Mozarteum: Mitreißende Mozart-Arien mit einer Beethoven-Symphonie

 

Mozarteum/Konzert v. 25.11.2024/Foto: Vivien Reichelt

Ein höchst vergnügliches Konzert am 21. November 2024 im Großen Saal des Salzburger Mozarteums hat eine Auswahl von Arien geboten, die Wolfgang Amadeus Mozart für Bariton komponiert hat, umrahmt von Ludwig van Beethovens Symphonie Nr. 6 in F-Dur op. 68, genannt „Pastorale“. Bekannte Arien aus »Le nozze di Figaro« und »Don Giovanni« sowie weniger häufig gesungene Konzertarien gaben dem Bariton Andrè Schuen die Möglichkeit, souverän zwischen den Rollen zu wechseln. Die intime Akustik des Großen Saals ließ jede Einzelheit von Schuens Stimme und des Mozarteumorchesters deutlich und unmittelbar hörbar werden. Der tosende Beifall des Publikums im vollbesetzten Saal zeugte davon, dass die Aufführung allen viel Freude bereitet hat.

Eröffnet wurde das Konzert mit dem ersten Satz aus Beethovens 1807/1808 komponierter 6. Symphonie, die am 22. Dezember 1808 im Theater an der Wien uraufgeführt wurde. Dieser Satz mit dem programmatischen Titel „Erwachen heiterer Empfindungen bei der Ankunft auf dem Lande“ war eine interessante Wahl, um die Atmosphäre für die darauf folgende Arie „Non più andrai, farfallone amoroso“ aus dem Ende des ersten Aktes von Mozarts »Le nozze di Figaro«, KV 492, zu schaffen, die über 20 Jahre zuvor komponiert wurde. Trotz der Unterschiede zwischen dem in Beethovens Symphonie evozierten Landvolk und den Bauern im Schloss des Grafen Almaviva in Aguas Frescas bei Sevilla kann man sich die Landbevölkerung des frühen neunzehnten Jahrhunderts als Nachkommen der einstigen Feudalherren vorstellen. Schuen betonte den spöttischen, neckischen Inhalt des Textes über den Militärdienst mit einer warmen Baritonstimme, was darauf hindeutet, dass Figaro eigentlich nicht bösartig gegenüber Cherubino ist.

Andrè Schuen wechselte dann von der Rolle des Figaro zum Leporello und brachte ähnliche Qualitäten in eine ganz andere Art von komischer Figur ein, die sich in der Arie „Madamina, il catalogo è questo“ aus dem ersten Akt von »Don Giovanni«, KV 527, über Donna Elviras Kummer mokiert. In der Rezitativ und Arie „Tutto è disposto / Aprite un po’ quegli occhi“ aus dem vierten Akt von »Le nozze di Figaro« konnte Schuen Figaros Wut, Frustration und Verzweiflung darstellen, als er fälschlicherweise glaubt, dass Susanna eine Affäre mit Graf Almaviva hat.

Nach dem zweiten Satz von Beethovens 6. Symphonie („Szene am Bach“) sang Schuen Mozarts Konzertarie für Bass „Mentre ti lascio, o figlia“ KV 513 aus dem Jahr 1787. Der Text stammt aus der Oper »La disfatta di Dario«, die 1776 von Giovanni Paisiello nach einem Libretto von Carlo Diodati Morbilli vertont wurde. Diese Arie bot Schuen die Möglichkeit, echtes Pathos auszudrücken und zu demonstrieren, dass seine Stimme die für einen Bass erforderliche tiefe Lage umfasst. Die Art des emotionalen Ausdrucks hat sich geändert für das Rezitativ und die Arie „Hai già vinta la causa! / Vedrò, mentr’io sospiro“ aus dem dritten Akt von »Le nozze di Figaro«, in denen der Graf seinen Unmut äußert, als er hört, wie Susanna Figaro indiskret mitteilt, dass sie ihren Prozess ohne Anwalt gewonnen haben. Schuen drückte den Wutanfall des Grafen mit einer Zurückhaltung aus, die zu einer konzertanten Aufführung passt, bei der diese Szene aus ihrem dramatischen Kontext herausgelöst wird.

Nach der Pause interpretierte Andrè Schuen die Arie „Rivolgete a lui lo sguardo“, KV 584, aus dem Jahr 1789, die ursprünglich für den ersten Akt von »Così fan tutte« vorgesehen war, die Mozart aber durch „Non siate ritrosi“ ersetzt hat. In dieser Arie erklärt Guglielmo, dass seine Verlobte Fiordiligi ihn aufgrund seiner vielen bewundernswerten Eigenschaften, wie Tanzen, Singen und beeindruckende körperliche Merkmale, und seiner Treue zu ihr wohl kaum betrügen wird. Schuen verlieh Guglielmos Selbstüberschätzung, die schließlich zu seiner bitteren Enttäuschung im zweiten Akt führt, als Fiordiligi Ferrandos Avancen nachgibt, eine Art ironischen Humor.

Mozarteum/Konzert v. 25.11.2024/Foto: Vivien Reichelt

Das nächste Werk auf dem Programm war ein Lied, „Komm, liebe Zither, komm“ in C-Dur, KV 351 (367b), das Mozart für Singstimme mit Mandoline-Begleitung vorgesehen hatte. In Begleitung des Mandolinenspielers Avi Avital wandte sich Schuen mit einem einfühlsamen Appell an das Instrument, um zärtliche Gefühle für eine Geliebte zu bekunden. Avital blieb auf der Bühne, um Schuens warme, romantische Interpretation von Don Giovannis zweiter Akt Canzonetta, „Deh, vieni alla finestra“, zu begleiten. Das Programm mit Arien endete mit einer rasanten Aufführung der Arie, „Finch’han dal vino calda la testa“, aus dem ersten Akt von »Don Giovanni«.

Die letzten drei Sätze von Beethovens 6. Symphonie („Lustiges Zusammensein der Landleute“, „Gewitter, Sturm“ und „Hirtengesang. Frohe und dankbare Gefühle nach dem Sturm“), die nach der Vorstellung des Komponisten ohne Unterbrechung aufgeführt werden sollten, rundeten das Konzert ab. Der Einsatz der Symphonie als Rahmen für die Arien war eine kreative Anwendung der Aufführungspraxis zu Mozarts und Beethovens Zeiten. Die Konzertprogramme des 18. und frühen 19. Jahrhunderts waren vielfältig und enthielten mehrere Gattungen, darunter Symphonien, Konzerte, Arien und so weiter, die miteinander vermischt wurden.

Der Chefdirigent des Orchesters, Roberto González-Monjas, wählte in der Symphonie gemäßigte Tempi und sorgte dafür, dass die Blasinstrumente in den Vordergrund traten: Flöten und Oboe traten im zweiten Satz in den Vordergrund, die Piccoloflöte, Trompeten und Posaunen im vierten Satz, und die Hörner hoben sich in der Textur des Finales ab. Mit mittelgroßen Orchesterbesetzungen, die auf modernen Instrumenten spielen, konnte González-Monjas seine Kenntnis der historischen Aufführungspraxis zeigen und gleichzeitig sein eigenes Urteilsvermögen in Bezug auf Tempi und Artikulation einsetzen. Das Ergebnis war eine überzeugende Aufführung, die die programmatischen Untertitel für jeden Satz respektierte und interpretatorische Extreme vermied: Man hatte nie das Gefühl, dass jemand durch die Landschaft rast, wie es manche Aufführungen mit zügigen Tempi ungewollt vermitteln; das Gewitter war angemessen beängstigend, ohne wie ein Hurrikan zu klingen.

  • Rezension von Dr. Daniel Floyd / Red. DAS OPERNMAGAZIN
  • Mozarteum Salzburg
  • Titelfoto: Mozarteum/Konzert v. 25.11.2024/Foto: Vivien Reichelt 

 

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