Das Opern – und Kulturmagazin im Internet von Detlef Obens
„Ich liebe es zu singen“ – Der Bass Christian Sist im Gespräch
Christian Sist – Foto: Gerardo Garciacano
Seit der Saison 2011/2012 ist der Bass Christian Sist eine feste Größe innerhalb des Ensembles der Dortmunder Oper. Seine Auftritte sind immer geprägt von großer stimmlicher wie auch optischer Präsenz. Ob als König Filippo in Verdis Don Carlo, oder auch als Landgraf Hermann in Wagners Tannhäuser, stets sind sich Publikum und Kritiker über seine herausragende künstlerische Qualität einig. Zurecht wurde der gebürtige Klagenfurter auch in der eher heiteren Rolle des Alidoro (Rossinis La Cenerentola) in Dortmund gefeiert. Von „Luxusbesetzung“ schreibt die Kritik, wenn Sist in scheinbar „kleineren“ Partien seines Stimmfachs, wie etwa dem Zuniga in CARMEN, der Rolle Gesang und Darstellung verleiht. Die Oper Dortmund hat diesen exzellenten Sänger auch für die kommende Saison verpflichten können. Unter anderem wird er dort den Ochs auf Lerchenau in Strauß‘ Rosenkavalier, in der Inszenierung von Jens-Daniel Herzog, singen und spielen.
„Zum Singen kam ich wie die Jungfrau zum Kind“, beschreibt Sist seine Anfänge als Sänger. Auf dem Gymnasium seiner Heimatstadt Klagenfurt fiel seinem damaligen Musiklehrer Wolfgang Wulz die aussergewöhnliche Stimme seines Schülers auf. Seinen Musiklehrer beschreibt Christian Sist im Rückblick als für ihn sehr inspirierend hinsichtlich seiner Liebe zum Gesang und der Musik. Nach Gesangsstunden in Klagenfurt, und später in Wien (bei Jessica Cash) folgte sein Musikstudium an der international bekannten Guildhall School of Music and Drama in London, welches er 2001 mit Auszeichnung absolvierte. Anschliessend war er für 2 Jahre Ensemblemitglied der Guildhall School und eignete sich ein großes Repertoire seines Stimmfachs an. Erste bemerkenswerte Engagements in seiner frühen Karriere führten ihn u.a. an das Royal Opera House Covent Garden in London, an die Oper in Rom, an die Sussex Opera und an das Theater in Klagenfurt. An der Volksoper in Wien debütierte Sist 2004 und blieb dort für ein Jahr Ensemblemitglied. Nach weiteren Stationen führte ihn sein Weg an die Dortmunder Oper, dessen festes Ensemblemitglied er seit Juni 2011 ist.
Neben seinem Musikstudium absolvierte der Künstler zudem noch ein Betriebswirtschaftsstudium in London, sowie weitere Ausbildungen im Bereich Coaching, Kinsesiologie und NLP, welche sicher auch als prägend für den umfassend -, auch politisch und wirtschaftlich,- denkenden Musik-und Theaterkünstler Sist bezeichnet werden dürfen. Wie es auch sein vielbeachteter Artikel „ Rettung der Musentempel“ belegt, den er vor genau einem Jahr veröffentlichte.
Christian Sist / Foto: Gerardo Garciacano
Dem Opernsänger Christian Sist als Gesprächspartner gegenüber zu sitzen, bedeutet gleichzeitig dem großartigen Sänger und Musiker, dem Ökonomen und Coach, aber auch besonders dem glühenden Verfechter der, noch vielfach unerreichten, Rechte seines Berufsstandes zuhören zu können. Jeweils mit fundierten Kenntnissen und Erkenntnissen gibt der Künstler Einblicke in seine Ansichten, Forderungen und auch Ziele. Nicht zuletzt sein Engagement für den Verein „Art but fair“, zusammen mit der Wiener Mezzosopranistin Elisabeth Kulman und dem Hagener Johannes Schatz, und anderen, ist Beleg dafür. Viel zu wenig ist immer noch bekannt, dass der Beruf der Opernsängerin, resp. des Opernsängers, ein zeitlich sehr aufwendiger ist, der oft den ganzen Menschen fordert. Dabei ist er aber auch einer, der immer noch nicht mit tariflichen Regelungen allgemeinem Standards ausgestattet ist. Obgleich man doch erwarten dürfte, dass Sängerinnen und Sänger mit abgeschlossenem Musik-/Gesangsstudium diese allgemeinen, auch finanziellen, Tarifrechte zustehen müssten. Das Künstler-/Innen sich nun in diesem Verein solidarisch zusammen tun ist folgerichtig. Allein, die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen, gerade auch für Berufsanfänger, müssen von anderer, politischer, Seite her geschaffen werden. Selbstverständlich bedarf es auch der tätigen Solidarität von uns Opern- und Theaterfreunden wertvolles Kulturgut am Leben zu erhalten.
Christian Sist spricht in unserem Gespräch viel von seiner Liebe zur Musik und zum Gesang. In Dortmund warten in der Saison 2014/2015 große Partien seines Fachs auf ihn. Neben dem Komtur in Mozarts „Don Giovanni“ (Premiere 8.3.2015) wird er auch die Titelpartie in Händels Oratorium „Saul“ (Premiere 25.4.2015) singen – und – er gibt den Ochs auf Lerchenau aus dem Rosenkavalier. Eine der Paraderollen für einen Bass.
„Der Ochs ist eine sehr schwierige und herausfordernde Partie“, sagt Sist über diese Rolle. „Strauß verlangt unheimlich viel von den Sängern. In dieser Partie ist alles drin“. Klar, dass Sist eine Idealbesetzung des Barons auf Lerchenau darstellt. Gesanglich sowieso ohne Zweifel, wird er auch mit seiner körperlichen Statur und vor allem mit seinem sympathischen österreichisch-wienerischem Dialekt dieser komödiantischen Opernrolle viel Leben einhauchen. Sicher eine der Höhepunkte in der nächsten Dortmunder Theatersaison. Premiere des Rosenkavaliers ist am 25.1.2015. Zu unserem Gespräch führte Christian Sist eine Aktentasche mit: Inhalt unter anderem ein Klavierauszug des Rosenkavaliers.
Auf die obligatorische Frage nach dem Lampenfieber, speziell auch bei so fordernden Partien wie der eines Ochs auf Lerchenau angesprochen, winkte Sist gelassen ab. „Ich bin Sänger. Ich liebe es zu singen und auf der Bühne zu stehen und mit dem Publikum zu kommunizieren.“ Er beschreibt dies sehr überzeugend und selbstbewusst. Sicher auch begründet darin, dass er sich voll mit seinem Beruf identifiziert und ihn auch lebt. Weit über die eigentliche Bühne hinaus. Zielgerichtet und mit innerer Überzeugung.
Apropos Ziele: „Der Wotan ist eines meiner großen Ziele“, sagt er. Auf diese Partie bereitet sich Christian Sist zusammen mit seiner Gesangslehrerin Frau Prof. Heidrun Franz-Vetter (Berlin) derzeit bereits vor.
Nun muss man kein Prophet sein um zu behaupten, dass dieses Ziel aufgrund der künstlerischen Qualität eines Christian Sist ein sehr realistisches sein wird. Auch an den dafür denkbaren Bühnen. Seine Bassstimme ist außergewöhnlich wohlklingend, verfügt über ein großes Volumen und einem bass-baritonalen Umfang. Sie gehört zu den besten dieser Tage.
„Ich möchte weiterhin möglichst viel gute und schöne Musik an guten Häusern singen“, verrät der Bass, und überzeugte Ensemblekünstler, mir seine weiteren künstlerischen Wünsche.
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