wiesbaden, München, Köln, Kiel, Maastricht, Amsterdam, London, Krefeld und Wuppertal. Seine 2013 am Theater Münster gezeigte Inszenierung der SALOME wurde von der DEUTSCHEN BÜHNE in der Kategorie Beste Regie nominiert.
Musikalische Leitung:Fabrizio Ventura
Inszenierung:Georg Köhl
Bühne:Martin Warth
Kostüme:Ursina Zürcher
Chor: Inna Batyuk
Dramaturgie:Margrit Poremba
Mitwirkende:
Adrian Xhema (Don José, Sergeant), Gregor Dalal (Escamillo, Stierkämpfer), Youn-Seong Shim (Dancaïro, Schmuggler), Philippe Clark Hall (Remendado, Schmuggler), Juan Fernando Gutiérrez (Moralès, Sergeant), Plamen Hidjov (Zuniga, Leutnant), Tara Venditti (Carmen, Zigeunerin), Sara Daldoss Rossi/ Henrike Jacob (Micaëla, Bauernmädchen), Eva Bauchmüller (Frasquita, Zigeunerin), Lisa Wedekind (Mercédès, Zigeunerin)
Opernchor und Extrachor des Theaters Münster
Sinfonieorchester Münster
Theaterkinderchor Gymnasium Paulinum
(Leitung: Margarete Sandhäger, Jörg von Wensierski)
Statisterie
Einführungsmatinée:
Sonntag, 24. August, 11.30 Uhr, Oberes Foyer
Weitere Vorstellungen im September:
Freitag, 12. September, 19.30 Uhr, Großes Haus
Mittwoch, 17. September, 19.30 Uhr, Großes Haus
Sonntag, 21. September, 19.00 Uhr, Großes Haus
Donnerstag, 25. September, 19.30 Uhr, Großes Haus
*Homepage des Theater Münster und Vorverkauf