Deutsche Oper Berlin: Highlights im September 2019

Deutsche Oper Berlin, copyright: Leo Seidel
Deutsche Oper Berlin, copyright: Leo Seidel

Der Start in die Saison 2019/20 erfolgt mit einem dreifachen Paukenschlag: am 4. September stehen in der konzertanten Premiere von Francesco Cileas ADRIANA LECOUVREUR Anna Netrebko in der Titelpartie und Yusif Eyvazov als Graf Maurizio auf der Bühne. 

 

Wenige Tage später, am 8. September, feiert Giuseppe Verdis LA FORZA DEL DESTINO in der Regie von Frank Castorf und unter dem Dirigat von Paolo Carignani Premiere im Haus an der Bismarckstraße. Damit gibt der langjährige Intendant der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz endlich sein Berliner Debüt als Opernregisseur.

Und am 14. September wird die Spielzeit in der Tischlerei mit der Uraufführung von Malte  Giesens WOLFSSCHLUCHT eröffnet, einem Musiktheaterabend nach Webers DER FREISCHÜTZ. Mit Paul-Georg Dittrich konnte ein Regisseur gewonnen werden, der u. a. mit bereits zwei Nominierungen für den Deutschen Theaterpreis FAUST auf sich aufmerksam machte.

Anna Netrebko in ADRIANA LECOUVREUR am 4. und 7. September

Francesco Cileas ADRIANA LECOUVREUR gilt als eine der großen Sängeropern des klassischen Repertoires. Die komplizierte Intrigenhandlung um Adrienne Lecouvreur, die berühmteste Schauspielerin des frühen 18. Jahrhunderts, geht auf ein Theaterstück Eugène Scribes zurück, der sich 1849 mit einer zu diesem Zeitpunkt bereits historischen Epoche beschäftigte: Die kunstsinnige, anrüchige Welt des ancien régime verband er mit Themen wie Eifersucht und Machtmissbrauch, denen die Schauspielerin Adrienne ihre Kunst vergeblich entgegenhält. Gut 50 Jahre später verarbeitete Cilea diesen Stoff zu seiner bis heute berühmtesten Oper, einem Solitär im Verismo-Genre. Kritiker rügten schon bei der Uraufführung 1902 das unwahrscheinliche Ende der Schauspielerin, die an einem vergifteten Veilchenstrauß stirbt, und auch die Musik ist geprägt von lyrischen, virtuosen Gesangspartien weit jenseits ‚realistischer‘ Bebilderung. Die extremen stimmlichen Herausforderungen insbesondere für die Partie der Adriana machen das Werk zu einem Bravourstück für Sopranistinnen.

In den konzertanten Aufführungen am 4. und 7. September ist Anna Netrebko in einer ihrer Paraderollen zu erleben. Ihr Ehemann Yusif Eyvazov verkörpert ihren Liebhaber, Graf Maurizio, und Olesya Petrova Prinzessin Bouillon. Das Dirigat liegt bei Michelangelo Mazza

 

Verdis LA FORZA DEL DESTINO, Premiere am 8. September

Für sein Berliner Operndebüt hat sich Frank Castorf mit Giuseppe Verdis LA FORZA DEL DESTINO eine der wüstesten Opern ausgesucht, die je geschrieben wurden. Denn die „Macht des Schicksals“, die der Titel beschwört, ist hier auf allen Ebenen am Werke: Einerseits ist LA FORZA eine Verfolgungsjagd über Jahre und Ländergrenzen hinweg, die zum einzigen Lebensinhalt von Leonora, Carlo und Alvaro wird. Zum anderen zeichnet das Stück aber auch das Bild einer Welt, die durch Krieg und Elend immer weiter aus den Fugen gerät. Mit panoramisch angelegten Volks- und Lagerszenen brachte Verdi den Krieg und seine Folgen auf eine neue, realistische Weise auf die Bühne. Damit reagierte er auch auf die Tatsache, dass die Kriege, die der Komposition von LA FORZA DEL DESTINO unmittelbar voraufgegangen waren – der Krimkrieg, der amerikanische Bürgerkrieg und der italienische Unabhängigkeitskrieg – die ersten Massenkriege modernen Stils waren, die in ihrer ganzen Brutalität durch die Medien Fotografie und Zeitung der Öffentlichkeit vor Augen geführt wurden. Ein idealer Stoff mithin für Frank Castorf, der auch in vielen seiner Schauspielarbeiten die Brücke zwischen großer Politik und Einzelschicksal geschlagen hat. An der Deutschen Oper Berlin wird er dabei von seinem Bühnenbildner Aleksandar Denić sowie dem ehemalige Frankfurter Generalmusikdirektor Paolo Carignani und einer internationalen Sängerbesetzung mit Russell ThomasMaría José Siri und Markus Brückan der Spitze unterstützt.

Malte Giesens WOLFSSCHLUCHT, Uraufführung am 14. September

Komponist Malte Giesen und Regisseur Paul-Georg Dittrich nehmen sich die für Webers FREISCHÜTZ zentrale Wolfsschlucht-Szene vor, in der sich für alle hörbar die Nachtseiten des Lebens ihre Bahn brechen. Max kann nicht mehr: Aufgerieben zwischen Erfolgsdruck und Erwartungshaltungen rettet er sich in die Wolfsschlucht. Dort, des Nachts im verbotenen Wald, passiert das Unerhörte: der Bund mit dem Teufel selbst. Sieben Freikugeln scheinen Max’ Ausweg zu sein und ziehen ihn doch nur tiefer ins Verderben. Sieben Stationen hat auch der Musiktheaterabend in der Tischlerei. Mit drei Sängern: Clemens Bieber (Max), Susanna Fairbairn (Agathe) und Florian Spiess (Kaspar), Kinderchor, zwei Hörnern, Klavier und Elektronik werden die Aggregatzustände von Wut, Trauer, Angst und Hoffnung erfahrbar gemacht. Die musikalische Leitung übernimmt Tilman Wildt.

CAVALLERIA RUSTICANA / DER BAJAZZO von Pietro Mascani / Ruggero Leoncavallo, Deutsche Oper Berlin, Premiere am 23. April 2005, copyright Bernd Uhlig

Viva Italia! 4. September bis 2. Oktober

In Italien wurden im Verlauf von fast vierhundert Jahren so viele Meisterwerke geschrieben wie nirgendwo sonst auf der Welt. Ganz besonders gilt das für die Epoche, die auf der einen Seite vom BARBIER VON SEVILLA und auf der anderen Seite von TURANDOT eingegrenzt wird: Im Verlauf dieser gut 100 Jahre zwischen 1815 und 1920 waren die Opernhäuser Italiens ein permanentes Experimentierfeld, auf dem Komponisten wie Rossini, Bellini, Verdi, Puccini und Mascagni immer wieder dafür sorgten, dass die Oper als Kunstform mit der rasanten Entwicklung der Welt Schritt hielt. Das Bedürfnis nach romantischer Melancholie, der Appetit auf blutrünstige Dramatik, der Wunsch nach spektakulären Effekten, aber auch die Sehnsucht nach authentischem Lokalkolorit – alle diese Impulse erfüllte die italienische Oper und mit ihnen erfand sie sich immer wieder neu. Diese enorme Wandlungsfähigkeit wird besonders deutlich, wenn man Kernwerke dieser Epoche nebeneinanderstellt:

– ADRIANA LECOUVREUR

von Francesco Cilea mit Anna Netrebko, Yusif Eyvazov, Olesya Petrova, Alessandro Corbelli u. a. am 4. (Premiere) und 7. September

– LA FORZA DEL DESTINO

von Giuseppe Verdi mit Russell Thomas, María José Siri, Markus Brück, Agunda Kulaeva, Marko Mimica u. a. am 8. (Premiere), 14., 18., 21., 24. und 28. September

– CAVALLERIA RUSTICANA / PAGLIACCI

von Pietro Mascagni / Ruggero Leoncavallo mit Eva-Maria Westbroek, Roberto Alagna, Aleksandra Kurzak, Carlos Álvarez u.a. am 13., 16., und 20. September

– UN BALLO IN MASCHERA

von Giuseppe Verdi mit Piotr Beczała, Thomas Lehman, Irina Churilova, Judit Kutasi, Meechot Marrero u. a. am 15., 19. und 23. September

– NABUCCO

von Giuseppe Verdi mit George Gagnidze, Robert Watson, John Relyea, Maria Guleghina, Annika Schlicht u. a. am 29. September und 2. Oktober

– LA TRAVIATA

von Giuseppe Verdi mit Albina Shagimuratova, Piotr Beczała, Noel Bouley u. a. am 27. September und 1. Oktober

 

  • Deutsche Oper Berlin
  • Titelfoto: EIN MASKENBALL von Giuseppe Verdi, Deutsche Oper Berlin, copyright: Marcus Lieberenz
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